Donnerstag, 22. Oktober 2009
Picture Of You
Weder würde ich mich als Frauenrechtlerin bezeichnen, noch zur Gruppe der HaarspalterInnen zählen, die Endungen von Substantiven verklausulieren. Im Gegenteil. Werde ich nach meiner Berufsbezeichnung gefragt, gebe ich gerne die männliche Form an. Warum? Weil ich kann. Die besten Witze über Juden kommen beispielsweise aus den eigenen Reihen. Da bin ich die Letzte, die auf politisch korrekte Formulierungen pocht.

Es gibt allerdings eine Ausnahme. Ein Wort, das bei mir innere Gefechtsstellung auslöst, ist Frauenzeitschrift. Einst eine wertfreie Konnotation, bedient dieser Ausdruck heute das Stereotyp Frau = Aussehen/Äusserlichkeit = niedriger Intellekt = Fotos gucken. Zeitschriften, die unter diesen Sammelbegriff fallen, werden von meinem Kundenkreis auch gerne 'was Leichtes', 'Klatsch&Tratsch' oder 'Promischau' genannt. Das Erstaunliche an der Sache ist aber, dass in meiner persönlichen Erhebung mehr Männer als Frauen nach sogenannten Frauenzeitschriften verlangen.

Schlaumeier könnten jetzt behaupten, es flögen ja auch mehr Männer als Frauen, weswegen ich das im Kopf mal prozentual überschlagen und ins Verhältnis gesetzt habe. Demnach sind über die Hälfte aller Frauenzeitschriften lesende Fluggäste Männer. Der Rest ist weiblich und liest anspruchsvolle Titel bzw. längere Artikel mit wirtschaftlich oder politisch geprägtem Inhalt.

Gelegentlich entbrennen richtige Grabenkämpfe zwischen Krawattenträgern um das letzte Exemplar. Das Argument 'für meine Frau/Sekretärin/Mutter' wird dann schon mal um das adjektiv 'kranke' erweitert und so der Mitleidsbonus ins Spiel geworfen. Bei Bildchenliteratur wird auch ungern geteilt, denn so ein Foto kann unter Umständen das Gehirn einen ganzen Flug lange beschäftigen, während sich ein Artikel aus Buchstaben schnell dem Ende nähert. Dementsprechend groß die Enttäuschung, sollte man selbst bei der Verteilung nicht bedacht worden sein.

Wenn nun ein Kunde nach sog. Frauenzeitschriften verlangt, reiche ich gerne Wirtschaftsthemen mit dem Hinweis auf die Wünsche meiner weiblichen Kundschaft. Spätestens dann entgleisen schon mal die männlichen Gesichtszüge. Schnell wird ein '"also was mit Bildern" hinterhergeschoben, um Flugmutti zu besänftigen und das begehrte Blatt doch noch zu erhalten. Werde ich auf der nächsten Party nach meinem Beruf gefragt, antworte ich wahrheitsgemäß: "Ich bin in der Erwachsenenbildung tätig."

... comment

 
Brillanter Logiker

... link  


... comment
 
Lach, solche Antworten wie im letzten Absatz liebe ich!
Das ist cool!

... link  


... comment
 
seitdem dieser eintrag da ist, fuehle ich ein kribbeln in den fingern, das mit den endungen und der kultur und der gewalt durch sprache und dem feminismus mal zu kommentieren. mach ich aber nicht, sonst kriege ich nur wieder schnappatmung, und damit ist ja nun auch niemandem geholfen. ich sage mal soviel: ich gehoere nicht zu der gruppe weiblicher linguistinnen, die gerne den buergerInnensteig einfuehren wollte. vor ein paar jahren habe ich mal senta troemel-ploetz interviewt, was in hohem masse frustrierend war. nicht alle haben die entwicklungen der letzten 40 jahre mitgekriegt. damit will ich nicht sagen, dass maenner und frauen inzwischen auch inoffiziell gleichberechtigt sind, aber ihre damalige angst, ich koennte z.b. keinen doktorvater finden (oder sollte ich sagen doktrixvater? so eine kenne ich naemlich auch, die nennt ihren titel doktrixtitel, hat auch vor vielen jahren eine magistraarbeit geschrieben), fand ich ein bisschen albern. das war auch alles nicht das problem. aber ein nicht ganz so einfach zu loesendes problem scheint dann aufzutreten, wenn man ploetzlich beebies kriegt und die hormone einem beibringen, dass kinderbetreuung etc. mindestens so wichtig sind wie karriere. dann hat man naemlich den salat. natuerlich kann man (vielleicht, je nachdem) wieder voll einsteigen und rumfliegen und lange kaffeetrinkend im buero sitzen. waere gegangen. haette ich fuer meinen teil aber jetzt gar nicht so gewollt. ich bin ein klotz am bein des feminismus. so.

... link  

 
Because she can
Wow, Frau Herzbruch, da haben Sie sich aber wirklich zusammengerissen, hier nix zu schreiben. Und dieses Nix ist dann auch noch so schlüssig und zukunftsweisend. Ich denke, der Feminismus hat sein Ziel nicht damit erreicht, dass jede Frau oder Mutter in einer Führungsposition sitzt, sondern wenn sie wählen kann. Denn erst dann stimmt der Satz: "Yes Because we can."

... link  


... comment