Mittwoch, 25. März 2020
Rückholaktionen
frau klugscheisser, 09:05h
Derzeit ist es am Flughafen stiller als sonst. Natürlich abgesehen von dem Moment, wo ein sogenannter Rückholerflug ankommt. Dann strömen Menschenmassen in Richtung Passkontrolle und wundern sich über die Schilder, auf denen um Abstand gebeten wird. Vielen der Zurückgeflogenen ist nämlich die Situation nicht präsent, die sich innerhalb einer Woche so eklatant verändert hat. Sie waren im Urlaub in fernen Ländern, haben vielleicht gelegentlich etwas in den Nachrichten oder der Zeitung über den Virus gelesen und dabei vom Cocktail am Strand genippt. Alles schien sehr weit weg, so weit, wie für unsereins eine Naturkatastrophe oder eine kriegerische Auseinandersetzung auf einem anderen Kontinent weg ist, während wir auf dem heimischen Sofa sitzen. Wir sind kurz betroffen aber dann vergessen wir die Dinge wieder. Zur Kontrolle fragen Sie sich mal, wie sehr im Angesicht der Ausgangsbeschränkungen die derzeitige Flüchtlingssituation auf Lesbos noch präsent ist.
Und dann werden sie plötzlich vom Reiseveranstalter kontaktiert, der Ihnen mitteilt, dass die Hotels und Grenzen bald geschlossen sind und sie sich schleunigst mitsamt ihrer Klamotten auf den Weg zum Flughafen machen sollen. Dort wartet ein Flugzeug des auswärtigen Amtes, das sie nach Frankfurt bringen wird. An dieser Stelle entstehen die ersten Fragen, denn Lieschen Müller wohnt mit ihrem Mann Heinz in der Nähe von Düsseldorf, von wo sie sich vor zwei Wochen mit Hilfe eines super Sparangebotes auf den Weg in die DomRep machten und dahin auch wieder zurück möchten. Jetzt soll ihre Reise aber in Frankfurt zu Ende sein. Wer zahlt denn dann das Bahnticket und überhaupt müssen sie ja dann die Koffer selbst schleppen und für Getränke am Bahnhof teures Geld zahlen und was ist mit der schönen letzten Woche, die sie mit ihrem Mann am Pool nochmals so richtig an Bräune nachlegen wollte? Nein, das lassen sie sich nicht so einfach gefallen. Heinz Müller steht auch schon mit rotem Kopf an der Rezeption und verlangt stimmgewaltig einen Kontakt zur örtlichen Reiseleitung, um seine Meinung mal in aller Deutlichkeit zu äussern. Das wiederholt er danach noch ein paarmal mit anderen Ansprechpartnern, unter anderem der am Eingang der Condormaschine stehenden Stewardess.
Lieschen und Heinz Müller ist der Ernst der Lage nicht bewußt. Damit sind sie kein Einzelfall, denn auch Oberstudienrat Möllenkamp findet sich dicht gedrängt neben Gattin und einer unbekannten Familie sitzend in der Economyklasse wieder, obwohl er einen Rückflug in der Premiumklasse gebucht hatte. Hinter ihm schreit ein Kind und seine Gattin schnieft wegen ihrer Hundehaarallergie mit Blick auf einen aus der Tasche lugenden Hund drei Plätze weiter indigniert in ihr sorgsam gefaltetes Taschentuch. Diese Zustände sind unzumutbar und unwürdig, findet er, schließlich habe man sich durch viel Geld vor Kontakt zum gemeinen Volk schützen wollen und bei seinem Vorhaben kommt ihm die allgemeine Virenangst sehr gelegen. Er knipst ein paar Fotos und filmt kurz mit der Handykamera über die Reihen, weil man ja Beweismaterial braucht. Möglicherweise kann das einem Bekannten vom Fernsehen zuspielen werden, um seinem Ärger Nachdruck zu verleihen. Die Jungesellenpartygruppe findet es im Gegensatz dazu nicht schlimm, so eng zu sitzen. Viel schlimmer finden die Männer, dass sie kein Bier bekommen. Einer bestellt einen Whiskey und fragt den zuständigen Flugbegleiter, wo denn hier die Weiber blieben. Die anderen verfallen in grölendes Gelächter, während sich der Flugbegleiter beschämt in die Galley zurückzieht, um seinen drei männlichen Kollegen davon zu berichten.
