Mittwoch, 16. Oktober 2019
Coming Home II
Der Countdown läuft. Im Zuge der 5000 habe ich bereits ein bisschen über meine Gäste (Kommentierende) geschrieben. Heute und über die nächsten 38 Tage möchte ich ein paar hervorheben und - natürlich sehr subjektiv - erklären, wieso ich bei ihnen ebenfalls gerne zu Gast bin. Das hat übrigens durchaus Potenzial für ein sogenanntes Bloggerstöckchen.


Foto: Gaga 2008

Gaga ist nicht nur eine hervorragende Fotografin, sie versteht es auch wie keine andere, sich selbst mit Wort & Bild in Szene zu setzen. Doch der virtuelle Eindruck täuscht. Sie ist keine Egozentrikerin, keine Selbstdarstellerin im herkömmlichen Sinne. Gaga drückt einfach nur aus, was sie denkt und fühlt. In echt wirkt sie zurückhaltend, fast ein wenig schüchtern und beherrscht die hohe Kunst der Hintergrunddominanz - eine Fertigkeit, die guten Fotografierenden gemein ist.

So Gaga wie ihr Name prophezeit, ist sie gar nicht. Ab und zu macht sie lustige Sachen, wie beispielsweise Stummfilme drehen oder in einer Radiosendung auftreten, Literarisches vortragen oder MRT Selfies veröffentlichen. Sie hat - wie ich - einen Faible für Grande Dames. So ehrte Sie Brigitte Bardot zu deren Geburtstag oder schrieb über Hildegard Knef und die, die sie persönlich kennengelernt hat. Es gibt aber auch andere Serien, in denen sie nur über alltägliche Begebenheiten schreibt - so im Goldenen Notizbuch.

Ich schätze die offene und ehrliche Weise in der sie schreibt. Manchmal entstehen daraus längere Unterhaltungen, in denen wir meist stark vom Thema abschweifen. Dann sitze ich daheim und warte auf eine Antwort hier oder bei ihr drüben, die nie lange auf sich warten lässt. Das ist ein bisschen wie zeitverzögertes Telefonieren, bei dem wir öffentlich abgehört werden, weil sich nie jemand anderer beteiligt. Und manchmal denke ich, wir sollten wirklich richtig miteinander sprechen, denn ich mag auch ihre dunkle, warme Stimme.

Seit gestern weiß ich nicht, ob da ein naher Verwandter gestorben ist oder die Ankündigung von Nick Caves Requiem nur dem Künstler huldigt. Ich möchte ungern stören, zumal ich keine Kontaktdaten mehr habe. Irgendwann werden wir aber unsere Unterhaltung fortsetzen, da bin ich sicher.

tbc.

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...ich will doch gar nicht immer zuerst kommentieren - - - aber deine letzten Gedanken muss ich ganz schnell aufklären, der Hinweis zu Nick Caves Meisterwerk, diesem Requiem für seinen Sohn - ich fühle tief mit ihm. Mir ist seit 2014 (als mein Neffe in einem Fluß ertrank) kein ganz eng familiär nahestehender Mensch mehr gestorben.

Mich hat dieses Requiem so sehr ergriffen, mir fehlen die Worte. Wenn man nahestehende Menschen zu betrauern hat, trauert man auch noch Jahre und Jahrzehnte danach. Ich musste weinen, als ich es hörte. Diese Musik ist so tief ergreifend und ewig, ich kann es nur ans Herz legen.

Und deine vorangehenden Worte ergreifen mich auch sehr. Ich habe mich von dir immer verstanden und gesehen gefühlt. Sehr gewürdigt. Denn Würdigung ist in dieser virtuellen Dimension ein verständiger Kommentar, unendlich mehr wert, als ein hastiger Like-Klick. Dafür danke ich dir sehr. Ich hoffe, denke, du weißt, dass ich nie aus Höflichkeit oder Opportunismus irgendwo kommentiere (tatsächlich genießt du eine exclusive Dichte, ich kommentiere insgesamt sehr wenig). Die Kommentare bei dir werden deshalb oft länger, weil ich vorher viel nachgedacht habe, oder währenddessen.... und so geht es dir vielleicht auch bei mir. Ich bin total gerührt über deinen Eintrag, weil er mir ungefähr so viel bedeutet, wie irgendwelche Blogger-Awards, für die ich nie in Betracht gezogen wurde, in den vielen Jahren des Schreibens. Und du glaube ich auch nicht. Aber wir schreiben ja auch nicht für einen Award, sondern weil wir es dringend brauchen, auf diesem Weg die Gefühle und Gedanken ein wenig zu ordnen.

