... newer stories
Montag, 12. September 2022
If You're Happy and You Know It (Clap Your Hands)
frau klugscheisser, 21:38h
Das Fenster steht offen, von draussen dringen Meerluft und die Klänge einer Blaskapelle in's Zimmer - das eine kriege ich nicht ohne das andere. Insgesamt ist es aber eher langweilig hier. Schnödes blau in blau mit einem Hauch sonnendurchtränktem Grün, weshalb ich hier auch keine Fotos einstelle. Daheim in Deutschland soll das Wetter gerade nicht so fein sein, so genau weiß ich das aber nicht, weil ich es nicht nachschaue. Es interessiert mich einfach nicht. Meine hochformatigen Fotos werden liegend angezeigt, wenn ich sie bearbeite, stehen sie zwar für die Betrachtenden richtigrum, ich kann sie aber nicht mehr mit demselben Namen speichern, denn das war ja das andere, liegende Foto. Und jetzt wissen Sie, wie es mir geht, denn das ist gerade mein dringendstes Problem - abgesehen von der Blaskapelle unten auf dem Dorfplatz, die gerade Adèle ausschlachtet und von den letzten verbleibenden Touristen umjubelt wird.
na gut, eins geht schon
Meine Begleitung sagt, es gäbe hier am Meer keine Stechmücken, weil hier ständig Wind wehe. Seltsamerweise surren eine oder zwei von den Tierchen ständig nachts um meine Ohren. Ich bin auch die, die komplett zerstochene Beine hat. Die Begleitung fühlt sich nur ein wenig im Schlaf gestört und klatscht gelegentlich nachts in die Hände. Dann denke ich, es geht ihr auch gut. Und so vergehen die Tage und Nächte hier am Meer viel zu schnell. Gestern haben wir eine Wanderung zur höchsten Erhebung der Insel gemacht. Auf dem Weg trafen wir einen semi-professionellen Steinschleuderer, der örtliche Wettbewerbe organisiert. Er fragte, ob ich auch mal probieren wolle, ich fragte, wie lange er bereits trainiere. Auf seine Antwort "sein ganzes Leben" erwiderte ich nur, dann sei ich bereits zu spät dran.

Liebe Omi, das Essen ist gut, das Wetter schön und leider müssen wir bald wieder abreisen. Solche Postkartentexte schreibt man nicht mehr, weil man keine Postkarten mehr schickt. Die letzten schickte ich von Florenz, die kamen nie an. Jetzt schicke ich sie immer von Deutschland aus ab, damit das mit der Zustellung klappt. Wie die Rezipienten wohl schauen würden, wenn ich solche Texte per Messenger verschickte. Oder Bilder vom Essen statt von der Landschaft. Das Essen ist übrigens nicht immer gut, dafür aber teuer. Obige Ausnahme bestätigt leider die Regel.

Mehrsprachigkeit hat auch ihre Tücken. Heute habe ich ein französischsprachiges Pärchen auf unser Boot eingeladen. Das war schön, weil man bei Wind und Wellen nicht so viel versteht, dafür aber meistens mit falscher Grammatik dennoch verstanden wird. Oder mit falschen Wörtern. Die Übersetzung von Spanisch oder Englisch funktioniert in's Französische nur sehr eingeschränkt, so meine heutige Erkenntnis. Die Mitfahrenden sind aber äusserst bemüht uns zu verstehen. Der Rest klappt dann später mit Alkohol.

Kroatinnen und Kroaten sprechen übrigens eher deutsch als englisch, sind im Allgemeinen aber durchaus bemüht, auch alles andere zu verstehen. So habe ich einiges über die lokalen Gepflogenheiten gelernt. Beispielsweise werden Pfandflaschen nur vom Großmarkt an der Hauptstraße zurückgenommen. Dort wirft man sie allerdings in großen Säcken hinter's Gebäude, statt sie in irgendeiner Form zu recyclen. Ich bringe sie brav zurück, ziehe einen Bon und lege den auf einen Papierkorb an der Straße. Irgendwer sammelt die Bons wie alle anderen leeren Plastikflaschen und freut sich drüber. Ich höre manchmal jemanden auf dem Dorfplatz nachts klatschen. Ob das den Flaschen oder den Moskitos gilt, weiß ich nicht. Jedenfalls scheinen die Leute hier glücklich zu sein.

na gut, eins geht schon
Meine Begleitung sagt, es gäbe hier am Meer keine Stechmücken, weil hier ständig Wind wehe. Seltsamerweise surren eine oder zwei von den Tierchen ständig nachts um meine Ohren. Ich bin auch die, die komplett zerstochene Beine hat. Die Begleitung fühlt sich nur ein wenig im Schlaf gestört und klatscht gelegentlich nachts in die Hände. Dann denke ich, es geht ihr auch gut. Und so vergehen die Tage und Nächte hier am Meer viel zu schnell. Gestern haben wir eine Wanderung zur höchsten Erhebung der Insel gemacht. Auf dem Weg trafen wir einen semi-professionellen Steinschleuderer, der örtliche Wettbewerbe organisiert. Er fragte, ob ich auch mal probieren wolle, ich fragte, wie lange er bereits trainiere. Auf seine Antwort "sein ganzes Leben" erwiderte ich nur, dann sei ich bereits zu spät dran.

