Freitag, 5. Oktober 2007
October
Es ist wieder Herbst in Deutschland. Vor dreissig Jahren gab es ebenfalls einen Herbst in Deutschland, der es nicht nur wettermäßig in sich hatte. Das Thema RAF spukt wieder durch die Medien und auch auf Mindestenshaltbar ranken sich die Geschichten um damals.

Mein Beitrag ist das Ergebnis einer langjährigen Auseinandersetzung mit der damaligen Flugzeugentführung. Das Thema lag und liegt mir sehr am Herzen. Aber bitte, lesen Sie selbst:

Landshut liegt in Afrika

Nachtrag: weitere Einblicke in den Kommentaren.

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Hmm, ich darf ehrlich sein?
Ihr Text bei Mindesthaltbar ist thematisch interessant; so wusste ich bis heute auch nicht, dass Hannelore Piegler ein Buch darüber geschrieben hat bzw mit an Board war; aber im Gegensatz zu Ihren Blogbeiträgen bleibt dieser Artikel bei mir merkwürdig emotionslos zurück. Absicht oder nur meine Interpretation? Ihr innerer Bezug zu dem Thema sprang nicht auf mich über.

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mal subjektiv
Mein Anliegen war, so objektiv wie möglich zu schreiben, damit sich der Leser selbst eine Meinung bilden kann. Meine Emotionen sind für die Fakten zunächst nicht von Bedeutung. Wenn ich hier meine Meinung schreibe, tue ich das im Bewußtsein, den Opfern gegenüber ungerecht zu werden.

Ich habe beispielsweise lange über das Verhalten von Vietor - dem Copiloten - nachgedacht. Kurz nach der Befreiung erlaubte er sich, laut Piegler, einen recht makaberen Scherz, indem er in einer Ansage die Stimme des Anführers Mahmout imitierte und mit den Worten "This is Captain Martyr Mahmout..." alle Anwesenden in Schrecken versetzte. Was muss in diesem Mann vorgegangen sein? Ist es tatsächlich so, dass das jahrelange Training von rationalem Verhalten in Notsituationen alles Emotionale in ihm verdrängte? Manchmal kann ich mich dieses Eindruckes bei Cockpitkollegen nicht erwehren. Man stelle sich das mal vor: da funktioniert er unter ständiger Bedrohung, wird Zeuge der Exekution seines Kollegen und dann fliegt dieser Mann nur Wochen später freiwillig dieselbe Maschine, in der all das stattfand.

Und Gaby Dillmann? Wieso erwähnt sie mit keinem Wort ihre Kolleginnen? Brauchte sie das Gefühl, über ihnen und den Entführern zu stehen, um die Demütigungen zu ertragen? Weder sie noch Vietor räumten jemals die Möglichkeit einer Traumatisierung in ihren Berichten ein. Heilen kann man aber erst, wenn man es zuläßt.

Und dann dieses Fernsehspiel "Todesspiel" von Breloer. Wer es gesehen hat, dem bleiben die Bilder im Gedächtnis. Leider auch die Meinung des Autors/Regisseurs, denn die ist als Tatsache kaschiert. Einen interessanten Artikel mit einer etwas anderen Sichtweise habe ich hier gefunden.

Ehrlich gesagt bin ich hin- und hergerissen zwischen Mitleid für die Opfer und Wut über die Art der Berichterstattung. Und jetzt beginnt ja alles wieder von vorne. Gabriele von Lutzau in MonaLisa (ZDF Magazin), Gabriele von Lutzau im ZDF (Das Wunder von Mogadischu) und Nadja Uhl als Gaby Dillmann in dieser Neuverfilmung mit dem tollen Titel "Welcome Mogadishu". Ist es da nicht verständlich, dass mir eine Art Richtigstellung am Herzen liegt?

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Lotty
Ihre Frage habe ich aber noch nicht deutlich genug beantwortet. Ich habe weder mit den Betroffenen gesprochen, noch war ich selbst dabei. Leider kann ich mich nur auf das berufen, was ich lese. Meine persönliche Meinung und mein innerer Bezug haben dort nichts zu suchen, wohl aber in meinem eigenen Blog.

Danke, dass Sie mir durch Ihren Kommentar die Möglichkeit gegeben haben, mich dazu zu äussern. Insgeheim habe ich nämlich gehofft, es würde jemand nachhaken.
Immerhin war der Artikel eine lange, schwere Geburt. Schade, dass bisher so wenig Resonanz kam.

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Ich danke auch
für Ihre nachträgliche, ausführliche Erklärung. Freut mich, dass ich den Artikel genauso verstanden habe, wie Sie beabsichtigt hatten ;)
Der Link war wirklich sehr lesenswert!

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Am 13.10. gibt es ein Feature im DLF zu diesem Thema. Ich habe vor zwei Wochen dort ein Gespräch mit dem Co-piloten Vietor gehört. Er sprach tatsächlich sehr sachlich, sehr gefaßt, sehr konzentriert. Schade, daß ich Ihren Artikel da nicht kannte, ich hätte mehr auf Zwischentöne achten können.

