Samstag, 24. Juni 2006
In the middle of nowhere
frau klugscheisser, 15:24h
Schefferville ist ein kleiner gemütlicher Ort in Labrador, Neufundland. Viel ist da nicht los. Es gibt zwar einige Kneipen, ein paar Läden und einen Bahnhof aber am Abend werden die Bürgersteige hochgeklappt. Man kehrt müde von der täglichen Karibujagd zurück und will im Grunde lieber gemütlich vor dem Kaminfeuer einen letzten Whiskey genießen, als zu wilder Musik abtanzen. Im Sommer sieht man viele Mücken, im Winter einen Haufen Schnee. Die wichtigste Einrichtung Scheffervilles ist ein Flughafen. Man mag es kaum glauben aber es ist möglich, ein Flugticket nach Schefferville zu erwerben.
Es könnte allerdings auch sein, dass man diesen idyllischen Ort eher unfreiwillig aufsucht, dann nämlich, wenn der Pilot eines Großraumflugzeuges durch einen medizinischen oder technischen Notfall zu landen gezwungen ist. Immerhin hat man dann Glück, denn in Schefferville kann man shoppen oder wenigstens eine gemütliche Schlafstätte finden. Auf der Nordatlantikroute gibt es Orte, die so ungastlich zu sein scheinen, dass da nicht mal ein Hund tot überm Zaun hängen möchte. Da möchte ein Pilot auch nur ungern landen, nicht weil er die Annehmlichkeiten eines Vier-Sterne-Hotels nicht missen möchte, sondern weil er seinen Riesenbrummer nicht mehr ohne weiteres hochkriegt. So was verhagelt einem 340 Kapitän gehörig die Suppe, schließlich will er unbedingt im Anschluss den langen Bangkokumlauf antreten, den er requestet hat. Die Crew kommt ebenfalls ganz schlecht drauf, setzt man sie im Nirgendwo aus. Für Kabinenpersonal gehört zu einem ordentlichen Layover wenn schon kein Pool, so doch wenigstens die Möglichkeit einer gepflegten Massage oder Maniküre. Das ist das Mindeste, was man von einem ordentlichen Layover erwarten kann. Unschwer vorzustellen, dass auch bei Passagieren keine Urlaubsstimmung so richtig aufkommen mag.
Von diesen kleinen Orten gibt es unzählige. Ihre Erwähnung in der Literatur beschränkt sich auf Einträge der Kartographie und kleinen Punkten von Flugkarten, auf denen die Orte mit Zahlen versehen und durch Linien verbunden sind. Solche Flugkarten erinnern mich stark an die Burda Schnittmuster meiner Mutter. Eine Lieblingsbeschäftigung der Piloten scheint zu sein, bestimmte Linien mit Leuchtstiften nachzuzeichnen und so entstehende Figuren herauszuarbeiten. Anschließend könnte man abgetrennte Felder je nach Zahl mit gleicher Farbe ausfüllen. Ein derart beschäftigter Pilot müsste wenigstens nicht alle zwei Stunden von der Kabine gefüttert werden, doch spart die Firma mit verfügbaren Farben und somit mal wieder am falschen Ort.
Kommen wir zurück zum Nirgendwo. Hätten Sie gedacht, dass an der Westküste Grönlands unzählige kleine Punkte kartographiert sind, die bequem sowohl angeflogen als auch wieder verlassen werden können, in einem riesigen Land wie Neufundland allerdings nur Placebopunkte eingetragen sind? Eine dortige Notlandung wäre nur von Vorteil, müsste man aufgrund eines Feuers an Bord oder sonstiger lebensbedrohlicher Vorkommnisse das Flugzeug verlassen. Sollten Sie einmal in den Genuss kommen, diese Gegenden überraschend zu besuchen (sie sind z.B. Raucher und frönen Ihrem Laster auf Flugzeugtoiletten?), mag das zunächst unangenehm sein. Tröstend kann ich hinzufügen, dass ich viel davon beim Überfliegen gesehen habe. Es existieren dort zwar keine Siedlungen aber landschaftlich ist es sehr schön.