Liebe Omi, das Essen ist gut, das Wetter schön und leider müssen wir bald wieder abreisen. Solche Postkartentexte schreibt man nicht mehr, weil man keine Postkarten mehr schickt. Die letzten schickte ich von Florenz, die kamen nie an. Jetzt schicke ich sie immer von Deutschland aus ab, damit das mit der Zustellung klappt. Wie die Rezipienten wohl schauen würden, wenn ich solche Texte per Messenger verschickte. Oder Bilder vom Essen statt von der Landschaft. Das Essen ist übrigens nicht immer gut, dafür aber teuer. Obige Ausnahme bestätigt leider die Regel.

Mehrsprachigkeit hat auch ihre Tücken. Heute habe ich ein französischsprachiges Pärchen auf unser Boot eingeladen. Das war schön, weil man bei Wind und Wellen nicht so viel versteht, dafür aber meistens mit falscher Grammatik dennoch verstanden wird. Oder mit falschen Wörtern. Die Übersetzung von Spanisch oder Englisch funktioniert in's Französische nur sehr eingeschränkt, so meine heutige Erkenntnis. Die Mitfahrenden sind aber äusserst bemüht uns zu verstehen. Der Rest klappt dann später mit Alkohol.

Kroatinnen und Kroaten sprechen übrigens eher deutsch als englisch, sind im Allgemeinen aber durchaus bemüht, auch alles andere zu verstehen. So habe ich einiges über die lokalen Gepflogenheiten gelernt. Beispielsweise werden Pfandflaschen nur vom Großmarkt an der Hauptstraße zurückgenommen. Dort wirft man sie allerdings in großen Säcken hinter's Gebäude, statt sie in irgendeiner Form zu recyclen. Ich bringe sie brav zurück, ziehe einen Bon und lege den auf einen Papierkorb an der Straße. Irgendwer sammelt die Bons wie alle anderen leeren Plastikflaschen und freut sich drüber. Ich höre manchmal jemanden auf dem Dorfplatz nachts klatschen. Ob das den Flaschen oder den Moskitos gilt, weiß ich nicht. Jedenfalls scheinen die Leute hier glücklich zu sein.
... link (0 Kommentare) ... comment
Freitag, 9. September 2022
Keep calm and carry on
frau klugscheisser, 16:02h

... link (0 Kommentare) ... comment
Samstag, 3. September 2022
Let The Good Times Roll
frau klugscheisser, 00:31h
Während ich an einem Plastiktisch auf dem schmalen Gehweg einen Teller frisch zubereitetes Phat Thai verspeise, kriecht eine Schnecke an der Wellblechabsperrung entlang. Wenn man ihren Standort - oder in diesem Fall Kriechort - nur gelegentlich registriert, legt sie einen beachtlichen Weg zurück, während sie sich unter Beobachtung kaum fortzubewegen scheint. Ich finde das ein sehr anschauliches Beispiel für Zeitempfinden.

Das Essen wird übrigens in Bangkok auf der Straße zubereitet. Eine alte Frau zieht jeden Abend einen Wagen an den Straßenrand, auf dem sie die Zutaten schneidet, kocht und anrichtet. Serviert wird dann entweder auf Plastikgeschirr oder zum Mitnehmen in beschichtetes Papier gewickelt, das ich daheim von der Wursttheke kenne. Ich gehe jeden Tag dort vorbei, kaufe eine kleine Portion Phat Thai und gebe umgerechnet 50 Cent extra. Das ist für die Frau wahrscheinlich viel Geld. Der Kellner in der Rooftopbar eine Straße weiter rümpft darüber die Nase. Ich kann mit dieser Währung schlecht umgehen, rechne in Euro, wäge ab und finde doch keine gute Relation, was als Trinkgeld angemessen scheint. Im Kaufhaus zahle ich für ein T-Shirt made in Bangkok 5 Euro, daneben 50. Ja was denn nun, möchte ich am liebsten rufen.