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Mein Hauptinteresse gilt auch seit jeher den Menschen. Aber zu einer Stellungnahme hierzu könnte mich niemand bewegen, auch dann nicht, wenn ich seinerzeit unter den Passagieren der Maschine gewesen wäre. Und du weißt, dass ich mich normalerweise nicht scheue, Stellung zu beziehen, auch nicht in größerem Kreise.

Ich kenne diese Menschen nicht, ihr Verhalten nur aus zweiter oder dritter Hand.

Da ist es mein Prinzip, zu schweigen. Dein Beitrag wirkt auf mich sachlich, deine Denkweise logisch und die Sache hat mich damals sehr bewegt. Nur kommentieren möchte ich das Verhalten der Beteiligten nicht. Das Feedback fehlt dir, meine ich, nicht die Resonanz. Die ist ganz sicher vorhanden.

Auch zum Thema.

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13. Oktober
Ein angekündigtest Feature zum Thema im Deutschland Radio Kultur wurde leider verschoben, weil man den Nobelpreis für Doris Lessing als wichtiger empfand.
Als Ausgleich lese ich im Internet, so auch diesen Beitrag von frau klugscheisser.
nicht uninteressant. und deutlich reflektiert.
vielleicht moechtet ihr auch mal aus anderer sicht darueber lesen?
es gibt immer menschen, die im mittelpunkt stehen durch ihre art, ihr wesen, ihr temperament. es gibt immer menschen, die eher am rand stehen , manche gewollt, manche ungewollt. so war es auch in der landshut und so war es in den letzten dreißig jahren.
fuer die einen - wie gabriele von lutzau - gehoert es vielleicht zur bewaeltigung dieser schrecklichen tage, interviews zu geben (wobei- so funktionieren die medien - sie sicher auch zu jedem jahrestag wieder von heerscharen von journalisten angefragt wird).
andere werden nie gefragt und aeussern sich auch nicht oder nur ungern. ich zum beispiel.
ob man die erlebnsse so einer fuenftaegigen entfuehrung besser bewaeltigt, wenn man jahrelang kein flugzeug mehr von innen sehen mag, so wie ich, oder aber sich sofort wieder ins cockpit klemmt wie juergen vietor- auch das ist typbedingt. man kann nicht das eine verstehen und das andere verurteilen. wer masst sich so etwas an?
in den fuenf tagen an bord war hannelore piegler, obwohl chefstewardess, fuer mich als passagierin nicht sehr praesent. sehr praesent hingegen war gabriele von lutzau, die immer wieder versucht hat, die stimmung zu entspannen, mit mir- die wie alle anderen kinder von ihren eltern getrennt wurden - geredet hat, die ansprachen an die passagiere gehalten hat und die fuer mich die gegenspielerin zum "captain" war. er, der schrie und bruellte und alle bedrohte, sie, die abwaegte, beruhigte, aufmunterte. mit 23 jahren in solch einer situation. so eine 23jaehrige kann man sich heute nur schwer vorstellen. es sind nicht nur "die medien", die hinterher etwas machen - es gibt auch eine vorgeschichte.
Es war Gabriele von Lutzau, die mit mir in der Warteschlange vor der toilette ueber ihre kleine Schwester geredet hat, die in meinem Alter war. Es war Jürgen Schumann, der mich die Maschine steuern ließ - obwohl hinter uns Maenner mit Handgranaten standen. Es gab diese Menschen, die versucht haben, in einer grausamen, unwegbaren Situation einem Kind etwas Positives zu vermitteln. So etwas vergisst man nie im Leben.
Ich wundere mich auch, dass die anderen Besatzungsmitglieder nicht erwaehnt werden. Ich bin immer wieder erstaunt, wie wenige ehemalige Passagiere in den Medien auftauchen. Wir waren fast 90 Menschen. Wir kennen uns untereinander nicht ode r kaum, wir haben uns hinterher nur noch einmal gesehen. viele von uns sind mittlerweile sicherlich schon gestorben. aber die, die am leben sind- die sind nicht praesent.
Aber das sollte man nicht verurteilen und sich nicht wundern. Wer mit etwas an die PResse gehen will, der kann das tun. Und wer ueber Dinge lieber nicht mehr reden will, den soll man in Ruhe lassen.
Das Buch von Hannelore Piegler moechte ich trotzdem gerne lesen. Danke fuer den Hinweis.

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Danke für Ihre Erinnerungen. Ich denke, es ist immer sehr schwer, das Verhalten von Menschen in Extremsituationen beurteilen zu wollen, ohne vielleicht die eine empfundene Ungerechtigkeit durch eine andere zu ersetzen. Es bleiben einzelne Facetten - deshalb ist es wichtig, möglichst viele davon zu kennen. Auch deshalb vielen Dank für Ihre, wenn auch nur knapp angerissenen Erinnerungen.

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Den Worten von Kid37 kann ich mich nur anschließen. Herzlichen Dank für Ihren Beitrag. Meine Sichtweise kann nur unvollständig sein, gerade weil es eine Außenbetrachtung, eine 'angelesene', ist.

Das Buch von Hannelore Piegler wird inzwischen schwer zu bekommen sein. Falls Sie möchten, schicken Sie mir an meine Mailadresse in der linken Spalte eine Kontaktadresse (kann gerne die eines Bekannten, Freundes oder eine Postfach Adresse sein), dann übersende ich es Ihnen gerne.

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