Es könnte allerdings auch sein, dass man diesen idyllischen Ort eher unfreiwillig aufsucht, dann nämlich, wenn der Pilot eines Großraumflugzeuges durch einen medizinischen oder technischen Notfall zu landen gezwungen ist. Immerhin hat man dann Glück, denn in Schefferville kann man shoppen oder wenigstens eine gemütliche Schlafstätte finden. Auf der Nordatlantikroute gibt es Orte, die so ungastlich zu sein scheinen, dass da nicht mal ein Hund tot überm Zaun hängen möchte. Da möchte ein Pilot auch nur ungern landen, nicht weil er die Annehmlichkeiten eines Vier-Sterne-Hotels nicht missen möchte, sondern weil er seinen Riesenbrummer nicht mehr ohne weiteres hochkriegt. So was verhagelt einem 340 Kapitän gehörig die Suppe, schließlich will er unbedingt im Anschluss den langen Bangkokumlauf antreten, den er requestet hat. Die Crew kommt ebenfalls ganz schlecht drauf, setzt man sie im Nirgendwo aus. Für Kabinenpersonal gehört zu einem ordentlichen Layover wenn schon kein Pool, so doch wenigstens die Möglichkeit einer gepflegten Massage oder Maniküre. Das ist das Mindeste, was man von einem ordentlichen Layover erwarten kann. Unschwer vorzustellen, dass auch bei Passagieren keine Urlaubsstimmung so richtig aufkommen mag.
Von diesen kleinen Orten gibt es unzählige. Ihre Erwähnung in der Literatur beschränkt sich auf Einträge der Kartographie und kleinen Punkten von Flugkarten, auf denen die Orte mit Zahlen versehen und durch Linien verbunden sind. Solche Flugkarten erinnern mich stark an die Burda Schnittmuster meiner Mutter. Eine Lieblingsbeschäftigung der Piloten scheint zu sein, bestimmte Linien mit Leuchtstiften nachzuzeichnen und so entstehende Figuren herauszuarbeiten. Anschließend könnte man abgetrennte Felder je nach Zahl mit gleicher Farbe ausfüllen. Ein derart beschäftigter Pilot müsste wenigstens nicht alle zwei Stunden von der Kabine gefüttert werden, doch spart die Firma mit verfügbaren Farben und somit mal wieder am falschen Ort.
Kommen wir zurück zum Nirgendwo. Hätten Sie gedacht, dass an der Westküste Grönlands unzählige kleine Punkte kartographiert sind, die bequem sowohl angeflogen als auch wieder verlassen werden können, in einem riesigen Land wie Neufundland allerdings nur Placebopunkte eingetragen sind? Eine dortige Notlandung wäre nur von Vorteil, müsste man aufgrund eines Feuers an Bord oder sonstiger lebensbedrohlicher Vorkommnisse das Flugzeug verlassen. Sollten Sie einmal in den Genuss kommen, diese Gegenden überraschend zu besuchen (sie sind z.B. Raucher und frönen Ihrem Laster auf Flugzeugtoiletten?), mag das zunächst unangenehm sein. Tröstend kann ich hinzufügen, dass ich viel davon beim Überfliegen gesehen habe. Es existieren dort zwar keine Siedlungen aber landschaftlich ist es sehr schön.
... link (6 Kommentare) ... comment
Donnerstag, 22. Juni 2006
Beim Wort genommen
frau klugscheisser, 03:39h
Und dann war da die Amerikanerin im Flugzeug mit Internetzugang, die ganz vorsichtig das Schild mit der Aufschrift Hotspot beruehrte und sofort die Hand wieder zurueckzog.
... link (0 Kommentare) ... comment
Montag, 19. Juni 2006
Baby baby balla balla
frau klugscheisser, 19:33h
Unsere Flieger haben jetzt Fußballnasen. Natürlich nicht im derzeitigen Damenbindendesign, sondern im alten. Komisch, dass der Mehrheit diese Assoziation erst jetzt kommt. Bei Tennisbällen hat noch nie ein Hahn nach Design gekräht, obwohl die schon seit ich denken kann zwei aneinanderliegende Binden eingearbeitet haben. Und jetzt findet alle Welt solche Formen merkwürdig. Mir ist egal, ob alle Welt auf Sechsecke oder Damenbindendesign schaut. Aber ich bin auch kein Fußballfan. Was Flugzeuge mit Fußball zu tun haben, ist mir allerdings schleierhaft. Sieht ganz so aus, als würden die Maschinen den Ball durch die Luft vor sich herschieben. Hoffentlich trifft er nicht gerade in das Himmelstor, wenn ich an Bord bin. Seit dem Tag des Eröffnungsspieles war kaum ein männlicher Angestellter mehr fähig, seine normalen Aufgaben zu erledigen. Einziges Thema des Rampagenten sind seine geschenkten VIP Karten. Der Brückenfahrer ruft ständig Viva Italia und der Loader hat dieses runde Leuchten im Auge. Selbst die Gäste sind völlig verändert. Wird sonst nach Anschlussflügen gefragt, so stehen jetzt Fragen nach Spielergebnissen im Vordergrund. Die Krawatten wurden gegen Fahnen eingetauscht und die Laptoptaschen gegen Rucksäcke in Deutschlandfarben. Sie bringen Girlanden und überdimensionale Hüte, Fahnenstangen und Banner statt Anzugtaschen zum Verstauen. Auch die Laune scheint merklich besser als sonst. Zeitgleich hielt babylonisches Sprachgewirr an innerdeutschen Destinationen Einzug. Überhaupt sprechen die Menschen mehr miteinander. Man weiß ja, man ist zu Gast bei Freunden. Das läuft zwischen starrsinnig englisch negierenden Nationen folgendermaßen ab: man nimmt Augenkontakt auf, ruft der anderen Partei eine den Ländernamen implizierende Phrase in seiner Muttersprache entgegen und gestikuliert anschließend individuell. Der weitere Gesprächsverlauf wird wesentlich vom derzeitigen Spielstand beeinflusst. Da fließt schon mal die ein oder andere Drohgebärde mit ein. Selbst Japaner, die sonst sehr zurückhaltend auftreten, lassen sich zu emotionalen Ausbrüchen hinreißen. Gestern beobachtete ich einen ganzen Gefühlsticker durch die Mimik eines japanischen Geschäftsreisenden ziehen, als er vom Unentschieden erfuhr.
