Montag, 21. März 2022
Freedom III
Kommen wir zum hässlichen Cliffhanger am Ende vom letzten Eintrag und zu dem, was ich in meiner blogfreien Zeit so getrieben habe. Der Grund für mein Schweigen war simpel: ich hatte weder Zeit noch Interesse am Schreiben. Denn wenn ich mich für ein Thema interessiere, lasse ich mich so sehr darauf ein, dass daneben nur noch die nötigen Pflichten stattfinden. Ist meine Neugier einmal geweckt, bestimmt dieses Thema meinen kompletten Tagesablauf sowie die Nacht. So war's beim Tauchen und auch beim Tanzen. Ich lese und träume davon, ich atme das Thema. Andere nennen es Hobby, was bei mir irres Lachen auslöst und sich eher wie Obsession gestaltet. Ich bin besessen davon, alles in möglichst kurzer Zeit über das zu wissen und zu erfahren, was mich so fasziniert. Also am eigenen Leib erfahren im Sinne von erleben. Denn, machen wir uns nichts vor, in der Theorie ist so Manches anders als in der Praxis.

Da war also diese Beziehung, die für mich einerseits völlig neue Dimensionen eröffnete und mich andererseits alles an Kraft gekostet hat, die ich brauchte, um mein Leben funktionieren zu lassen. Natürlich fiel die Begegnung auf fruchtbaren Boden, denn ich hatte mich bereits mit neuen Denkrichtungen auseinandergesetzt. Eine davon war die Beobachtung meiner Reaktionsschemata, speziell was die schnelle Bewertung von Erlebtem betrifft - sei es im Zusammenhang mit anderen Menschen oder mit Situationen, mit der Betrachtungsweise meiner Umwelt oder mir selbst. Hintergrund war mein Bestreben, mich von einem rein reagierenden Wesen in ein differenzierteres zu verwandeln. Warum mich etwas wütend macht, kann ich zwar im Nachhinein erforschen aber direkt alles klein schlagen und hinterher auch noch darüber sinnieren müssen, wie ich das wieder hinbiege, schien mir nicht sehr sinnvoll. Ich wollte zu reagieren vermeiden und ein sehr weiser und gefasster Mensch werden. Dafür schien es mir unumgänglich, den Impuls der Wertung nicht nur zu hinterfragen, sondern ihn auch bewusst zu beobachten. Unterlassen geht nicht aber zumindest erkennen, dass mein Instinkt etwas als schlecht oder bedrohlich eingeordnet hat und es möglicherweise auch anders sein könnte. Es geht also darum, für die entgegengesetzte Seite im Polaritätsspektrum offen zu sein.

Auftritt des Mannes, der erst mal offen und neugierig für jegliche neue Erfahrungen ist und nicht wertet. Zudem ist er sehr gutaussehend und durchtrainiert - eine äusserst verlockende Mischung für mich. Natürlich erliege ich der Versuchung, obwohl ich innerhalb kürzester Zeit weiß, dass da nichts zu mir passt, weder zu meinem Bedürfnis nach Zweisamkeit noch zu meiner intellektuellen Auseinandersetzung mit der Welt. Da ich auch alleine nachdenken kann, im Gegenzug Sex aber sehr schnell alleine langweilig wird, entscheide ich, mich auf den Mann einzulassen. Es beginnt sowohl ein Feuerwerk körperlicher Lust als auch seelischer Leiden, denn so hoch mich diese Verbindung in seiner Anwesenheit katapultiert, so tief falle ich in den Tagen und Wochen danach. Es beginnt ein Kreislauf, der Ähnlichkeit zur Abhängigkeit aufweist. Als ich das erkenne, beginne ich mich davon loszusagen. Doch jedes Mal nach einer gemeinsamen Nacht bin ich wieder bei null. Irgendwann so nach etwa drei bis vier Jahren ziehe ich meine Konsequenzen und einen Schlussstrich, fange aber gleichzeitig wieder zu rauchen an. In einem der vielen Tränentäler beschließe ich nur noch das zu tun, was mir gut tut. Also höre ich mit dem Rauchen auf und verabrede mich mit dem Mann auf ein Stelldichein. Wir klären die Fronten, vermeiden seelische Verletzungen - das braucht viel Ehrlichkeit mit mir selbst - wie auch Besitzansprüche und unterlassen Definitionen für unsere gelegentlichen Treffen. Das handhaben wir übrigens bis heute so.

In der Aufarbeitung wird mir klar, dass ich nicht auf das verzichten möchte, was der Mann an Begehrlichkeiten in mir geweckt hat. Nur wo finde ich einen, der sich nicht im Schema F bewegt, der sich mit mehr als der Befriedigung seiner Bedürfnisse auseinandersetzt - beispielsweise mit Orgasmuskontrolle - und auch an ungewöhnlichen Vorlieben Interesse zeigt? Die meisten spalten sich in zwei Fraktionen auf, die mich beide in ihrer Reinform eher abstoßen. Eine Fraktion sind die Tantriker, die ohne das korrekte ätherische Öl und das richtige Räucherstäbchen nicht kommen können. Die andere sind die Typen aus der BDSM Szene. Auch da finde ich mich zunächst nicht wieder, denn schließlich will ich mich nicht auspeitschen lassen, sondern nur bestimmen wo's lang geht.

Bei meiner Internetrecherche stoße ich auf einen Swingerclub - eigentlich überhaupt nicht mein Ding. Die Schilderung der Autorin ihres ersten Besuches dort macht mich aber neugierig. Und so nehmen die Dinge ihren Lauf (tbc)

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