Mittwoch, 10. Oktober 2007
Wer, wie was?
Auf dem Heimflug, den wir in Uniform zwischen den Passagieren sitzend antreten, neben mir ein achtjähriger Junge auf dem Weg von einem Elternteil zum anderen. Normalerweise stelle ich mich 'tot', um Gesprächen mit Umsitzenden zu entgehen und auch das Kindchenschema animiert nicht zwingend mein Fürsorgegen. Ganz entgegen meiner Gewohnheiten bekämpfe ich die bleierne Müdigkeit und lasse mich auf eine Unterhaltung ein. Das Handy müsse er jetzt ausschalten, meint der Kleine pflichtbewußt. Auf meine Frage, ob denn seine Klassenkameraden auch so ein Ding besitzen, nickt er kurz. Die hätten sogar welche mit Kamera und so Schnickschnack aber die Nummern, die wisse er nicht und deswegen könne er auch nicht mit ihnen telefonieren. Selbst seine eigene Nummer kenne er nicht, denn er soll damit ja nur zu Hause anrufen und sagen, dass er jetzt angekommen sei. So etwas habe ich mir bereits gedacht. Gleichzeitig fühle ich mich sehr alt, so alt, wie man sich bei dem 'zu meiner Zeit' Gedanken eben fühlt.

Als wir starten, sage ich, das sei mein liebster Moment beim Fliegen. Die Geschwindigkeit drückt den Körper noch ein wenig tiefer in die Sitze, fast wie beim Achterbahn fahren. Er sagt, das wäre ganz anders, weil eine Achterbahn erst ganz langsam anfahre und danach erst die Geschwindigkeit komme. Ich entschuldige mich für den schlechten Vergleich, doch er nickt wissend. Wenn man oben sei, so der Kleine, dann spüre man beim Fliegen ja überhaupt nichts mehr, das sei als ob man stehe. Nur die Kurven, die würde man manchmal ein wenig spüren.

Dann sieht er mir direkt in die Augen. Er hätte da mal eine Frage: wenn man so eine Kurve fliege, das wäre ja seltsam, dass da trotzdem alles gerade bleibe. Er hätte einmal seine Jacke aufgehängt und die hinge in einer Kurve völlig gerade zum Flugzeugboden. Dabei müsse die ja eigentlich schräg hängen. Plötzlich lauschen Umsitzende auffällig unauffällig unserem Gespräch. Alle warten auf die logische Erklärung einer Fachkraft. Mir wird ein wenig mulmig, weil mir keine intelligente Antwort einfallen will. Erst rede ich ein wenig herum, stammle etwas von Geschwindigkeit und dass beim Start ja alles schräg hängt. Schließlich gebe ich zu, es nicht wirklich zu wissen. Die Umsitzenden wenden sich wieder ihren Gesprächen oder der Zeitungslektüre zu. Der Junge zuckt kurz mit den Schultern: "Naja, dann frage ich eben meinen Papa, der ist auch Flugbegleiter." Hoffentlich hat der Papa die richtige Antwort parat. Und zu meiner Ehrenrettung bei nächster Gelegenheit warte ich mal auf eine physikalische Erklärung von Herrn NFF, denn der muss es ja wissen.


Wissenswertes vom Fachmann:
Warum sie oben bleiben

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Schlaumeiergelalle
Ich dachte der Jürgen hättes schon verraten. Hatt er aber nicht. Desswegen kann ich jetzt hier ein bisschen Klugscheissern. :-). Das man in Flugzeug in der Kurve nicht nach aussen gedrückt wird, liegt daran, das der Pilot das Flugzeug erst in die Kuve legt und dann die Nase nach oben zieht.
Wenn er das gut macht, dann spüren die Fluggäste keine Fliehkräfte. Dadurch, das die Flügel eine
V-Stellung haben "hängt" das Flugzeug in den Flügeln und richtet sich auch von selbst so aus.
In kompliziert: Die Neigung muss so gross sein, das die resultierene Kraft aus Erdbeschleunigung und Zentrifugalkraft orthogonal zum Boden wirkt. :-)

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Aha, so ist das
und wie erkläre ich das einem Achtjährigen?
Das wird dann in etwa so wie einst Emil im Flugzeugmuseum zu seinem Sohn:
"Ja, wenn da keine Luft wäre... dann könntescht du mit deine Handili viel schneller so machen." [mit der Hand durch die Luft wedelnd]
Erinnert sich noch wer an den Sketch?