Wird eine Destination angeflogen, deren Nation gerade verloren hat, muss die Crew speziell gebrieft werden. Das ist wie bei einem Staatstrauerakt. Passagiere bewegen sich mit hängenden Schultern und Köpfen durch die Gegend, die Belader fragen verschämt nach Taschentüchern oder seufzen leise vor sich hin. Unklar ist mir noch, ob und in welcher Form ich mein Beileid aussprechen oder es lieber für mich behalten soll. Was sagt man in solch einem Fall? Mein Beileid zum verlorenen Spiel/Unentschieden? Ich denke an sie in dieser Zeit des schweren Verlustes? Da werden Hoffnungen zu Grabe getragen und Träume verabschiedet. So was ist nicht zu unterschätzen. Trotzdem habe ich noch nicht die richtigen Worte gefunden. Vielleicht überreiche ich einfach eine Kondolenzkarte in Form einer schwarz umrandeten Damenbinde, in die Fußballanstecknadeln eingearbeitet sind. Wenn wir die Pins nämlich austeilen, werden erwachsene Männer zu kleinen Jungs, greifen gierig in die Körbe und tragen heim, soviel die Hände halten können. Ehrlich, da entbrennt der Ballneid. Hat der Sitznachbar zufällig zwei davon erwischt, was seinen Augen strahlenden Glanz verleiht, will der nächste auch zwei. Erkläre ich, es gäbe für jeden nur eines, kann ich bis zum einsetzenden Trotzgeschrei die Sekunden zählen. Selbst wenn ich wollte, hätte ich nicht für jeden zwei. Ich bin schließlich kein Fußballpinscheißer. Kleine Jungs werden beim Einsteigen von ihren Vätern vorgeschoben, um Fußballzeitschriften abzugreifen. Wahrscheinlich werden die lieben Kleinen keinen auch noch so kurzen Blick hineinwerfen können, da das Druckwerk sofort von Papi in Beschlag genommen wird. Passagiere der Businessklasse wollen plötzlich nicht mehr essen, sobald sie ein Geduldsspiel ergattern, bei dem man einen Schokoladenball in ein Papptor befördern muss und statt Tomatensaft trinkt man jetzt Cola. Selbst der Flughafen ist vom Fußballfieber nicht verschont geblieben. Ich meine damit nicht die grünen Matten vor den Checkin Schaltern und nicht die vielen Werbeplakate, von denen Spieler herablächeln. Seit neuestem steht an fast jedem Gate ein Kickertisch. Es finden sich immer zwei bis vier Spieler, die darüber ihre Abflugszeit vergessen. Manche vergessen die auch, weil sie wie hypnotisierte Häschen auf den Monitoren laufende Spiele verfolgen. Leute, ich werde Euch daran erinnern, wenn dieser Wahnsinn endlich ein Ende gefunden hat. Dann fliegt ihr verspätet ab, weil ich vor lauter bloggen vergesse, meinen Dienst pünktlich anzutreten. Oder ich lasse meiner Trauer über den Verlust eines künstlichen Fingernagels verbal freien Lauf. Oder ich erzähle stundenlang über meine neuesten Konzertkarten und versäume nicht, hinterher im Detail über jede Bewegung des Dirigenten zu berichten. Dann will ich mal sehen, wie weit es mit eurer Toleranz her ist. Hab ich schon erwähnt, dass ich Fußball hasse? Nein? Macht nichts. Da gibt es nämlich den Spruch eines klugen Mannes, in dem jener bei höheren Mächten bezüglich der Dinge, die er nicht ändern kann, um Gelassenheit bittet. Daran werde ich euch erinnern, wenn euer Land von der WM ausscheidet. Und jetzt entschuldigt mich bitte. Ich muss für meinen nächsten Einsatz noch eine gelbe und eine rote Karte basteln. Das ist die einzige Form der Kommunikation, die derzeit international verstanden wird.
