Montag, 26. März 2007
Daylight savings time
Zwei ältere Damen unterhalten sich. "Mein Eisprung ist in letzter Zeit so unregelmäßig", sagt die eine. Darauf die andere: "Also meiner ist so regelmäßig, da kann ich die Uhr nach stellen. Sommerzeit... Winterzeit..."

Letzte Nacht war da ein merkwürdiges Geräusch neben meinem Bett zu hören. Es kam aus der Richtung, in der mein Wecker steht. "Wird am Ende dieses Wochenende die Uhr umgestellt?" dachte ich noch im Halbschlaf. Obwohl es jedes Jahr zur selben Zeit - nämlich am letzten Sonntag im März - geschieht, war ich dieses Jahr überrascht. Noch nie habe ich aufgrund der Zeitumstellung verschlafen, seit es Funkuhren gibt ist das auch ein Ding der Unmöglichkeit. Und dennoch trifft mich die Zeitumstellung jedes Jahr härter als jeder Jetlag. Während ich in anderen Ländern die Ortszeit einfach akzeptiere, ohne mir Gedanken um die Heimatzeit zu machen, bin ich daheim jedes Jahr zweimal gezwungen, meine innere Uhr den Zeigern auf einem Ziffernblatt anzugleichen. "Ach, eigentlich ist es ja erst halb acht/neun/zehn/etc", der am öftesten gedachte Satz in den Wochen nach der Umstellung, käme mir auf Reisen niemals in den Sinn.

Als die Zeitumstellung schließlich 1980 in Deutschland permanent eingeführt wurde, spürte ich zum ersten Mal den Groll gegen unsere Machthaber. Ich empfand es als himmelschreiende Ungerechtigkeit, mich armes Schülerlein fortan eine Stunde früher aus dem Bett zu holen. Insgeheim hatte ich den Verdacht, das wäre ein Racheakt meiner Mutter, die mit der Regierung unter einer Decke steckte. Wir klärten das später im selben Gespräch, in dem sie mich überzeugte, nicht adoptiert oder nach der Geburt verwechselt worden zu sein. Wer mich morgens weckte, konnte sich einer geballten Ladung schlechter Laune sicher sein. Dass meine Mutter sehr bald diese Aufgabe einem mechanischen Wecker überließ, war die Rettung unserer familiären Beziehungen. Immerhin muss man sich vor einem Wecker nicht wochenlang rechtfertigen oder entschuldigen, wenn man ihn mal anschreit.

Eine Stunde ist wertvolle Traumzeit, die mir seit 27 Jahren gestohlen wird. Schlaumeier behaupten jetzt, sie würde mir am Ende des Jahres zurückgegeben. Das stimmt so nicht, denn am Ende des Jahres wache ich trotzdem nach 8 oder weniger Stunden Schlaf auf, ob es nun neun oder erst acht Uhr ist. Dann habe ich eine Stunde mehr Wachzustand, die ich irgendwie sinnvoll füllen muss. Die Rechnung geht so nicht auf. Sommerzeit mag für Bänker und Beamte, für wichtige und weniger wichtige Arbeitnehmer sinnvoll sein, für Taugenichtse wie mich ist sie es nicht. Morgen früh werde ich vermutlich sehr schlechte Laune haben, weil ich das Ende eines drehbuchreifen Traumes verpasse. Schlechte Zeiten für Träumer.

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