Er und seine Kollegen wurden auf diesen Flug eingeteilt. Am Vortag erschien morgens überraschend die Nummer vom Einsatz auf dem Display, denn der Flug war erst 12 Stunden vor Abflug vom auswärtigen Amt bestellt worden. So setzten sie sich - jeder für sich - in's Auto und fuhren zum Flughafen, um zwei Stunden später in einem leeren Passagierflugzeug Richtung Punta Cana abzuheben. Die Nacht verbrachten sie in einem Hotel am Flughafen. Auch hier Ausgangssperre, Kontaktverbot selbst untereinander, und zum Rauchen durfte man nur einzeln vor die Türe. Mahlzeit gab es ebenfalls keine bei der Ankunft, denn für so wenige Gäste brauche man - so das Management - keinen late night Zimmerservice mehr. Dafür bekamen sie Frühstück auf's Zimmer. Ein abgepackter Joghurt, eine Scheibe Knäckebrot und eine Orange, dazu eine Tasse Instantkaffee. Auch fernab von der Heimat spürt er deutlich die derzeitige Krisensituation. Was sie gleich beim Rückflug erwarten würde, darüber hatten sie von anderen Kollegen bereits gehört oder gelesen. Jetzt, wo Kommunikationskanäle wichtiger denn je sind, tauschen sich viele in Foren oder Gruppen innerhalb sozialer Medien aus. Dort war die Rede von dankbaren Passagieren und davon, dass sie vereinzelt als Helden gefeiert würden. Was sich ihnen auf diesem Flug bietet, ist das genaue Gegenteil.
Die Partygruppe wundert sich zwar über die Gesichtsmasken und Handschuhe tragende Besatzung, doch so richtig geht die Stimmung erst in den Keller, als kein Nachschub an alkoholischen Getränken mehr zu erwarten ist. Stattdessen werden Wasserflaschen und eine kalte Snackbox gereicht. Sowas kennt man nicht von renomierten Fluggesellschaften, bei denen man doch zumindest eine warme Mahlzeit mit Spezialzubereitung für Laktose-, Gluten- und religionsbedingt Intolerante erwarten könnte. Am Flughafen Frankfurt morgens angekommen muss auch Oberstudienrat Möllenkamp Dampf ablassen, als er von der Dame hinter dem Serviceschalter ein Bahnticket in Aussicht gestellt bekommt. Zumindest kann er für sich und seine Gattin ein Flugticket nach Berlin herausschlagen. Das Video von diesem Flug wird die Öffentlichkeit ein paar Stunden später in einem ZDF Bericht zu sehen bekommen und sich über die nicht eingehaltene Abstandsregelung aufregen.
Was ich hier exemplarisch schildere, ist - abgesehen von Namen und Fluggesellschaft - tatsächlich so geschehen. Während Supermarktangestellte und Polizei in der Öffentlichkeit gefeiert werden, müssen wir Flugangestellte mit unterschiedlichsten Reaktionen rechnen. Vielleicht haben Sie auch das Video im ZDF Journal gesehen. Es entstand - laut ZDF Redaktion - am 23.3. auf dem Flug LH186 von Frankfurt nach Berlin. Dann denken Sie bitte auch an Gegebenheiten wie beispielsweise Durchführbarkeit und Kostenfaktoren eines Fluges. Und vergessen Sie die Angestellten nicht, die in dieser Zeit weder ihre Arbeitsstelle noch sich gefährden möchten. Was wir möchten, ist, Sie wieder gut heimzubringen. Die Alternative hierzu wäre, auf unbestimmte Zeit im Ausland in Quarantäne zu sitzen. Dann sind aber auch dort Hotels, Pools und Geschäfte geschlossen, der Strandspaziergang verboten und die Massenunterkunft noch enger und unbequemer als ein Heimflug auf der Chartermaschine des auswärtigen Amts. In Anbetracht der Umstände ist das Wie dann erst mal zweitrangig. Wir verstehen ihren Ärger. Weil wir aber auch Menschen mit Ängsten und Sorgen sind, freuen wir uns, als solche wahrgenommen zu werden. Und das nicht erst in Krisenzeiten. Wir erwarten kein Lob aber ein wenig Verhältnismäßigkeit und menschliche Reife würden wir schon gerne voraussetzen können.
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Donnerstag, 19. März 2020
Wishful Thinking
frau klugscheisser, 09:37h
Anfang März wünschte ich mir einen sanften Einstieg zurück in die Fliegerwelt. Die Entzündung machte mir noch zu schaffen und meine Chefin willigte ein, mit mir gemeinsam aus Urlaub und Schulungstagen einen machbaren Einsatzplan zu basteln. Seit heute ist der Flugbetrieb aus München eingestellt und ich bin noch kein einziges Mal geflogen. Ergo: be careful what you wish for oder der Unterschied zwischen Korrelation und Kausalität praktisch erklärt.
