Mittwoch, 13. Februar 2008
Big girls don't cry


Mal ehrlich, bei dem Titel haben Sie doch ganz bestimmt an ein völlig anderes Lied gedacht, eines das irgendwie aktueller ist und von einer gesungen wird, die denselben Namen trägt, wie eine ehemalige Angehörige des Britischen Königshauses. Aber was ist das schon, dieses ewige Rumgejammere von verlorener Liebe und Suhlen im Weltschmerz, von Geräkel auf kahlrasierter Männerbrust und tränenreichen Abschieden hinter riesigen Sonnenbrillen gegen die obige Version. Überhaupt die Lyrik, die Geschichte hinter den Worten. Mit nichts aus der heutigen Zeit zu vergleichen und mindestens ebenso mißverstanden wie Marleys Version der weinenden Frau. Aber hören und sehen Sie selbst.

Haben Sie sich mal die Choreographie genauer angesehen? Diese Choreographie ist meisterhaft, baut den Spannungsbogen langsam aus dem Hintergrund auf, wenn die Herren lässig nach vorne schlendern, dieses wie zufällige Verweilen neben dem Tasteninstrument, bis sie es schließlich hinter sich gelassen haben. Hier dann der Höhepunkt, bis schließlich der Rückzug mit Katarsis angetreten wird. Rückwärts laufend wohlgemerkt! Das schaffte ja nicht mal Britney bei ihrem letzten Auftritt so routiniert wie diese drei Herren. Das waren eben noch Könner.

Und diese Untermalung der Lyrik durch minimalistische Gesten. Allein schon die Mimik des Sängers spricht Bände, begleitet von einem Anheben der Arme hier, einer wippenden Fußspitze da, einem Fingerschnippen dort, während sich in neumodischen Videos verrenkt und ungelenk herumgehüpft wird. Schnell wird dem Beobachter klar, dass weniger eben doch mehr ist. Die Hand lässig in der Tasche flaniert es sich elegant, doch da bleibt sie nur, bis der Refrain mit beiden Händen erneut präsentiert wird. Heutzutage halten Sänger gerne ein Mikrofon, ein Instrument oder eine Dame, weil sie nicht wissen, wohin mit den Händen. Gelegentlich fuchteln sie wild mit abgespreizten Fingern ins Publikum zeigend oder greifen sich ans Gemächt. Undenkbar wäre das damals gewesen. Unser Interpret kündigt das Ende des Liedes durch Schließen der Beine an. Schließlich eine gemeinsame Verbeugung als Ehrerbietung gegenüber dem Publikum, wo heute gepöbelt oder gar gespuckt wird.

Lassen Sie mich ein abschließendes Wort zur Mode verfassen. Was Sie in obigem Beispiel sehen ist die perfekte Bekleidung für den singenden Mann. Die Hosenbeine nicht zu lang, nicht zu kurz und unbedingt erwähnenswert, der korrekte Sitz im Schritt. Dazu ein passender Einreiher, ein weißes Hemd und eine Fliege, dunkle Schuhe und ein akkurater Haarschnitt. So präsentiert sich der Künstler von Welt. All die zerfetzten, schmierigen, feinberippten, adidasbestreiften, schirmbemützten und zotteligen Vertreter der Gilde verdienen diese Bezeichnung nicht. Das sind die Kreaturen, die einen zum Weinen bringen, egal wie groß man ist.

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Mein Gott, diese Synchronizität der beiden Gitarristen fällt mir jetzt erst auf. Fast wie Zwillinge. Da muss man lange üben für.

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...a...aber der Rechte spielt doch Bass!

*rumklugscheiß* (ich auch)

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Ein Bass ist im Grunde seines Herzens auch nur eine Gitarre. Bemalst Deine Instrumente grün und trägst das Haar beim Spiel offen. Und da willst Du mitreden? Das ist eine völlig andere Liga.

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Und dann könnte ich mir noch Federn ins Haar stecken und »Ka Weiber ka Gschrei« singen, wie weiland Willy Michl, der ganz andere Ligist.

(Der Isarindianer spielt jetzt übrigens dann 3 Tage in Freising. Falls Du…..)

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Der Bub mit der grünen Gitarre

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Also ich habe beim Titel sofort an diese Version des Liedes gedacht (obwohl ich das herrliche Video dazu natürlich nicht kannte), denn das ist doch das Lied ganz am Anfang von 'Dirty Dancing', oder? Und das ist ja nun ein Film, den ich fast auswendig kann... Dafür weiß ich ehrlich gesagt nicht, an welche modernere Fassung da zu denken ist... hm.

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Ich meinte diese Version. Aber ist auch egal, die sind eh alle austauschbar.

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Wenn es denn interessiert,
das sind die Four Seasons. Der Sänger Frankie Valli war damals 25 Lenze jung (ich würde ihm im Video glatt 35 geben) und an der Orgel orgelte der Schöpfer dieses epochalen Werks (#1 in den USA) des Falsett-Pops, Bob Gaudio.
Als Italiener der späten 50er stehen die Four Seasons übrigens einer Reihe mit Größen wie Frank Sinatra, Al Martino, Dean Martin, Perry Como und Dion. Der Einfluß dieser Landsmannschaft auf die amerikanische Popkultur war damals ganz beachtlich.

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Mensch, da haben Sie wohl bei Youtube gespickt (steht da auch alles).
Da sieht man, wie die Pasta Kultur erst mit den Gastarbeitern einzog.

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Nichts mit "Spicken"!

Das gehört zur Allgemeinbildung der älteren Generation, die ihre musikalische Grundausbildung beim AFN genossen haben.

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Ups
Dann gehöre ich wohl zur "älteren Generation", zumindest was AFN angeht.

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ha. ich habe auch an den selben song gedacht. das liegt vermutlich an unserem alter. :)
cooler spiderman übrigens :)

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