Der Song im Titel stammt übrigens von einem Herrn namens Chubby Checker. Da ist doch Name beinahe Programm.
Wird eine Destination angeflogen, deren Nation gerade verloren hat, muss die Crew speziell gebrieft werden. Das ist wie bei einem Staatstrauerakt. Passagiere bewegen sich mit hängenden Schultern und Köpfen durch die Gegend, die Belader fragen verschämt nach Taschentüchern oder seufzen leise vor sich hin. Unklar ist mir noch, ob und in welcher Form ich mein Beileid aussprechen oder es lieber für mich behalten soll. Was sagt man in solch einem Fall? Mein Beileid zum verlorenen Spiel/Unentschieden? Ich denke an sie in dieser Zeit des schweren Verlustes? Da werden Hoffnungen zu Grabe getragen und Träume verabschiedet. So was ist nicht zu unterschätzen. Trotzdem habe ich noch nicht die richtigen Worte gefunden. Vielleicht überreiche ich einfach eine Kondolenzkarte in Form einer schwarz umrandeten Damenbinde, in die Fußballanstecknadeln eingearbeitet sind. Wenn wir die Pins nämlich austeilen, werden erwachsene Männer zu kleinen Jungs, greifen gierig in die Körbe und tragen heim, soviel die Hände halten können. Ehrlich, da entbrennt der Ballneid. Hat der Sitznachbar zufällig zwei davon erwischt, was seinen Augen strahlenden Glanz verleiht, will der nächste auch zwei. Erkläre ich, es gäbe für jeden nur eines, kann ich bis zum einsetzenden Trotzgeschrei die Sekunden zählen. Selbst wenn ich wollte, hätte ich nicht für jeden zwei. Ich bin schließlich kein Fußballpinscheißer. Kleine Jungs werden beim Einsteigen von ihren Vätern vorgeschoben, um Fußballzeitschriften abzugreifen. Wahrscheinlich werden die lieben Kleinen keinen auch noch so kurzen Blick hineinwerfen können, da das Druckwerk sofort von Papi in Beschlag genommen wird. Passagiere der Businessklasse wollen plötzlich nicht mehr essen, sobald sie ein Geduldsspiel ergattern, bei dem man einen Schokoladenball in ein Papptor befördern muss und statt Tomatensaft trinkt man jetzt Cola. Selbst der Flughafen ist vom Fußballfieber nicht verschont geblieben. Ich meine damit nicht die grünen Matten vor den Checkin Schaltern und nicht die vielen Werbeplakate, von denen Spieler herablächeln. Seit neuestem steht an fast jedem Gate ein Kickertisch. Es finden sich immer zwei bis vier Spieler, die darüber ihre Abflugszeit vergessen. Manche vergessen die auch, weil sie wie hypnotisierte Häschen auf den Monitoren laufende Spiele verfolgen. Leute, ich werde Euch daran erinnern, wenn dieser Wahnsinn endlich ein Ende gefunden hat. Dann fliegt ihr verspätet ab, weil ich vor lauter bloggen vergesse, meinen Dienst pünktlich anzutreten. Oder ich lasse meiner Trauer über den Verlust eines künstlichen Fingernagels verbal freien Lauf. Oder ich erzähle stundenlang über meine neuesten Konzertkarten und versäume nicht, hinterher im Detail über jede Bewegung des Dirigenten zu berichten. Dann will ich mal sehen, wie weit es mit eurer Toleranz her ist. Hab ich schon erwähnt, dass ich Fußball hasse? Nein? Macht nichts. Da gibt es nämlich den Spruch eines klugen Mannes, in dem jener bei höheren Mächten bezüglich der Dinge, die er nicht ändern kann, um Gelassenheit bittet. Daran werde ich euch erinnern, wenn euer Land von der WM ausscheidet. Und jetzt entschuldigt mich bitte. Ich muss für meinen nächsten Einsatz noch eine gelbe und eine rote Karte basteln. Das ist die einzige Form der Kommunikation, die derzeit international verstanden wird.
