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Dienstag, 22. Januar 2008
Children waiting for the day they feel good
frau klugscheisser, 12:12h
Heute Morgen bin ich früh aufgewacht. Heute ist nämlich mein Tag. Deshalb bin ich auch ganz aufgeregt. Auf jedem Kalender, auf allen Datumsanzeigen steht heute eine Zweiundzwanzig - das erste Mal in diesem Jahr. Und immer wenn das erste Mal in einem Jahr eine Zweiundzwanzig da steht, bedeutet das, dass ich sehr aufgeregt bin, weil das mein Tag ist. Ich bin auch aufgeregt, wenn das zwölfte Mal eine Vierundzwanzig oder das zwölfte Mal [!] eine Einunddreissig da steht aber nicht so sehr wie bei der ersten Zweiundzwanzig im Jahr.
Angefangen hat das alles in meiner Kindheit. Da sagte man mir nämlich, dass das etwas sehr Besonderes sei, wenn das erste Mal eine Zweiundzwanzig auf dem Kalender stehe und gab mir was zum Auswickeln. Damals glaubte ich den Erwachsenen alles, was Geschenke nach sich zog. Die perfekte Konditionierung. Übrigens hat man mich auch erfolgreich katholisch konditioniert. Die Belohnung fiel reichhaltig aus und so fand ich es nur fair, an den flachgepressten Leib Christi zu glauben, den ich immer mit dem Zeigefinger vom Gaumen kratzen musste. Nach der zweiten Stufe der Konditionierung, der Firmung - sozusagen die operante Konditionierung im Katholizismus - gibt es keine Geschenke mehr. Der zwölfte Vierundzwanzigste allein genügte mir nicht. Man wird halt anspruchsvoller. Folglich trat ich irgendwann aus der Kirche aus.
Der erste Zweiundzwanzigste aber ist der Tag, an dem ich mir mehr als nur die Erlösung meiner Seele wünschen darf. Am ersten Zweiundzwanzigsten darf ich mir alles wünschen, was ich will. Ich darf mir wünschen, dass alle ganz lieb zu mir sind, ich darf mir wünschen, dass mir jemand was zum Auswickeln gibt, und ich darf mir wünschen, dass ich nie wieder vor acht aufstehen muss. Wie gesagt, wünschen darf ich mir das. Ob meine Wünsche erfüllt werden, steht auf 'nem anderen Stern. Wenigstens muss ich mir für derlei Wünsche keine Oblatenreste vom Gaumen kratzen.
Meistens aber wünsche ich mir nur eines: Ich will wieder Kind sein dürfen. Für einen Tag und eine Nacht. Ich will Luftballons aufblasen und aufgeregt sein und mich freuen und allen sagen, dass ich heute Geburtstag habe und morgens schon quengeln, bis endlich alle aufgestanden sind und lachen und mir eine rote Nase malen und rote Backen und ganz viele Geschenke und Glückwünsche kriegen und beim Metzger ein Radl Wurst umsonst und beim Bäcker eine Rosine. Ich will ein Fahrrad mit Stützrädern fahren und einen bunten Ball überall hin mitnehmen und eine schmuddelige Stoffpuppe über alle Maßen lieben, obwohl sie so hässlich ist und singen, ganz laut singen und hüpfen und tanzen.
Es gab in meinem Leben Zeiten, in denen mir Menschen einzureden versuchten, ich sei nichts wert, folglich sei der erste Zweiundzwanzigste auch nichts wert. Das waren die Menschen, denen ich dummerweise sehr vertraute. So war ich schließlich selbst der Überzeugung, weder der erste Zweiundzwanzigste noch ich seien wertvoll. Das und vieles mehr hat sich geändert. Das ist auch der Grund, warum ich mich feiern will.
Mad World
Angefangen hat das alles in meiner Kindheit. Da sagte man mir nämlich, dass das etwas sehr Besonderes sei, wenn das erste Mal eine Zweiundzwanzig auf dem Kalender stehe und gab mir was zum Auswickeln. Damals glaubte ich den Erwachsenen alles, was Geschenke nach sich zog. Die perfekte Konditionierung. Übrigens hat man mich auch erfolgreich katholisch konditioniert. Die Belohnung fiel reichhaltig aus und so fand ich es nur fair, an den flachgepressten Leib Christi zu glauben, den ich immer mit dem Zeigefinger vom Gaumen kratzen musste. Nach der zweiten Stufe der Konditionierung, der Firmung - sozusagen die operante Konditionierung im Katholizismus - gibt es keine Geschenke mehr. Der zwölfte Vierundzwanzigste allein genügte mir nicht. Man wird halt anspruchsvoller. Folglich trat ich irgendwann aus der Kirche aus.
Der erste Zweiundzwanzigste aber ist der Tag, an dem ich mir mehr als nur die Erlösung meiner Seele wünschen darf. Am ersten Zweiundzwanzigsten darf ich mir alles wünschen, was ich will. Ich darf mir wünschen, dass alle ganz lieb zu mir sind, ich darf mir wünschen, dass mir jemand was zum Auswickeln gibt, und ich darf mir wünschen, dass ich nie wieder vor acht aufstehen muss. Wie gesagt, wünschen darf ich mir das. Ob meine Wünsche erfüllt werden, steht auf 'nem anderen Stern. Wenigstens muss ich mir für derlei Wünsche keine Oblatenreste vom Gaumen kratzen.
Meistens aber wünsche ich mir nur eines: Ich will wieder Kind sein dürfen. Für einen Tag und eine Nacht. Ich will Luftballons aufblasen und aufgeregt sein und mich freuen und allen sagen, dass ich heute Geburtstag habe und morgens schon quengeln, bis endlich alle aufgestanden sind und lachen und mir eine rote Nase malen und rote Backen und ganz viele Geschenke und Glückwünsche kriegen und beim Metzger ein Radl Wurst umsonst und beim Bäcker eine Rosine. Ich will ein Fahrrad mit Stützrädern fahren und einen bunten Ball überall hin mitnehmen und eine schmuddelige Stoffpuppe über alle Maßen lieben, obwohl sie so hässlich ist und singen, ganz laut singen und hüpfen und tanzen.
Es gab in meinem Leben Zeiten, in denen mir Menschen einzureden versuchten, ich sei nichts wert, folglich sei der erste Zweiundzwanzigste auch nichts wert. Das waren die Menschen, denen ich dummerweise sehr vertraute. So war ich schließlich selbst der Überzeugung, weder der erste Zweiundzwanzigste noch ich seien wertvoll. Das und vieles mehr hat sich geändert. Das ist auch der Grund, warum ich mich feiern will.
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