Der Verkehr ist verrückt. Am ersten Tag fahre ich Bus. Fahrtrichtung ist hier links. Ich denke in Himmelsrichtungen, meine Fahrt soll nach Westen gehen, folglich muss ich auf den Bus an der hiesigen Straßenseite warten. Als er kommt, steige ich ein und krame nach Geldscheinen. Eine Kontrolleurin bittet mich, einen Sitzplatz einzunehmen bevor ich bezahle. Sie bewahrt das Wechselgeld in einer länglichen Schatulle mit Deckel. Geschickt zählt sie mit der freien Hand die Münzen und zieht einen Fahrschein von der Rolle, händigt mir beides aus und geht zum nächsten Fahrgast. Eine halbe Stunde später hat der Bus drei Haltestellen zurückgelegt. Auch hier ist Zeit relativ. Ich beschließe, mit der Metro zurückzufahren.
Am nächsten Tag fahre ich ein Stück Taxi, weil es regnet - wie jeden Tag. Mein Ziel liegt auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Der Fahrer kennt weder die Straße noch Englische Wörter. Ich öffne Googlemaps auf dem Handy. Als er vor der Abbiegung hält, deute ich an, er solle bis zur nächsten Kehre weiterfahren. Da kommt aber keine Kehre. Als er schließlich auf der anderen Seite an der richtigen Seitenstraße hält, hat sich der Preis auf dem Taximeter verdoppelt. Sein zahnloses Lachen hört sich fast an, als würde er mich auslachen. Dabei drückt er nur seine Verlegenheit damit aus. Ja, die dumme Touristin hat auf Weiterfahren bestanden, obwohl sie über die Fußgängerbrücke billiger an's Ziel gekommen wäre. Ich gebe auch hier Trinkgeld, allerdings sind es nur ein paar Groschen. Bei Regen ein freies Taxi mit freundlichem Fahrer zu finden grenzt an ein Wunder. Ich bin mir sicher, das Tourituktuki hätte mich doppelt soviel gekostet.

In der Metro falle ich nicht nur mit meinem orangen Sommerkleid auf, sondern vor allem mit der Tigermaske, die ein Geschenk eines Ladeninhabers war. Ich bin hier nicht nur im fliegerischen Einsatz, sondern auch in geheimer Mission unterwegs. Der kleine Junge mir gegenüber möchte auch so eine Maske. Das macht er seiner Mutter durch Blicke und Fingerzeigen klar. Dann betritt ein Mönch die Bahn. Sein Gewand hat dieselbe Farbe wie mein Kleid. Vielleicht sieht er mich aber nicht deswegen so komisch an, sondern wegen der Maske. Das fällt mir aber erst später ein, denn ich sehe mich ja nicht von aussen. Jemand räumt einen Sitzplatz. Auf einem Schild wird gebeten, für Alte, Kranke, Schwangere und Mönche aufzustehen. Das ist mir neu. Ich sollte das Kleid mal zu Stoßzeiten und ohne Jacke in der Bahn tragen, dann kriege ich sicher einen Sitzplatz.
Am Zielort muss ich mich beeilen, um vor dem großen Feierabendverkehr zurück zu sein. Dann weichen die Motor- und Fahrräder auf die sowieso schon schmalen Gehwege aus. Ich erschrecke nicht nur einmal über die wohl unterschiedlich wahrgenommene Gefährlichkeit der Fortbewegung als Fußgehende zum motorisierten Verkehr. Dennoch lege ich einen beträchtlichen Teil des Weges freiwillig so zurück, denn alles andere macht bei stehendem Verkehr keinen Sinn. Ich bin spät dran. Für den nächsten Tag nehme ich mir vor, ein wenig früher loszukommen. Oder die Erledigungen schneller zu absolvieren. Wahrscheinlich werde ich aber einen Platzregen abwartend irgendwo unterstehen und mich anschließend im Schneckentempo auf schmalen Wegen hinter anderen Fußgängern einreihen. Irgendwann komme ich an, egal ob ich mich schnell oder langsam bewege. Eigentlich ist nur wichtig, was dazwischen passiert.

Das Essen wird übrigens in Bangkok auf der Straße zubereitet. Eine alte Frau zieht jeden Abend einen Wagen an den Straßenrand, auf dem sie die Zutaten schneidet, kocht und anrichtet. Serviert wird dann entweder auf Plastikgeschirr oder zum Mitnehmen in beschichtetes Papier gewickelt, das ich daheim von der Wursttheke kenne. Ich gehe jeden Tag dort vorbei, kaufe eine kleine Portion Phat Thai und gebe umgerechnet 50 Cent extra. Das ist für die Frau wahrscheinlich viel Geld. Der Kellner in der Rooftopbar eine Straße weiter rümpft darüber die Nase. Ich kann mit dieser Währung schlecht umgehen, rechne in Euro, wäge ab und finde doch keine gute Relation, was als Trinkgeld angemessen scheint. Im Kaufhaus zahle ich für ein T-Shirt made in Bangkok 5 Euro, daneben 50. Ja was denn nun, möchte ich am liebsten rufen.

