Sonntag, 26. März 2006
With or without you
frau klugscheisser, 22:24h
Die Geschichte handelt von einem kleinen Mädchen. Das kleine Mädchen lacht viel. Es lacht, wenn die Großmutter Geschichten erzählt. Es lacht, wenn der Großvater mit ihr morgens Radio hört. Es lacht, wenn die Mutter weint und will sie mit Grimassen aufheitern. Es lacht, wenn der Vater mit Schlägen droht. Es lacht auch dann noch, wenn die Knie vom Asphalt bluten. Nur einmal in der Woche weint es. Dann nämlich, wenn es Sonntagabend wird. Da muss das kleine Mädchen zurück zum Vater und zur Mutter. Die Großmutter mag es auch nicht gehen lassen, denn die weiß wie das Leben ist. Die Großmutter hat es sehr lieb, das kleine Mädchen. Sie versucht, dem kleinen Mädchen von Freitag bis Sonntag all das zu geben, was dem Kind unter der Woche fehlt. Das kleine Mädchen weint sonntags so verzweifelt, als würde es um sein Leben weinen. Das bricht der Großmutter jedes Mal fast das Herz.
Eines Tages weint das kleine Mädchen nicht mehr sonntags, denn jetzt darf es von Montag bis Freitag bei der Großmutter sein. Nur Samstag ist es bei der Mutter. Das ist nicht so schlimm, weil es ist nur ein Tag. Sonntags geht es mit der Großmutter zur Kirche. Es möchte auch am Sonntag ein wenig bei der Großmutter sein. So ist es ganz still neben der Großmutter, wenn der Pfarrer predigt oder singt die Lieder und lernt Litaneien.
Das Mädchen ist nicht mehr so klein, als die Großmutter geht. Es ist auch noch nicht groß. Nicht groß genug, um die Großmutter nicht zu vermissen. Es versteht nicht, warum es nicht dort sein darf, wo die Großmutter jetzt ist. Es versteht auch nicht, als man ihr sagt, dass die Großmutter gestorben sei. Aber es hört auf zu lachen. Es weint auch nicht, es ist nur still. Es sagt nichts, wenn die Lehrer ihr Fragen stellen. Es schweigt, wenn die Mutter zu ihr spricht. Es versteht nicht, warum die Anderen mit ihr reden. Reden? Worüber, wozu? Es hat nicht nur aufgehört zu sprechen, sondern auch zu fühlen.
Das Mädchen ist inzwischen ein großes Mädchen. Es spricht wieder und fühlt. So Manchen lässt sie in ihr Herz schauen. Doch als die gehen, weint das Mädchen, als wäre es ganz klein und Sonntag. Die Großmutter wird nächsten Sonntag nicht vor der Kirche warten. Mit den Freunden gibt es kein nächstes Mal. Schon lange hat es aufgehört, in die Kirche zu gehen. Nur ein einziges Mal war es an der Stelle, wo die Großmutter begraben ist. Dort ist es kalt und fremd. Die Großmutter aber war niemals kalt. Dann fühlt es sich wieder ganz klein, das große Mädchen, und weint sich in den Schlaf. Manchmal träumt es von der Großmutter. Träume voller Sehnsucht, voller Glück. Es will dort sein, wo die Großmutter jetzt ist.
Das große Mädchen könnte jetzt selbst ein kleines Mädchen haben. Doch wie soll sie dem kleinen Mädchen etwas geben, das sie vermisst? Sie beginnt zu vergessen. Die Stimme der Großmutter, wie klang die Stimme? Wie klang ihr Lachen? Das große Mädchen mag keine Bilder von der Großmutter anschauen. Die Großmutter ist in ihrem Herzen. Gleich dort neben dem tiefen Splitter, der die Wunde eitern lässt.