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Donnerstag, 12. März 2020
Vom Fliegen und Ratlosigkeit
frau klugscheisser, 21:01h
Die Ereignisse überschlagen sich. Aufgrund der Corona-Pandemie dürfen Deutsche nicht mehr in die USA und Indien einreisen. Flüge nach China sind gestrichen, noch werden aber vereinzelte nach Hongkong durchgeführt. Jetzt gibt es nicht mehr viele Routen für uns Airlineangestellte, zumal mit weiteren Restriktionen zu rechnen ist.
Selbst bin ich lange nicht geflogen. Mein Wiedereinstieg gestaltet sich langsam, da ich zunächst einmal neu durchgeschult werden muss, Lizenzen und Wissen erneuern, Tests absolvieren, das ganze Brimborium halt, das normalerweise sukzessiv über das laufende Jahr verteilt absolviert wird. Zwei Hürden habe ich bereits, darunter auch die größte, die Flugtauglichkeit. Die ist Grundvoraussetzung für meine Tätigkeit an Bord, denn ich soll bei allen auftretenden Eventualitäten körperlich adäquat reagieren können. Auch nach vielen Stunden Stehen und Gehen muss ich möglicherweise noch rennen, über Hindernisse steigen oder kriechen und hocken können. Das testet der Flugarzt aber nicht, vielmehr muss ich es selbst einschätzen.
Das lange Stehen macht mir keine Sorgen, wohl aber die nicht mehr passende Uniform und die fehlenden Flüge. Wie soll ich arbeiten, wenn es kaum mehr Menschen gibt, die transportiert werden wollen? Das Szenario ist nicht ganz neu und in dieser Form bereits 2001 während der Ereignisse vom 11. September, sowie 2003 bei der SARS Krise erlebt. Mitarbeiter in der Probezeit und solche in Ausbildung werden nicht übernommen, andere werden in den Urlaub geschickt oder nehmen freiwillig die unbezahlte Variante. Die Krisenpläne liegen längst nicht mehr in der Schublade, denn der Cashflow muss unter diesen Umständen unterbrochen und das Geld im Unternehmen gehalten werden. Wir alle kennen die Auswirkungen aus den Nachrichten. Was wir dort nicht sehen, ist die menschliche Seite.
Ich sehe die jungen und nicht mehr ganz so jungen Lehrgangsabsolvierenden, wie sie adrett in ihren Uniformen über das Schulungsgelände laufen. Es wird gelächelt, weil man gewohnt ist zu lächeln, weil man deshalb ausgewählt wurde. Doch was in den Köpfen vorgeht, kann nicht weggelächelt werden. Da ist der junge Mann, der eine andere Arbeitsstelle kündigte, eine teure Wohnung in München angemietet hat und nun mit der Aussage leben muss, er würde bis auf Weiteres keinen Arbeitsvertrag bekommen. Da ist die Gruppe Chinesinnen, die ihre Heimat hinter sich ließen, nicht aber die Sorge um ihre zurückgebliebenen Familien und die dennoch jeden Tag für ein paar Stunden eine neue Sprache erlernen, die sie möglicherweise genauso schnell wieder verlernen werden. Da ist der Kapitän, der wegen staatlicher Auflagen vielleicht nicht mehr vom Dienst nach Wien heimkehren darf und die Copilotin, die wegen stündlicher Dienstplanänderungen nicht mehr weiß, wie sie eine lückenlose Kinderbetreuung organisieren soll - die Großeltern dürfen nicht mehr einspringen.
Einige resignieren, andere tun etwas, das wir immer wieder trainieren. Wir setzen uns nicht mit den Ängsten, sondern mit den Möglichkeiten auseinander. Wir sammeln Fakten, wägen ab, planen neu, entscheiden und überprüfen die Ergebnisse. Im Fachkreis heißt das Modell FORDEC - facts, options, risks, decision, execution, check. Die Alten und die, die aus Ländern mit weniger Stabilität kommen, kennen das, die Jüngeren sind davon zunächst überfordert. Panik entsteht durch fehlende Handlungsoptionen - egal ob sie tatsächlich fehlen oder nur als fehlend wahrgenommen werden. Ein kleiner Ausflug in die Psychologie untermauert meine These. Zum Stichwort Resilienz finden sich viele Untersuchungen, wie Menschen aus wesentlich auswegsloseren Situationen relativ unbeschadet hervorgingen. Wer aber zum ersten Mal mit derartigen Einschränkungen zu tun hat, der hyperventiliert erst mal eine Runde.