Der Verkehr ist verrückt. Am ersten Tag fahre ich Bus. Fahrtrichtung ist hier links. Ich denke in Himmelsrichtungen, meine Fahrt soll nach Westen gehen, folglich muss ich auf den Bus an der hiesigen Straßenseite warten. Als er kommt, steige ich ein und krame nach Geldscheinen. Eine Kontrolleurin bittet mich, einen Sitzplatz einzunehmen bevor ich bezahle. Sie bewahrt das Wechselgeld in einer länglichen Schatulle mit Deckel. Geschickt zählt sie mit der freien Hand die Münzen und zieht einen Fahrschein von der Rolle, händigt mir beides aus und geht zum nächsten Fahrgast. Eine halbe Stunde später hat der Bus drei Haltestellen zurückgelegt. Auch hier ist Zeit relativ. Ich beschließe, mit der Metro zurückzufahren.
Am nächsten Tag fahre ich ein Stück Taxi, weil es regnet - wie jeden Tag. Mein Ziel liegt auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Der Fahrer kennt weder die Straße noch Englische Wörter. Ich öffne Googlemaps auf dem Handy. Als er vor der Abbiegung hält, deute ich an, er solle bis zur nächsten Kehre weiterfahren. Da kommt aber keine Kehre. Als er schließlich auf der anderen Seite an der richtigen Seitenstraße hält, hat sich der Preis auf dem Taximeter verdoppelt. Sein zahnloses Lachen hört sich fast an, als würde er mich auslachen. Dabei drückt er nur seine Verlegenheit damit aus. Ja, die dumme Touristin hat auf Weiterfahren bestanden, obwohl sie über die Fußgängerbrücke billiger an's Ziel gekommen wäre. Ich gebe auch hier Trinkgeld, allerdings sind es nur ein paar Groschen. Bei Regen ein freies Taxi mit freundlichem Fahrer zu finden grenzt an ein Wunder. Ich bin mir sicher, das Tourituktuki hätte mich doppelt soviel gekostet.

In der Metro falle ich nicht nur mit meinem orangen Sommerkleid auf, sondern vor allem mit der Tigermaske, die ein Geschenk eines Ladeninhabers war. Ich bin hier nicht nur im fliegerischen Einsatz, sondern auch in geheimer Mission unterwegs. Der kleine Junge mir gegenüber möchte auch so eine Maske. Das macht er seiner Mutter durch Blicke und Fingerzeigen klar. Dann betritt ein Mönch die Bahn. Sein Gewand hat dieselbe Farbe wie mein Kleid. Vielleicht sieht er mich aber nicht deswegen so komisch an, sondern wegen der Maske. Das fällt mir aber erst später ein, denn ich sehe mich ja nicht von aussen. Jemand räumt einen Sitzplatz. Auf einem Schild wird gebeten, für Alte, Kranke, Schwangere und Mönche aufzustehen. Das ist mir neu. Ich sollte das Kleid mal zu Stoßzeiten und ohne Jacke in der Bahn tragen, dann kriege ich sicher einen Sitzplatz.
Am Zielort muss ich mich beeilen, um vor dem großen Feierabendverkehr zurück zu sein. Dann weichen die Motor- und Fahrräder auf die sowieso schon schmalen Gehwege aus. Ich erschrecke nicht nur einmal über die wohl unterschiedlich wahrgenommene Gefährlichkeit der Fortbewegung als Fußgehende zum motorisierten Verkehr. Dennoch lege ich einen beträchtlichen Teil des Weges freiwillig so zurück, denn alles andere macht bei stehendem Verkehr keinen Sinn. Ich bin spät dran. Für den nächsten Tag nehme ich mir vor, ein wenig früher loszukommen. Oder die Erledigungen schneller zu absolvieren. Wahrscheinlich werde ich aber einen Platzregen abwartend irgendwo unterstehen und mich anschließend im Schneckentempo auf schmalen Wegen hinter anderen Fußgängern einreihen. Irgendwann komme ich an, egal ob ich mich schnell oder langsam bewege. Eigentlich ist nur wichtig, was dazwischen passiert.
... link (0 Kommentare) ... comment
... older stories