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Noch nicht ganz zufrieden
Dass Jacken schräg nach unten hängen in einer Kurve liegt ja an der Schwerkraft, d. h. wenn keine Fliehkräfte wirken, wirkt die Schwerkraft ja trotzdem. Oder versteh ich die Erklärung nicht (ganz)?

Update: Ah, hab die Erklärung unten übersehen :) D. h. Fliehkraft und wirkende Schwerkraft heben sich auf, alles klar.

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Physik ist, wenn man trotzdem lacht...
Mein Physikdozent hat sich nach meinem Vordiplom gewundert, wie ich mich durch die Prüfungen geschummelt habe. Ich dachte ich hätte dieses Thema abgehakt und jetzt kommt Frau Klugscheisser......

Herr Grinsebacke hat das gleiche Vorgehen gewählt wie ich: er schaute auf Wikipedia. Darum geht mein Dank erst einmal an ihn, denn deine Antwort kann so falsch nicht sein.

Als wir genau diese Themen während meines Studiums besprachen und sämtliche Studenten sich sicher waren, dass ihr Wissen Nobelpreisniveau erreichte, fuhr unser Physikprof mit uns Omnibus und fragte, warum während des Bremsmanövers die Passagiere nach vorne gedrückt werden, aber der Heliumluftballon nach hinten will.

Frau Klugscheisser, obwohl ich nach dem Motto "blamiere dich täglich" lebe, hüte ich mich, diese Frage zu beantworten. Zuviel steht auf dem Spiel ;-)

Gruss aus den Freudenhäusern Japans

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Herr nff,
woher wissen Sie das ich ein HERR Grinsebacke bin? Ich kenne Frauen, die konnen das ohne Wiki und mit den komischsten Femdwörtern erklären. Inkusive 1.ter Thermodynamischer Hauptsatz und Quantenphysik.:-)

Frau Klugscheisser,
Kindern sagt man einfach: Das IST so! Und jetzt geh spielen. - Nein natürlich nicht.
Das man in der Kurve nach aussen gedrückt wird (Fliehkraft), hat der Kleine ja schon selbst herausgefunden. Nun braucht man ihm nur noch zu zeigen, das der Pilot das Flugzeug in die Kurve legt. (Das Flugzeug rollt - dreht sich um die Längsachse). Der Hoizont auf der Kurveninnenseite "geht nach Oben" und auf der Aussenseite nach Unten. Eigendlich würde man jetzt nach Unten rutschen, aber gleichzeitig wird man von der Fliekraft nach Aussen gedrückt, so das man im Endeffekt einfach ruhig sitzenbleibt.
Ich hoffe das ein Kind das so versteht.

Herr nff,
liegt die Wahl des Roll- und Steigungswinkels bei Verkehrsmaschienen eigendlich in der Hand des Piloten, oder wird er dabei vom System unterstützt? Also könnte ein Pilot, wenn er wollte, die Passagiere auch mal so richtig durchschütteln?

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... dann gebe ich mal geschlechterneutral Antwort:

Selbstverständlich können wir Helden der Luftfahrt Piloten mit unseren Steuerbewegungen den Komfort mitbestimmen. Das System setzt uns dort aber Grenzen, wo es gefährlich wird (zu grosser Neigungswinkel, zu hoher Anstellwinkel, ....)

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Na kommense, da geht doch noch was, wenn man das System abschaltet ;-)

Und warum will der Heliumballon denn nu nach hinten?

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Weil die Luft im Bus, genauso wie die Insassen, nach vorne will und da wird der Heliumballon mit seine geringeren Dichte nach hinten gedrückt.

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Damit diese Schutzmechanissmen beim Airbus nicht mehr aktiv sind, muss einiges mehr als der Autopilot ausgeschaltet werden.
Würde ich das während dem Flug machen, gäbe es mit Bestimmtheit Kaffee & Kuchen beim Chefpiloten....

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