Letztlich wissen wir, dass es immer irgendwie weitergeht und nichts bleibt, wie es war. Kann ich auch leicht schreiben, weil ich ja schon ein bisschen Erfahrung gesammelt habe. Weil ich weiß, dass ich schon schwierigere Hürden genommen und Situationen gemeistert habe. Die jungen Kolleginnen und Kollegen wissen das aber nicht. Umso mehr würde ich sie gerade jetzt gerne an die Hand nehmen und ihnen das Schöne zeigen, das trotz aller Gefahr existiert. Die Beschleunigung beim Start, die Sonne über den Wolken und den Zusammenhalt, der durch die tadellosen Uniformen entsteht, die sie noch so stolz tragen. Ich hoffe sehr, dass ich in ein paar Monaten dem ein oder anderen auf der Strecke begegne. Und dann werde auch ich nach so vielen Jahren Fliegen wieder stolz sein.
Selbst bin ich lange nicht geflogen. Mein Wiedereinstieg gestaltet sich langsam, da ich zunächst einmal neu durchgeschult werden muss, Lizenzen und Wissen erneuern, Tests absolvieren, das ganze Brimborium halt, das normalerweise sukzessiv über das laufende Jahr verteilt absolviert wird. Zwei Hürden habe ich bereits, darunter auch die größte, die Flugtauglichkeit. Die ist Grundvoraussetzung für meine Tätigkeit an Bord, denn ich soll bei allen auftretenden Eventualitäten körperlich adäquat reagieren können. Auch nach vielen Stunden Stehen und Gehen muss ich möglicherweise noch rennen, über Hindernisse steigen oder kriechen und hocken können. Das testet der Flugarzt aber nicht, vielmehr muss ich es selbst einschätzen.
Das lange Stehen macht mir keine Sorgen, wohl aber die nicht mehr passende Uniform und die fehlenden Flüge. Wie soll ich arbeiten, wenn es kaum mehr Menschen gibt, die transportiert werden wollen? Das Szenario ist nicht ganz neu und in dieser Form bereits 2001 während der Ereignisse vom 11. September, sowie 2003 bei der SARS Krise erlebt. Mitarbeiter in der Probezeit und solche in Ausbildung werden nicht übernommen, andere werden in den Urlaub geschickt oder nehmen freiwillig die unbezahlte Variante. Die Krisenpläne liegen längst nicht mehr in der Schublade, denn der Cashflow muss unter diesen Umständen unterbrochen und das Geld im Unternehmen gehalten werden. Wir alle kennen die Auswirkungen aus den Nachrichten. Was wir dort nicht sehen, ist die menschliche Seite.
Ich sehe die jungen und nicht mehr ganz so jungen Lehrgangsabsolvierenden, wie sie adrett in ihren Uniformen über das Schulungsgelände laufen. Es wird gelächelt, weil man gewohnt ist zu lächeln, weil man deshalb ausgewählt wurde. Doch was in den Köpfen vorgeht, kann nicht weggelächelt werden. Da ist der junge Mann, der eine andere Arbeitsstelle kündigte, eine teure Wohnung in München angemietet hat und nun mit der Aussage leben muss, er würde bis auf Weiteres keinen Arbeitsvertrag bekommen. Da ist die Gruppe Chinesinnen, die ihre Heimat hinter sich ließen, nicht aber die Sorge um ihre zurückgebliebenen Familien und die dennoch jeden Tag für ein paar Stunden eine neue Sprache erlernen, die sie möglicherweise genauso schnell wieder verlernen werden. Da ist der Kapitän, der wegen staatlicher Auflagen vielleicht nicht mehr vom Dienst nach Wien heimkehren darf und die Copilotin, die wegen stündlicher Dienstplanänderungen nicht mehr weiß, wie sie eine lückenlose Kinderbetreuung organisieren soll - die Großeltern dürfen nicht mehr einspringen.
Einige resignieren, andere tun etwas, das wir immer wieder trainieren. Wir setzen uns nicht mit den Ängsten, sondern mit den Möglichkeiten auseinander. Wir sammeln Fakten, wägen ab, planen neu, entscheiden und überprüfen die Ergebnisse. Im Fachkreis heißt das Modell FORDEC - facts, options, risks, decision, execution, check. Die Alten und die, die aus Ländern mit weniger Stabilität kommen, kennen das, die Jüngeren sind davon zunächst überfordert. Panik entsteht durch fehlende Handlungsoptionen - egal ob sie tatsächlich fehlen oder nur als fehlend wahrgenommen werden. Ein kleiner Ausflug in die Psychologie untermauert meine These. Zum Stichwort Resilienz finden sich viele Untersuchungen, wie Menschen aus wesentlich auswegsloseren Situationen relativ unbeschadet hervorgingen. Wer aber zum ersten Mal mit derartigen Einschränkungen zu tun hat, der hyperventiliert erst mal eine Runde.