Der Song im Titel stammt übrigens von einem Herrn namens Chubby Checker. Da ist doch Name beinahe Programm.
... link (14 Kommentare) ... comment
Freitag, 12. Mai 2006
Behavioral evaluation of the psychological welfare and environmental requirements of agricultural research animals
frau klugscheisser, 12:10h
Gestern mal wieder Psychocrew light. Erst in einem Flieger unterwegs gewesen, der am Tag zuvor vom Blitz getroffen wurde (ich wusste nicht, dass sich Fluggerät auch verlieben kann). War aber von der Technik freigegeben und so sind wir damit losgeflogen. Die kleinen Spinnereien des Bordcomputers wertete man als PMS. Am Zielflughafen mussten wir ihn dann aber stehenlassen. Hat plötzlich völlig hohlgedreht. Kein Umkehrschub mehr möglich. Naja, wenn er von alleine nicht mehr zurück kann, muss er halt zum Fliegerdoc.
Im nächsten Flugzeug keine Eingabemöglichkeit auf meinem Panel. Habe ihn mit gut Zureden überzeugen wollen, dass die Klassenkonfiguration bei Reihe 10 endet. Er beharrte aber stur weiter auf Reihe 5. Bin zum Cpt und meinte, das Arbeitsverhältnis zwischen Fluggerät und mir wäre gestört, weil der Computer meine Anweisungen missachtet. So kann ich nicht arbeiten. Der hat mich blöd angeschaut und wollte das Kriseninterventionsteam rufen. War aber zu kurzfristig. Reset wollte ich nicht machen, weil die Leute während der anschließenden Lightshow immer so ängstlich dreinschauen. Also auf nach Spanien. Kollegin erzählte viel von ihrem Hund. Der war aus dem Tierheim und gehörte einem Penner. Irgendwann meinte der Tierarzt wegen der überhöhten Leberwerte, der Hund wäre Alkoholiker. Hund auf Entzug war wohl ne ziemlich komische Erfahrung. Ist aber laut Kollegin niemandem aufgefallen, weil der Hund sowieso ziemlich durchgeknallt war. Danach zeigte sie uns Bilder von Hund und Kind. Habe kurz in Erwägung gezogen, zu fragen, ob Kind auch Alkoholiker, weil von einem Penner (Zitat Kollegin), hab´s aber dann gelassen. Das Kind sah auch noch einigermaßen gesund aus. Kriegt nur frisches Gemüse, obwohl die Mutter dafür kaum Geld hat. Der Penner zahlt nicht. Das war das Stichwort für Kollegin2. Ihr Typ macht grade auch kein Geld, dafür eine Ausbildung als Sommelier. Meine Güte, wie naiv kann man eigentlich sein? Der holt sich doch nur eine Bescheinigung, um offiziell zu saufen. Dass man dafür allerdings eine Ausbildung braucht, ist mir neu. Egal.
Irgendwann waren dann die internen Erzählungen beendet, man braucht nicht mehr voneinander zu wissen. Also holt man sich Gesprächsstoff aus Frauenzeitschriften. Ja, Madonna ist ganz schön alt geworden und die Crystal vom Denver Clan kann ihr Gesicht nicht mehr bewegen. Dafür gibt´s Kleider zum Gucken, die man sowieso nie tragen würde. Wenn ich was anziehe, dann tu ich das entweder, weil es zu kalt zum nackt rumlaufen ist oder unangemessen. Wieso sollte ich ein Oberteil anziehen, wo ich Angst haben muss, dass mir bei der nächsten Bewegung eine Titte rausfällt? Wenn ich mich nicht bewegen will, leg ich mich auf die Couch. Da brauch ich keinen Fummel für Tausend Tacken kaufen.
