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Montag, 25. Mai 2020
Memories
frau klugscheisser, 22:14h
Durch den Film gestern, musste ich ein bisschen darüber nachdenken, woher die positive Assoziation der Callas mit meiner Mutter kommt. Offensichtlich ist die Verbindung der Zeitdokumente mit alten Familienaufnahmen.
Auf dem Bild ist meine Mutter etwa 13 oder 14 Jahre alt. Daneben steht ihre Patin im adretten Kostüm der 50er. Diese Mode fand ich immer schon faszinierend - so elegant und auf Linie geschnitten aber selbstredend unbequem und deswegen nur zu Repräsentationszwecken geeignet.
Einige Jahre später begann meine Mutter beim Ministerium für Kultur und Sport in München zu arbeiten. Dadurch hatte sie Zugang zu günstigen Opern- und Theatereintrittskarten. Obwohl sie nie ein Instrument erlernte - abgesehen von einer kleinen Episode, in der ich ihr das Blockflötenspiel beizubringen entschlossen war, wir aber nach einer Weile das Unternehmen zu Gunsten des Familienfriedens wieder begruben - und auch sonst durch eher mittelständisch handwerklichen Hintergrund wenig künstlerisch-literarisch beeinflusst war, liebte sie die Oper. Man muss sich das bildhaft vorstellen. Damals war der Besuch einer Opernaufführung ein aussergewöhnliches Ereignis, das mit Glanz und vor allem Wohlhabenheit verbunden war. Die Bayrische Staatsoper mit den Kronleuchtern im Eingangsbereich, die Königsloge, die Abendroben und Fracke, das alles war so prunkvoll und nobel wie heute die Oscars. Die durchschnittliche Bevölkerung staunt nur aus der Ferne.
Meine Mutter besaß ein kleines Opernglas, das am Rand mit Perlmut besetzt war. Wann immer ich durfte, nahm ich es aus dem schwarzen Etui und hielt es mir vor die Augen. Gesehen habe ich damit nicht unbedingt besser, mit der nötigen Eleganz gehalten wirkte es aber sehr professionell. Und dann war da noch dieser Karton mit den Libretti. Heutzutage werden in der Oper bei Originalaufführungen - und das ist inzwischen Usus - englische oder deutsche Untertitel an den oberen Rand der Bühne projiziert, doch früher musste man die Texte kennen, um in den vollen Genuss der Handlung zu kommen. Folglich kaufte man sich vor einem Opernbesuch das Libretto, um es zu studieren und sich so für den musikalischen Genuss vorzubereiten. Besonders angetan hatte es mir Carmen. Nein, ich las sie nicht, ich lebte sie. Die beginnende Pubertät tat das Ihrige. im Badezimmer beschwor ich fortan durch mittelmäßigen Gesang, der sich aber in den Räumlichkeiten sehr imposant anhörte, den rebellischen Vogel der Liebe. Alles an diesen Büchlein, dem Opernglas und den Erzählungen schien so glanzvoll und dennoch aus einer sehr fernen Zeit.
Ich weiß nicht, ob es die Carmen war aber in einer der großen Rollen hat meine Mutter die Callas erlebt. Es war ein großes Glück, denn zu dieser Zeit war sie bereits berühmt-berüchtigt, weil sie so viele Vorstellungen absagte. Manchmal sang sie den ersten Akt, dann sprang eine Zweitbesetzung ein. Irgendwann gab sie bekanntermaßen nur noch konzertante Aufführungen. Sie zu erleben muss ein prägnantes Erlebnis gewesen sein. Den Ausdruck nicht nur auf der gesanlich musikalischen Ebene, sondern auch auf die menschlich schauspielerische zu heben, Bühnenpräsenz auszustrahlen, was sie vollbrachte war innovativ. Auch mein späterer Professor berichtete von einer zufälligen Begegnung in einem Tonstudio mit ihr, doch in meinem Kopf verbindet sich die Callas immer mit meiner Mutter, mit Prunk und Anmut und mit ein bisschen Modergeruch aus der alten Librettikiste.