Letztlich wissen wir, dass es immer irgendwie weitergeht und nichts bleibt, wie es war. Kann ich auch leicht schreiben, weil ich ja schon ein bisschen Erfahrung gesammelt habe. Weil ich weiß, dass ich schon schwierigere Hürden genommen und Situationen gemeistert habe. Die jungen Kolleginnen und Kollegen wissen das aber nicht. Umso mehr würde ich sie gerade jetzt gerne an die Hand nehmen und ihnen das Schöne zeigen, das trotz aller Gefahr existiert. Die Beschleunigung beim Start, die Sonne über den Wolken und den Zusammenhalt, der durch die tadellosen Uniformen entsteht, die sie noch so stolz tragen. Ich hoffe sehr, dass ich in ein paar Monaten dem ein oder anderen auf der Strecke begegne. Und dann werde auch ich nach so vielen Jahren Fliegen wieder stolz sein.
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Dienstag, 8. Oktober 2019
Who Let The Dogs Out
frau klugscheisser, 22:52h
Da war diese ältere Dame mit dem Schäferhund - ein Servicehund offensichtlich, er trug ein Geschirr und hatte ein Zeugnis. Die Beiden sorgten bei allen Anwesenden für großen Aufruhr, denn der Hund war einerseits sehr groß und sollte andererseits in der Kabine reisen. Normalerweise werden Hunde dieser Größenordnung in speziellen Behältnissen im Frachtraum befördert. Das war auch der ursprüngliche Plan seiner Besitzerin. Doch Beförderungsvorschriften für die Größe des Behältnisses, das für den Hund laut Mitarbeitern zu klein war, machten diesen Plan zunichte. So tauchte er bei uns auf und sollte seinen Platz zu Füßen der Dame einnehmen, wofür er eigentlich auch zu groß schien. Die Dame war sehr aufgebracht, denn sie hatte von dieser Vorschrift an jenem Tag zum ersten Mal gehört, obwohl sie ihren Hund in der Vergangenheit doch schon öfter in selbigem Behältnis den Frachtverantwortlichen ohne weitere Einwände übergeben konnte. Eine gewisse Unsicherheit über die neue Beförderungssituation ließ sie noch aufgeregter sein, als sie ohnehin war.
Nun muss man wissen, dass auch die Beförderung in der Kabine strengen Regeln unterliegt. Während in anderen Ländern selbst Ponies zur emotionalen Unterstützung zu Füßen des hilfsbedürftigen Gastes liegen dürfen, beschränkt sich unser Recht auf Hunde und Katzen einer bestimmten Größe. Das liegt schlicht am Platzmangel und den Rechten weiterer, nebensitzender Passagiere. Dem Hund schien das alles herzlich egal zu sein. Er wirkte lethargisch und mehr um seine einknickenden Hinterläufe bemüht als um die Halterin, die sich selbst auf sein Geschirr zu stützen schien. Dies wiederum führte zu großer Aufruhr unter den Kolleginnen. So berichtete eine, der Hund wäre nicht in Ordnung, man solle doch das Tier von der Beförderung ausschließen und bitteschön dem Veterinär vorstellen, eine andere bat für eine Begutachtung ihre Erfahrung als Tierarztpraktikantin an, was nun wiederum mich staunend und ratlos zurückließ. Wie erklärt man besorgten Kolleginnen, dass der Beförderungsausschluß eines Servicehundes zur berechtigten Klage gegen die Firma führt? Wie erhält man das gute Arbeitsklima, wenn die allgemeine Verantwortung in erster Linie gegenüber den Passagieren gilt, nicht aber für mitgeführte Tiere?