Eines Tages nimmt das große Mädchen all seinen Mut zusammen und reißt den Splitter heraus. Jetzt kann die Wunde heilen. Sie weiß, dass die Großmutter nie mehr wieder kommt. Sie weiß auch, dass sie ganz alleine für sich sorgen muss. Die Großmutter hat ihr alles mitgegeben, was sie dafür braucht. Nur manchmal sonntags spürt sie den Schmerz. Manchmal, wenn der Liebste geht, tut es noch weh. Dann weint sie ein wenig, streichelt die Narbe und wird ganz ruhig. Später lächelt sie ein wenig. Noch ein wenig später nimmt sie das kleine Mädchen an die Hand und geht los.
Eines Tages weint das kleine Mädchen nicht mehr sonntags, denn jetzt darf es von Montag bis Freitag bei der Großmutter sein. Nur Samstag ist es bei der Mutter. Das ist nicht so schlimm, weil es ist nur ein Tag. Sonntags geht es mit der Großmutter zur Kirche. Es möchte auch am Sonntag ein wenig bei der Großmutter sein. So ist es ganz still neben der Großmutter, wenn der Pfarrer predigt oder singt die Lieder und lernt Litaneien.
Das Mädchen ist nicht mehr so klein, als die Großmutter geht. Es ist auch noch nicht groß. Nicht groß genug, um die Großmutter nicht zu vermissen. Es versteht nicht, warum es nicht dort sein darf, wo die Großmutter jetzt ist. Es versteht auch nicht, als man ihr sagt, dass die Großmutter gestorben sei. Aber es hört auf zu lachen. Es weint auch nicht, es ist nur still. Es sagt nichts, wenn die Lehrer ihr Fragen stellen. Es schweigt, wenn die Mutter zu ihr spricht. Es versteht nicht, warum die Anderen mit ihr reden. Reden? Worüber, wozu? Es hat nicht nur aufgehört zu sprechen, sondern auch zu fühlen.
Das Mädchen ist inzwischen ein großes Mädchen. Es spricht wieder und fühlt. So Manchen lässt sie in ihr Herz schauen. Doch als die gehen, weint das Mädchen, als wäre es ganz klein und Sonntag. Die Großmutter wird nächsten Sonntag nicht vor der Kirche warten. Mit den Freunden gibt es kein nächstes Mal. Schon lange hat es aufgehört, in die Kirche zu gehen. Nur ein einziges Mal war es an der Stelle, wo die Großmutter begraben ist. Dort ist es kalt und fremd. Die Großmutter aber war niemals kalt. Dann fühlt es sich wieder ganz klein, das große Mädchen, und weint sich in den Schlaf. Manchmal träumt es von der Großmutter. Träume voller Sehnsucht, voller Glück. Es will dort sein, wo die Großmutter jetzt ist.
Das große Mädchen könnte jetzt selbst ein kleines Mädchen haben. Doch wie soll sie dem kleinen Mädchen etwas geben, das sie vermisst? Sie beginnt zu vergessen. Die Stimme der Großmutter, wie klang die Stimme? Wie klang ihr Lachen? Das große Mädchen mag keine Bilder von der Großmutter anschauen. Die Großmutter ist in ihrem Herzen. Gleich dort neben dem tiefen Splitter, der die Wunde eitern lässt.
Eines Tages nimmt das große Mädchen all seinen Mut zusammen und reißt den Splitter heraus. Jetzt kann die Wunde heilen. Sie weiß, dass die Großmutter nie mehr wieder kommt. Sie weiß auch, dass sie ganz alleine für sich sorgen muss. Die Großmutter hat ihr alles mitgegeben, was sie dafür braucht. Nur manchmal sonntags spürt sie den Schmerz. Manchmal, wenn der Liebste geht, tut es noch weh. Dann weint sie ein wenig, streichelt die Narbe und wird ganz ruhig. Später lächelt sie ein wenig. Noch ein wenig später nimmt sie das kleine Mädchen an die Hand und geht los.
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mav_,
27. März 2006, 01:42
Ich hoffe, es hat heute nicht so doll weh getan. Und das aus der Narbe eines Tages eine wärmende Erinnerung wird.
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