Donnerstag, 15. April 2010
... and read each one out loud.


Das da oben ist Herr Paulsen. Herr Paulsen kann nicht nur schreiben, sondern auch lesen. Das hat er gestern in München in einer Buchhandlung bewiesen. Diese Buchhandlung wurde bereits von Herta Müller heimgesucht belesen. Jetzt ist sie Buchhandlung des Jahres und darf bei Autorenlesungen auch mal knackige 12 Euro Eintritt verlangen. Dafür gibt's dann neben Geschichten auch von Praktikanten geschmierte Brote und Wein. Ja, der Buchhandel steckt in der Krise und muss sich was ausdenken. Der Preis wird an Läden vergeben, die mit einem überzeugenden Gesamtkonzept auffallen und dabei wirtschaftlich erfolgreich arbeiten. Somit hat jene Buchhandlung bewiesen, dass sie den Preis verdient hat.

Das nur so am Rande. Denn eigentlich bin ich ja gekommen, um endlich mal Herrn Paulsen so richtig auf die Kacke hauen zu sehen. Das tut er dann auch gleich mit seiner ersten Geschichte, in der er stimmlich vorzüglich in verschiedene Rollen schlüpft. Und da ist Herr Paulsen nicht mehr Herr Paulsen, sondern einmal Herr Böhme, Demis, Gudrun oder der mißmutigste Kellner der gesamten Costa Brava. Nur einmal ist Herr Paulsen er selbst. Einmal nämlich bekochte er Herrn Siebeck. Die Schmach der rohen Zierkartoffel schwingt auch nach Jahren noch in seiner Stimme.

Herr Paulsen kann nicht nur schreiben und lesen, er kann auch Drachen zähmen. Nein, damit meine ich nicht die vielen älteren Damen, die mit leicht verträumtem Blick an seinen Lippen kleben, wo doch sonst nur eine kleben darf. Ich meine den Papierdrachen, der hoch über den Köpfen schwebt. Jede noch so kleine Luftbewegung läßt seinen Körper auf und ab tanzen. Doch während Herr Paulsen liest, bewegt sich kein Lüftchen.



Dann klappt Herr Paulsen das Büchlein zu. Viel zu früh ist alles vorbei. Ich ergattere eines der gedruckten Exemplare und stelle mich damit brav hinten an die Schlange der Verehrerinnen. Wenigstens Hallo sagen will ich dem Herrn Paulsen, wo er schon mal in München ist. Während ich so in der Schlange stehe, spüre ich die Wirkung von zwei Gläschen Weißwein auf nüchternen Magen. Jetzt bloß nicht lallen. Um zu artikulieren müssen mir aber noch ein paar zusammenhängende Worte einfallen. Geistreich und witzig soll es sein. Erster Eindruck und so. "Hallo Herr Paulsen ich bin Frau Klugscheisser!" Ungeheuer geistreich. Wahnsinnig witzig. Nur wenige Minuten später ist der Zensor im Kopf auch wieder at work.

Und schließlich macht Herr Paulsen was sehr Bescheidenes. Herr Paulsen hat wohlgemerkt das Kochen von der Pieke auf gelernt. Herr Paulsen hat für Herrn Siebeck gekocht (eat that!). Herr Paulsen kann richtig was. Trotzdem zögert er keine Sekunde, als ich ihn bitte, für meine Mutter eine Widmung in das Buch zu schreiben. Erst schwingt er die Hand mit der Feder wenige Millimeter über der Seite ein. Dann senkt er sie ab und kalligraphiert in schönster Manier.



Hach, dieser Schwung, diese Federführung! Das läßt Großes erahnen. Ein Roman gar? Bis es soweit ist, vereint alle Blogger von Nord bis Süd ein einziger Gedanke: wir sind Paulsen.

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