Schließlich brachten wir das Tier in einer Mittelreihe auf dem Boden zum Liegen. Der Halterin standen dadurch drei Plätze zur Verfügung. Gelegentlich ragte jedoch ein Hinterlauf, der Schwanz und nach ein paar Stunden der komplette hintere Hund in den Gang. Ich versuchte vorsichtig aber erfolglos dieses Hintere wieder in die Reihe zu schieben, denn im dunklen Gang bildete es eine Stolperquelle. Zudem wollte ich Verletzungen des Hundes vermeiden. Das Tier war aber um so viel schwerer als ein Gepäckstück, es ließ sich nicht schieben und musste durch die Besitzerin per Zuruf wieder zum Nachrücken gebracht werden. Eine halbe Stunde lag es dann in der neuen Position. Wir besserten fortan halbstündig nach. Ein Passagier wäre mir in vergleichbarer Situation beim zweiten Mal wahrscheinlich an den Hals gesprungen, der Hund aber schien über alle Maßen geduldig.
Am Ende des Fluges informierte ich den Betreuungsdienst über die ungewöhnliche Situation. Der bereitgestellte Rollstuhl sei möglicherweise mehr für das Tier als die Dame, was den Herrn Betreuer wiederum ratlos zurückließ. Wie der Hund dann mit schwachen Hinterläufen zum Ausgang lief, wurde uns klar, dass es sich nicht um ein körperliches Gebrechen, sondern vielmehr um die Folgen der Narkose handelte. Das Tier war ja ursprünglich für den Transport im Frachtraum sediert worden. So klärten sich auf einen Schlag alle Fragen und Zweifel. Obwohl sich die Hündin bedingt durch Vorschriften für viele Stunden in einer recht misslichen Lage befand, hatte sie sich vorbildlich benommen. Zehn Stunden ohne Toilettengang, das soll erst mal ein anderer Fluggast nachmachen. Und ich empfand tiefes Mitgefühl, denn das Gangbild des Tieres glich zu diesem Zeitpunkt durch die eingeschränkte Benutzbarkeit der Hüftgelenke dem meinen doch mehr als gewöhnlich.
Nun muss man wissen, dass auch die Beförderung in der Kabine strengen Regeln unterliegt. Während in anderen Ländern selbst Ponies zur emotionalen Unterstützung zu Füßen des hilfsbedürftigen Gastes liegen dürfen, beschränkt sich unser Recht auf Hunde und Katzen einer bestimmten Größe. Das liegt schlicht am Platzmangel und den Rechten weiterer, nebensitzender Passagiere. Dem Hund schien das alles herzlich egal zu sein. Er wirkte lethargisch und mehr um seine einknickenden Hinterläufe bemüht als um die Halterin, die sich selbst auf sein Geschirr zu stützen schien. Dies wiederum führte zu großer Aufruhr unter den Kolleginnen. So berichtete eine, der Hund wäre nicht in Ordnung, man solle doch das Tier von der Beförderung ausschließen und bitteschön dem Veterinär vorstellen, eine andere bat für eine Begutachtung ihre Erfahrung als Tierarztpraktikantin an, was nun wiederum mich staunend und ratlos zurückließ. Wie erklärt man besorgten Kolleginnen, dass der Beförderungsausschluß eines Servicehundes zur berechtigten Klage gegen die Firma führt? Wie erhält man das gute Arbeitsklima, wenn die allgemeine Verantwortung in erster Linie gegenüber den Passagieren gilt, nicht aber für mitgeführte Tiere?
Schließlich brachten wir das Tier in einer Mittelreihe auf dem Boden zum Liegen. Der Halterin standen dadurch drei Plätze zur Verfügung. Gelegentlich ragte jedoch ein Hinterlauf, der Schwanz und nach ein paar Stunden der komplette hintere Hund in den Gang. Ich versuchte vorsichtig aber erfolglos dieses Hintere wieder in die Reihe zu schieben, denn im dunklen Gang bildete es eine Stolperquelle. Zudem wollte ich Verletzungen des Hundes vermeiden. Das Tier war aber um so viel schwerer als ein Gepäckstück, es ließ sich nicht schieben und musste durch die Besitzerin per Zuruf wieder zum Nachrücken gebracht werden. Eine halbe Stunde lag es dann in der neuen Position. Wir besserten fortan halbstündig nach. Ein Passagier wäre mir in vergleichbarer Situation beim zweiten Mal wahrscheinlich an den Hals gesprungen, der Hund aber schien über alle Maßen geduldig.