Auf dem Weg aus dem Cockpitfenster geschaut. Cpt sagte, da unten sei der Mont Blanc. Kenn ich sagte ich, hab auch einen daheim. Wieder komische Blicke. Der dachte allen Ernstes, ich rede von meinem Freund. Ich hab mir ja schon viele komische Bezeichnungen für das beste Stück meines jeweiligen Partners ausgedacht aber Mont Blanc war sicher nicht dabei. Als er anschließend auf die Fontäne am Genfer See zeigte, hab ich nix mehr gesagt. Dass einem aber auch alles so zweideutig ausgelegt wird. Bin froh, dass ich so selten fliege. Fliegen macht blöd. Echt jetzt. Da ist der Umgebungsdruck zu niedrig und das Hirn kriegt seltsame Auswüchse. Ausserdem ist die Strahlung höher. Fühle mich seit gestern ziemlich verstrahlt. Hat aber auch sein Gutes. Eines Tages muss ich vielleicht nicht mehr so viel nachdenken. Dann werde ich nur noch selig lächelnd durch die Gegend laufen. Mir egal, ob andere glauben, ich wär auf Droge oder hätte eine Erscheinung gehabt. Ich muss ja dann nicht mehr drüber nachdenken. Und alles ist total easy. Fly me to the moon and let me be around the stars lalala....blablubnananatadada Jupiter and Mars. In other words...äh... this is cool,
Im nächsten Flugzeug keine Eingabemöglichkeit auf meinem Panel. Habe ihn mit gut Zureden überzeugen wollen, dass die Klassenkonfiguration bei Reihe 10 endet. Er beharrte aber stur weiter auf Reihe 5. Bin zum Cpt und meinte, das Arbeitsverhältnis zwischen Fluggerät und mir wäre gestört, weil der Computer meine Anweisungen missachtet. So kann ich nicht arbeiten. Der hat mich blöd angeschaut und wollte das Kriseninterventionsteam rufen. War aber zu kurzfristig. Reset wollte ich nicht machen, weil die Leute während der anschließenden Lightshow immer so ängstlich dreinschauen. Also auf nach Spanien. Kollegin erzählte viel von ihrem Hund. Der war aus dem Tierheim und gehörte einem Penner. Irgendwann meinte der Tierarzt wegen der überhöhten Leberwerte, der Hund wäre Alkoholiker. Hund auf Entzug war wohl ne ziemlich komische Erfahrung. Ist aber laut Kollegin niemandem aufgefallen, weil der Hund sowieso ziemlich durchgeknallt war. Danach zeigte sie uns Bilder von Hund und Kind. Habe kurz in Erwägung gezogen, zu fragen, ob Kind auch Alkoholiker, weil von einem Penner (Zitat Kollegin), hab´s aber dann gelassen. Das Kind sah auch noch einigermaßen gesund aus. Kriegt nur frisches Gemüse, obwohl die Mutter dafür kaum Geld hat. Der Penner zahlt nicht. Das war das Stichwort für Kollegin2. Ihr Typ macht grade auch kein Geld, dafür eine Ausbildung als Sommelier. Meine Güte, wie naiv kann man eigentlich sein? Der holt sich doch nur eine Bescheinigung, um offiziell zu saufen. Dass man dafür allerdings eine Ausbildung braucht, ist mir neu. Egal.
Irgendwann waren dann die internen Erzählungen beendet, man braucht nicht mehr voneinander zu wissen. Also holt man sich Gesprächsstoff aus Frauenzeitschriften. Ja, Madonna ist ganz schön alt geworden und die Crystal vom Denver Clan kann ihr Gesicht nicht mehr bewegen. Dafür gibt´s Kleider zum Gucken, die man sowieso nie tragen würde. Wenn ich was anziehe, dann tu ich das entweder, weil es zu kalt zum nackt rumlaufen ist oder unangemessen. Wieso sollte ich ein Oberteil anziehen, wo ich Angst haben muss, dass mir bei der nächsten Bewegung eine Titte rausfällt? Wenn ich mich nicht bewegen will, leg ich mich auf die Couch. Da brauch ich keinen Fummel für Tausend Tacken kaufen.
Auf dem Weg aus dem Cockpitfenster geschaut. Cpt sagte, da unten sei der Mont Blanc. Kenn ich sagte ich, hab auch einen daheim. Wieder komische Blicke. Der dachte allen Ernstes, ich rede von meinem Freund. Ich hab mir ja schon viele komische Bezeichnungen für das beste Stück meines jeweiligen Partners ausgedacht aber Mont Blanc war sicher nicht dabei. Als er anschließend auf die Fontäne am Genfer See zeigte, hab ich nix mehr gesagt. Dass einem aber auch alles so zweideutig ausgelegt wird. Bin froh, dass ich so selten fliege. Fliegen macht blöd. Echt jetzt. Da ist der Umgebungsdruck zu niedrig und das Hirn kriegt seltsame Auswüchse. Ausserdem ist die Strahlung höher. Fühle mich seit gestern ziemlich verstrahlt. Hat aber auch sein Gutes. Eines Tages muss ich vielleicht nicht mehr so viel nachdenken. Dann werde ich nur noch selig lächelnd durch die Gegend laufen. Mir egal, ob andere glauben, ich wär auf Droge oder hätte eine Erscheinung gehabt. Ich muss ja dann nicht mehr drüber nachdenken. Und alles ist total easy. Fly me to the moon and let me be around the stars lalala....blablubnananatadada Jupiter and Mars. In other words...äh... this is cool,
... link (35 Kommentare) ... comment
Dienstag, 18. April 2006
He's disabled
frau klugscheisser, 02:52h
Man mag es kaum glauben aber ich habe einen Job. Sicherlich könnte ich ohne den auskommen, nur nicht ohne Geld. Die geben mir nämlich Geld dafür, dass ich ab und zu in ein Flugzeug steige und die Leute von einem Ort zum anderen begleite. Manchmal bin ich so in meine Gedanken versunken, dass ich meine Verpflichtungen vergesse. Diese Verpflichtungen stören mich mehr und mehr bei dem, was ich lieber tun würde. Und dann gibt es Tage, an denen ich von einem Flug heimkomme und froh bin, dort gewesen zu sein. Dann will ich diese Erlebnisse teilen, mitteilen.
