Montag, 13. Juli 2020
Berlin-Bombay

Berlin Bombay

Das da oben ist der Duty Free Shop am Flughafen Delhi. Die Luxusartikel in blauer Folie verpackt, die normalerweise auf dem Weg durch das Terminal zum Kauf verleiten sollen. Passiert werden sie jetzt im Gänsemarsch hintereinander statt im Pulk. Auch die Passagiere selbst sind dort in Schutzanzüge und hinter Visiere verpackt. Alles erinnert an eine düster-schlecht inszenierte Zukunftsvision eines aufstrebenden Theaterregisseurs. Zwar fehlt das Bühnenblut doch die Menschen sind nur noch Statisten, die sich von einer Markierung zur nächsten bewegen.

Die Gründe warum sie in dieser Zeit fliegen, sind vorwiegend familiäre. Viele kleine Kinder und viele Alte sitzen in der bis auf den letzten Platz ausgebuchten Maschine. Sie sollen sich für sieben Stunden nicht von dort wegbewegen, bekommen eine verschlossene Box mit abgepackten Lebensmitteln - vorwiegend Süßigkeiten - und eine kleine Flasche Wasser. Auch wir tragen seit dem Weg zum Flughafen Masken, die bei 35° Schweißperlen um den Mund und nach ein paar Stunden Druckstellen hinter den Ohren hervorrufen. Abstand gibt es nicht, nicht in so einem kleinen Raum wie einem Flugzeug. Ich teile für viele Stunden mit 315 Menschen eine vergleichsweise winzige Fläche.

Die Angestellten im Fünfsternehotel stehen unter Quarantäne. Sie leben und arbeiten seit Wochen dort. Alle Einrichtungen wie Restaurant, Pool und Fitnesscenter sind geschlossen. Wir dürfen aber aus den Zimmern in den Garten. Das ist nicht selbstverständlich, denn andernorts - so hört man - werden den Crews nach Ankunft im Zimmer ihre Schlüssel entzogen. Natürlich ist vieles nicht überraschend, denn die Informationen über Bedingungen in den einzelnen Ländern werden veröffentlicht. Doch manches liest sich anders als es sich tatsächlich anfühlt.

Kaum ein Gast erwidert meinen Gruß beim Einsteigen. Die Köpfe gesenkt begeben sie sich zu den ausgewiesenen Plätzen. Wo ich sonst Nähe durch ein Lächeln oder eine Geste herstelle, prallt meine Menschlichkeit jetzt an Schutzmaßnahmen ab. Auf die ein oder andere verrutschte Maske muss hingewiesen werden, doch das bleibt fast der einzige verbale Austausch. So hat mich dieser Flug traurig und desillusioniert zurückgelassen, obwohl ich ihn vorab herbeisehnte. Nichts ist mehr wie es war, denn wir befinden uns innerlich wie äusserlich im Ausnahmezustand.

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Du bist auch eine Heldin.

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so hört man - werden den Crews nach Ankunft im Zimmer ihre Schlüssel entzogen
Menschenrechte gelten da wohl nicht mehr...

Zum Glück liefs bei Ihnen anders und Sie konnten auch in der Garten. Die Natur spendet viel Trost in solchen Zeiten.

Was die Arbeit angeht - man gewöhnt sich an Vieles.
Letztens wieder festgestellt. Was ich noch vor 3-4 Monaten sehr befremdlich fand, war vor 2 Monaten schon ziemlich normal.
Allerdings geht mir auch der oben erwähnte Kontakt ab.
Wir sind nunmal eine Kultur gewohnt, in der man sich "sieht".

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Was tut sich an der Flugfront?
Auf Medienberichte geb ich derzeit nur sehr wenig.

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