Am Ende des Fluges informierte ich den Betreuungsdienst über die ungewöhnliche Situation. Der bereitgestellte Rollstuhl sei möglicherweise mehr für das Tier als die Dame, was den Herrn Betreuer wiederum ratlos zurückließ. Wie der Hund dann mit schwachen Hinterläufen zum Ausgang lief, wurde uns klar, dass es sich nicht um ein körperliches Gebrechen, sondern vielmehr um die Folgen der Narkose handelte. Das Tier war ja ursprünglich für den Transport im Frachtraum sediert worden. So klärten sich auf einen Schlag alle Fragen und Zweifel. Obwohl sich die Hündin bedingt durch Vorschriften für viele Stunden in einer recht misslichen Lage befand, hatte sie sich vorbildlich benommen. Zehn Stunden ohne Toilettengang, das soll erst mal ein anderer Fluggast nachmachen. Und ich empfand tiefes Mitgefühl, denn das Gangbild des Tieres glich zu diesem Zeitpunkt durch die eingeschränkte Benutzbarkeit der Hüftgelenke dem meinen doch mehr als gewöhnlich.
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Mittwoch, 3. April 2013
Tempest in a Teapot
frau klugscheisser, 16:42h
Wenn ich von einem langen Flug heimkomme - vor allem von Nachtflügen oder solchen vor denen ich weniger als vier Stunden geschlafen habe - bin ich so dünnhäutig, dass sich meine sonstige Gelassenheit schon mal verabschiedet. Am nächsten Tag, wenn sich die Müdigkeit und Emotionalität gelegt hat, denke ich immer, wie seltsam es ist, dass ich mich an völlig unwichtigem Kram erhitzen kann. Da hilft auch die ganze Altersweisheit nix. Nur gut, dass ich es inzwischen einschätzen kann. Aushalten lautet da die Devise. Und vorsichtig abwägen, ob sich der Sturm im Wasserglas wirklich lohnt.
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Donnerstag, 8. Dezember 2011
Flying
frau klugscheisser, 22:45h
Zwischendurch mal was zum Schmunzeln
Der geübte Vielflieger (Anm.d.Red.: als solche bezeichnen sich gerne Menschen, die im Durchschnitt dreimal pro Jahr einen Charterflug buchen) hat natürlich sofort erkannt, dass die beiden falsch herum sitzen. Links sitzt nämlich der Kapitän (zu erkennen an 4 Ärmelstreifen) und rechts der Copilot (auch erster Offizier genannt).
Und so sieht das meistens aus, wenn ich überraschend das Cockpit betrete:
Der geübte Vielflieger (Anm.d.Red.: als solche bezeichnen sich gerne Menschen, die im Durchschnitt dreimal pro Jahr einen Charterflug buchen) hat natürlich sofort erkannt, dass die beiden falsch herum sitzen. Links sitzt nämlich der Kapitän (zu erkennen an 4 Ärmelstreifen) und rechts der Copilot (auch erster Offizier genannt).
Und so sieht das meistens aus, wenn ich überraschend das Cockpit betrete:
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Montag, 3. Januar 2011
Call Me
frau klugscheisser, 15:07h
Wer schon mal geflogen ist, kennt die Inneneinrichtung eines Flugzeuges. Ich meine nicht das, was sich hinter den vielen Klappen und Verschalungen befindet. Ich meine das, was einem normalen Passagier zugänglich ist. Wenn Sie gezwungen sind, zwei bis zwölf Stunden auf dem selben Sitz zu verbringen, beginnen Sie automatisch Ihre Umgebung zu erkunden. Spätestens nach einer Stunde Fliegen hat der gemeine Passagier auch das letzte Geheimnis diverser Sitzfunktionen gelüftet. Der gemeine Passagier stellt in der Regel viele Fragen, beispielsweise wann, wo und warum wir wohin fliegen. Über den korrekten Gebrauch der Frischluftdüse oder gar der kleinen Knöpfchen am Panel über den Köpfen bzw. in der Armlehne hat mich aber noch nie jemand gefragt. Denn Probieren geht bekanntlich über Studieren.
Jetzt ist es aber so, dass dieses kleine Knöpfchen mit dem Piktogramm einer Dame - wahlweise eines Männchens - bei Bedienung einen für den Passagier unhörbaren, für uns aber sehr durchdringenden Ton im Küchenbereich erzeugt. Dieser Ton wiederum erzeugt gelegentlich Mordgelüste, vor allem wenn sich viele verschiedene Passagiere hintereinander der Rufknopferkundung widmen oder bei der Lotterie 1 aus 238 am Indikatordisplay immer wieder dieselbe Sitznummer angezeigt wird. Das gibt kein Bingo. Ehrlich.