So war es auch vor einigen Tagen. Ein dreizehnjähriger Junge reiste ohne Begleitung. Das ist zunächst nicht ungewöhnlich, der Junge ist jedoch gehörlos. Immer wieder versuche ich, mich intensiv in einen anderen Menschen hineinzuversetzen. Als ich meine Tauchlehrertätigkeit begann, dachte ich zum Beispiel viel darüber nach, wie es wohl für einen Querschnittsgelähmten sei, sich unter Wasser nahezu frei zu bewegen. Dann beginne ich, alles in meinem Kopf aufzulisten, woran in so einem Fall zu denken sei. Ich plane innerlich einen Tauchgang mit dieser Person. Wer wird beim Umziehen helfen? Wie viele Hilfspersonen brauche ich, um den Gelähmten ins Wasser zu tragen? Was ist noch zu beachten?
Beim Fliegen habe ich schon manches Mal darüber nachgedacht, wie man einen Blinden überzeugen könne, im Falle einer Evakuierung in eine Rutsche zu springen, die er nicht sieht. Natürlich müsste er sich setzen dürfen. Ein Gehörloser ist unter Wasser eindeutig den Hörenden gegenüber im Vorteil, nicht aber in der Welt des Schalles. Er hört nicht die Durchsagen, nicht die Evakuierungskommandos. Er kann sich nicht einmal besonders gut unter den Hörenden verständlich machen, die die Gebärdensprache meist nicht beherrschen.
Der Junge freute sich wie ein Schnitzel über die Sportzeitschrift, die ich ihm gab. Später schnappte ich mir Zettel und Stift, um ihn zu fragen, was er trinken wolle. Er antwortete, doch ich verstand ihn nicht. Als ich ihm den Zettel gab, damit er seine Wünsche aufschreiben könne, war ich peinlich berührt. Er hatte sich so viel Mühe gegeben, sprechen zu lernen und ich konnte ihn nicht verstehen. Schließlich deutete er an, er wolle mehr Zettel. Er begann zu zeichnen. Als er fertig war, überreichte er mir freudestrahlend die Papierserviette mit seiner Zeichnung. Darauf war ein Flugzeug zu sehen. Eine Treppe führte auf das Rollfeld. Unten standen einige Personen, die sich unterhielten. In den Sprechblasen stand „Wir fliegen nicht“, „Du spinnst, bist doch tot. Warum wohl? 24 Stunden=1 Tag. Dann sind wir tot“, "10.000 Km sind zu viel", „Hallo willkommen, ihr froh einmal zu fliegen. Wieviel Kilometer denkt ihr?“, „Du spinnst, wir fliegen nicht so schnell“, usw. Gemeinsam mit den Kollegen rätselte ich lange, was die Zeichnung und die Worte wohl bedeuten mögen. Ich traute mich nicht zu fragen. Ein Kollege vermutete, der Junge hätte einen Todesfall in der Familie erlebt, ein anderer meinte, der Junge sei sicherlich geistig verwirrt. Schließlich ging ich zu ihm. Er erklärte mir mit ruhiger Stimme, dass das ein Scherz gewesen sei. Er wolle lediglich wissen, wie viele Kilometer das Flugzeug in der Minute zurücklege. Dann lachte er herzlich. Er lachte mich aus. Wie konnte ich nur so dumm sein und seine Zeichnung nicht verstehen? Ja, ich fühlte mich wirklich dumm. Dieser Junge, über den wir uns so viele Gedanken machten und der uns so leid tat, weil er alleine fliegen musste, war einfach nur stolz darauf, alleine zu fliegen. Er war stolz, endlich erwachsen und nicht mehr auf die Hilfe der anderen angewiesen zu sein. Er war stolz, sich genau wie jeder andere mitteilen zu können. Er bewies uns sein Vertrauen, indem er mit uns scherzte.