Ich stoße jetzt in Gedanken mit dir an. Auf all das geschriebene Herzblut, das vergangene und das kommende.

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ping pong

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Erstkommentatorin
...das darfst Du hier immer gerne sein. Manchmal ist es schwer, den Anfang zu machen. Mir ist zu Ohren gekommen, dass sich der ein oder andere hier mit der Anmeldung schwer tut. Und ich schätze Deine Verlässlichkeit. Sehr.
Ja, wir haben wirklich viele Gedankengänge gemein, obwohl oder gerade weil sich daraus viele neue Stränge entwickeln. Wie Weggabelungen, an denen man sich entscheiden muss, dann aber nicht mehr zurückläuft. Wie Leben. Da gehört auch Trauer dazu. Requien haben mich auch schon immer gepackt - vielleicht weil ich so viel um und mit anderen Menschen getrauert habe. Das berührt einen ganz tiefen, archaischen Punkt im Inneren. Dazu gehört für mich immer auch Musik, die mehr auszudrücken vermag als Worte. Ich finde Lisa Gerrard in dem Zusammenhang auch sehr schön. Sanvean ist eine ganz dringende Empfehlung - hier schon mal gepostet.

Abgesehen davon würde mir noch so vieles einfallen, was ich über Dich schreiben könnte. Und immer habe ich dabei Deine Stimme im Kopf, nicht nur warm, sondern auch leise, dabei aber immer deutlich. Weißt Du noch, als das Foto oben entstand? Wir waren zusammen im Literaturcafé. Es war ein warmer Frühsommertag und ich habe einen Stift in meiner Tasche gesucht. Was ich damit geschrieben habe? Vermutlich eine Telefonnummer notiert. Das Armband und die Bluse aus Shanghai. Du hattest einen schwarzen Mantel an. Ein bisschen zu warm für die Temperaturen aber das Styling war durchdacht. Wie auch vieles andere spontan scheint aber im Nachhinein wie geplant wirkt.

Zum pingpong schreibe ich drüben. Ich muss sich das ein bisschen setzen lassen.

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Ja, ich erinnere unsere Begegnung im Literaturcafé sehr gut. Es muss am 18. oder 19. Juni 2008 gewesen. ich glaube ich kam aus der Newton Foundation, wo Helmut Newtons Witwe gerade eine Pressekonferenz gegeben hatte, oder es war der Tag der Ausstellungseröffnung von "Pigozzi and the Paparazzi" dort, vorher. Und wir trafen uns dazwischen, es war sehr schönes Wetter, wir saßen draußen.

Ich habe das Requiem, das du verlinkt hast, gerade gehört. Die tiefste Motivation und der stärkste Drang muss für einen Komponisten, den ein eigener Verlust bewegt, sein, die Essenz der Hoffnung auf ewiges Leben und tröstliche Vollendung des verlorenen Wesens in einer anderen Dimension von Existenz einzufangen. Eine Musik, die man nur im Paradies vermutet, die tiefste Beseeltheit, etwas Ultimatives, in jeder Hinsicht. Ich vermute, dass es in allen bekannten Requien diese Momente gibt, ich finde sie in allen, die ich bislang kenne.

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Mir fallen bei Requien immer sofort die Kindertotenlieder von Mahler ein. Am liebsten habe ich die von Kathleen Ferrier gesungene Version. Aber auch andere wie die von Verdi - sehr laut gespielt - drücken verschiedene Aspekte von Trauer gut aus. Ich denke dabei an die Wut, die man empfinden kann und die Wucht, mit der einen alle Gefühle gleichzeitig treffen und überwältigen. Das Requiem von Nick möchte ich gerade nicht hören aber irgendwann ist mir sicher danach.