Auf dem Bild ist meine Mutter etwa 13 oder 14 Jahre alt. Daneben steht ihre Patin im adretten Kostüm der 50er. Diese Mode fand ich immer schon faszinierend - so elegant und auf Linie geschnitten aber selbstredend unbequem und deswegen nur zu Repräsentationszwecken geeignet.
Einige Jahre später begann meine Mutter beim Ministerium für Kultur und Sport in München zu arbeiten. Dadurch hatte sie Zugang zu günstigen Opern- und Theatereintrittskarten. Obwohl sie nie ein Instrument erlernte - abgesehen von einer kleinen Episode, in der ich ihr das Blockflötenspiel beizubringen entschlossen war, wir aber nach einer Weile das Unternehmen zu Gunsten des Familienfriedens wieder begruben - und auch sonst durch eher mittelständisch handwerklichen Hintergrund wenig künstlerisch-literarisch beeinflusst war, liebte sie die Oper. Man muss sich das bildhaft vorstellen. Damals war der Besuch einer Opernaufführung ein aussergewöhnliches Ereignis, das mit Glanz und vor allem Wohlhabenheit verbunden war. Die Bayrische Staatsoper mit den Kronleuchtern im Eingangsbereich, die Königsloge, die Abendroben und Fracke, das alles war so prunkvoll und nobel wie heute die Oscars. Die durchschnittliche Bevölkerung staunt nur aus der Ferne.
Meine Mutter besaß ein kleines Opernglas, das am Rand mit Perlmut besetzt war. Wann immer ich durfte, nahm ich es aus dem schwarzen Etui und hielt es mir vor die Augen. Gesehen habe ich damit nicht unbedingt besser, mit der nötigen Eleganz gehalten wirkte es aber sehr professionell. Und dann war da noch dieser Karton mit den Libretti. Heutzutage werden in der Oper bei Originalaufführungen - und das ist inzwischen Usus - englische oder deutsche Untertitel an den oberen Rand der Bühne projiziert, doch früher musste man die Texte kennen, um in den vollen Genuss der Handlung zu kommen. Folglich kaufte man sich vor einem Opernbesuch das Libretto, um es zu studieren und sich so für den musikalischen Genuss vorzubereiten. Besonders angetan hatte es mir Carmen. Nein, ich las sie nicht, ich lebte sie. Die beginnende Pubertät tat das Ihrige. im Badezimmer beschwor ich fortan durch mittelmäßigen Gesang, der sich aber in den Räumlichkeiten sehr imposant anhörte, den rebellischen Vogel der Liebe. Alles an diesen Büchlein, dem Opernglas und den Erzählungen schien so glanzvoll und dennoch aus einer sehr fernen Zeit.
Ich weiß nicht, ob es die Carmen war aber in einer der großen Rollen hat meine Mutter die Callas erlebt. Es war ein großes Glück, denn zu dieser Zeit war sie bereits berühmt-berüchtigt, weil sie so viele Vorstellungen absagte. Manchmal sang sie den ersten Akt, dann sprang eine Zweitbesetzung ein. Irgendwann gab sie bekanntermaßen nur noch konzertante Aufführungen. Sie zu erleben muss ein prägnantes Erlebnis gewesen sein. Den Ausdruck nicht nur auf der gesanlich musikalischen Ebene, sondern auch auf die menschlich schauspielerische zu heben, Bühnenpräsenz auszustrahlen, was sie vollbrachte war innovativ. Auch mein späterer Professor berichtete von einer zufälligen Begegnung in einem Tonstudio mit ihr, doch in meinem Kopf verbindet sich die Callas immer mit meiner Mutter, mit Prunk und Anmut und mit ein bisschen Modergeruch aus der alten Librettikiste.
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