Manches Mal hoffe ich, Behinderte sind nachsichtig mit uns Gesunden.
So war es auch vor einigen Tagen. Ein dreizehnjähriger Junge reiste ohne Begleitung. Das ist zunächst nicht ungewöhnlich, der Junge ist jedoch gehörlos. Immer wieder versuche ich, mich intensiv in einen anderen Menschen hineinzuversetzen. Als ich meine Tauchlehrertätigkeit begann, dachte ich zum Beispiel viel darüber nach, wie es wohl für einen Querschnittsgelähmten sei, sich unter Wasser nahezu frei zu bewegen. Dann beginne ich, alles in meinem Kopf aufzulisten, woran in so einem Fall zu denken sei. Ich plane innerlich einen Tauchgang mit dieser Person. Wer wird beim Umziehen helfen? Wie viele Hilfspersonen brauche ich, um den Gelähmten ins Wasser zu tragen? Was ist noch zu beachten?
Beim Fliegen habe ich schon manches Mal darüber nachgedacht, wie man einen Blinden überzeugen könne, im Falle einer Evakuierung in eine Rutsche zu springen, die er nicht sieht. Natürlich müsste er sich setzen dürfen. Ein Gehörloser ist unter Wasser eindeutig den Hörenden gegenüber im Vorteil, nicht aber in der Welt des Schalles. Er hört nicht die Durchsagen, nicht die Evakuierungskommandos. Er kann sich nicht einmal besonders gut unter den Hörenden verständlich machen, die die Gebärdensprache meist nicht beherrschen.
Der Junge freute sich wie ein Schnitzel über die Sportzeitschrift, die ich ihm gab. Später schnappte ich mir Zettel und Stift, um ihn zu fragen, was er trinken wolle. Er antwortete, doch ich verstand ihn nicht. Als ich ihm den Zettel gab, damit er seine Wünsche aufschreiben könne, war ich peinlich berührt. Er hatte sich so viel Mühe gegeben, sprechen zu lernen und ich konnte ihn nicht verstehen. Schließlich deutete er an, er wolle mehr Zettel. Er begann zu zeichnen. Als er fertig war, überreichte er mir freudestrahlend die Papierserviette mit seiner Zeichnung. Darauf war ein Flugzeug zu sehen. Eine Treppe führte auf das Rollfeld. Unten standen einige Personen, die sich unterhielten. In den Sprechblasen stand „Wir fliegen nicht“, „Du spinnst, bist doch tot. Warum wohl? 24 Stunden=1 Tag. Dann sind wir tot“, "10.000 Km sind zu viel", „Hallo willkommen, ihr froh einmal zu fliegen. Wieviel Kilometer denkt ihr?“, „Du spinnst, wir fliegen nicht so schnell“, usw. Gemeinsam mit den Kollegen rätselte ich lange, was die Zeichnung und die Worte wohl bedeuten mögen. Ich traute mich nicht zu fragen. Ein Kollege vermutete, der Junge hätte einen Todesfall in der Familie erlebt, ein anderer meinte, der Junge sei sicherlich geistig verwirrt. Schließlich ging ich zu ihm. Er erklärte mir mit ruhiger Stimme, dass das ein Scherz gewesen sei. Er wolle lediglich wissen, wie viele Kilometer das Flugzeug in der Minute zurücklege. Dann lachte er herzlich. Er lachte mich aus. Wie konnte ich nur so dumm sein und seine Zeichnung nicht verstehen? Ja, ich fühlte mich wirklich dumm. Dieser Junge, über den wir uns so viele Gedanken machten und der uns so leid tat, weil er alleine fliegen musste, war einfach nur stolz darauf, alleine zu fliegen. Er war stolz, endlich erwachsen und nicht mehr auf die Hilfe der anderen angewiesen zu sein. Er war stolz, sich genau wie jeder andere mitteilen zu können. Er bewies uns sein Vertrauen, indem er mit uns scherzte.
Manches Mal hoffe ich, Behinderte sind nachsichtig mit uns Gesunden.
... link (5 Kommentare) ... comment
Freitag, 17. März 2006
Heute hier, morgen dort
frau klugscheisser, 13:42h
Man müsse schon bei Antville oder Blogger wohnen, um verlinkt zu werden. Wer das nicht möchte, wohnt weiterhin bei myblog. Da muss schließlich auch einer sein, der für Kultur sorgt.
... link (7 Kommentare) ... comment