So ist das mit den Erinnerungen. Manchmal weiß man nichts mehr über das Treffen selbst und erinnert sich nur noch an die Gefühle. Das warme Wetter, angenehme Gesellschaft und eine gute Unterhaltung. Sowas spiegelt sich dann in einem aus der Hüfte geschossenen Bild wieder.

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Gaga mag ich auch sehr. unter anderem aus den von Ihnen genannten Gründen.

Das erste, was mir immer einfällt, wenn ich an sie denke ist ihr strahlendes Gesicht und ihr Lachen. Dabei ist es jetzt schon zwölf Jahre her, dass ich sie traf.

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Ja, das Lachen, da strahlt sie komplett. Es gibt auch Fotos, die so eine Erinnerung lebendig halten.

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<3 <3 ...was wollt ihr trinken? Ich spendiere eine Magnum Dom Perignon (wenn ich mal reich und berühmt bin)!

Eine ganz arg schöne Idee, Menschen lobzuhudeln, wenn sie noch nicht im Sarg liegen und mittrinken können! Wie oft hat man sich schon gewünscht, Mäuschen bei der eigenen Beerdigung zu sein. Der letzte Satz "Es gibt auch Fotos, die so eine Erinnerung lebendig halten." hat eine ganz starke Nachruf-Qualität, gefällt mir total gut. Eines meiner Lebensziele für das letzte Lebensdrittel (von -hälfte zu sprechen erscheint mir dann doch arg ambitioniert) ist, mich mit noch größerer Dichte in Situationen zu bringen, die mich mindestens lächeln, idealerweise auch gerne lachen lassen. Das ist so ein tolles Workout für die Gesichtsmuskulatur in der unteren Gesichtshälfte. Die Muskulatur wird gestärkt und leicht angehoben, die Marionettenfalten ausgemerzt. Ich habe auf jeden Fall vor, mir meine Eitelkeit zu erhalten, aus Rücksicht auf meine Zeitgenossen, die mich ja von außen sehen. Quasi aus sozialem Verantwortungsbewußtsein und auch einem Quentchen Demut. Sparsamkeit spielt auch eine Rolle, ich kann mir den Chirurgen von Sophia Loren nicht leisten. Also noch nicht!

Wenn ich es so auf mich wirken lasse, hätte ich auch Lust auf ein Seniorenblogger-Treffen. Im Modelgeschäft gehört man ja bereits ab 35 in die Seniorenkategorie, daher könnte wir da gerade mal so mitmachen. Die sittliche Reife wäre sicher auch vorhanden. Zum Beispiel im Tantris in München, wo sich ja sicher auch nur Leute über 35 aufhalten. Oder im Grill Royal in Berlin. Oder oder oder...!!!

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Aber im Tantris müssen wir essen. Dann doch lieber irgendwo mit Stil trinken.

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geht nicht Beides? Also Alles: im Tantris essen und trinken und anschließend woanders - natürlich mit Stil - weitertrinken? Das gute Essen soll ja auch runterrutschen! Ich war da noch nie, aber es interessiert mich, weil ich mich doch für Ikonen erwärme!

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Für Ikonengucken muss man woanders hin. Da bin ich aber nicht so firm, überhaupt bin ich so fast gar nicht abends unterwegs. Das Münchner Publikum langweilt mich und Essen gehe ich nur ganz, ganz selten und nur in guter Gesellschaft. Deswegen weiß ich auch nicht, was für eine Location in der Bussiszene gerade angesagt ist. Möglicherweise im Schumanns, das war lange der Szenetreff.

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Ich verstehe in meiner kleinen Anmerkung das Restaurant mit seiner Siebziger-Jahre-Innenarchitektur und seiner Geschichte als die Ikone, nicht die eventuell vereinzelt vorhandenen Gäste mit Ikonen-Status. Fallen mir auch gar nicht so viele prominente Münchner Bewohner ein, mit denen ich gerne einen Abend im Restaurant verbrächte. Senta Berger wäre charmant am Nebentisch. Dann bin ich schon am Ende mit meinem Latein! Für mich gibt es einige Lokale, Häuser, Bauwerke, geschichtsträchtige Orte, die ich als "Ikone" bezeichne. Das Schumanns ist wahrscheinlich auch eine, da war ich auch noch nie.

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