Aus aktuellem Anlaß hier eine Ausführung von Punkt 17 meiner Benimmregeln für den guten Passagier:
Wenn überhaupt, gibt es nur drei Gründe, den Rufknopf zu bedienen:
1. Sie sterben vermutlich in den nächsten 30 Sekunden
2. Ihr Sitznachbar stirbt vermutlich in den nächsten 30 Sekunden
3. Sie bemerken etwas, das sie davon überzeugt, dass wir alle vermutlich in den nächsten 30 Sekunden sterben werden
Sollten ihre Beweggründe für die Bedienung des Rufknopfes nicht unter den oben erwähnten aufgeführt sein, dann sehen sie bitte unbedingt davon ab. Danke für Ihr Verständnis.
Jetzt ist es aber so, dass dieses kleine Knöpfchen mit dem Piktogramm einer Dame - wahlweise eines Männchens - bei Bedienung einen für den Passagier unhörbaren, für uns aber sehr durchdringenden Ton im Küchenbereich erzeugt. Dieser Ton wiederum erzeugt gelegentlich Mordgelüste, vor allem wenn sich viele verschiedene Passagiere hintereinander der Rufknopferkundung widmen oder bei der Lotterie 1 aus 238 am Indikatordisplay immer wieder dieselbe Sitznummer angezeigt wird. Das gibt kein Bingo. Ehrlich.
Aus aktuellem Anlaß hier eine Ausführung von Punkt 17 meiner Benimmregeln für den guten Passagier:
Wenn überhaupt, gibt es nur drei Gründe, den Rufknopf zu bedienen:
1. Sie sterben vermutlich in den nächsten 30 Sekunden
2. Ihr Sitznachbar stirbt vermutlich in den nächsten 30 Sekunden
3. Sie bemerken etwas, das sie davon überzeugt, dass wir alle vermutlich in den nächsten 30 Sekunden sterben werden
Sollten ihre Beweggründe für die Bedienung des Rufknopfes nicht unter den oben erwähnten aufgeführt sein, dann sehen sie bitte unbedingt davon ab. Danke für Ihr Verständnis.
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Montag, 27. Dezember 2010
This Year to Save Me from Tears
frau klugscheisser, 19:49h
Weihnachten im Wetterdelirium. Verspätungen, falsche Prognosen, Eis&Schnee galore. Verzeihen Sie mir bitte, dass ich dieses Jahr nicht explizit auf das Fest der Liebe eingegangen bin. Erschöpfungszustände übertrumpfen kitschige Emotionen bei weitem. Gesungen habe ich für meine Passagiere trotzdem. Inbrünstig. Jetzt erst recht.
Der Trick dabei steckt im Detail. Erst mache ich die Ansage, dass keiner aufstehen dürfe, bevor die Maschine nicht zum Stillstand gekommen sei. Anschließend ertönt während des Rollens zur Parkposition mein Gesang via Lautsprecher über den Köpfen. Auf diese Weise kann keiner flüchten. Dem ein oder anderen hat estrotzdem auch dieses Jahr gefallen (Beifall und begeisterte Pfiffe aus der Kabine - ich meinte, sogar ein encore vernommen zu haben).
Der Trick dabei steckt im Detail. Erst mache ich die Ansage, dass keiner aufstehen dürfe, bevor die Maschine nicht zum Stillstand gekommen sei. Anschließend ertönt während des Rollens zur Parkposition mein Gesang via Lautsprecher über den Köpfen. Auf diese Weise kann keiner flüchten. Dem ein oder anderen hat es
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Montag, 20. September 2010
Paint it Black
frau klugscheisser, 13:10h
Noch eine kleine Bildergeschichte und ein schöner Zeitvertreib im Flug:
gefunden bei LADK.
Daselbst übrigens auch ein schöner Beitrag über die Landung im Hudson River (Sie erinnern sich?):
Dann kann ja nix mehr schief gehen.
gefunden bei LADK.
Daselbst übrigens auch ein schöner Beitrag über die Landung im Hudson River (Sie erinnern sich?):
Dann kann ja nix mehr schief gehen.
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Dienstag, 7. September 2010
Mighty Quinn
frau klugscheisser, 16:42h
Wenn der letzte Kräcker gegessen und alle Weine getestet, wenn sie alle Filme bereits gesehen und alle Toiletten benutzt, mit allen Umsitzenden Brüderschaft getrunken und vom Flugpersonal Galleyverbot bekommen haben. Wenn sie die Leuchtstreifen am Boden und die Stauräume über ihnen vermessen, die Fenster gezählt und die Funktion der Sitze en détail nachvollzogen haben, wenn ihnen dann auf ihrem nächsten Langstreckenflug immer noch langweilig ist, dann machen sie doch mal was Kreatives:
via SchinkenoderKäse
via SchinkenoderKäse
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