Samstag, 29. März 2008
Tell me where it hurts
Ein Hypochonder geht zum Arzt, weil er hofft, dass der was findet. Ich gehe nicht zum Arzt, weil ich befürchte, dass der was findet. Und dann ist Schluss mit lustig. Dann bekomme ich voraussichtlich für mehrere Wochen Armbelastungsverbot. Dabei wäre das die beste Ausrede gegen ungeliebte Liegestützen. Aber wie das so ist mit den Sachen, die man nicht darf, plötzlich will man nichts anderes mehr.

Überhaupt Liegestützen. Einst begonnen im Kampf gegen überschüssiges Winkfett, haben sie meine voluminösen (leider nicht auf Muskelmasse bezogen) Oberarme inzwischen soweit geformt, dass die Armausschnitte meiner Sommerkollektion nicht mehr allzu sehr strapaziert werden. Außerdem trennen mich nur noch wenige Zentimeter von der Beherrschung des Tricks mit der Oberarmmuskulatur horizontalen Schwebens auf Zehenspitzen und Handflächen kurz über dem Boden. Naja, schätzungsweise dreissig.

Das Schöne an Liegestützen ist, man kann sie überall trainieren. Man braucht keine besondere Gerätschaft, keine spezifische Kleidung und nur ein wenig Privatsphäre, wenn man nicht gerade zur Gruppe der Poser gehört, die hundert auf einer Fingerspitze absolvieren. Könnte ich sie einarmig, würde ich vermutlich aber auch posen. Soweit wird es aber nicht kommen, denn wenn ich mich im Hotelzimmer aufraffe, fällt mir spätestens nach drei Liegestützen auf, wie schmutzig der Teppich ist oder die Musik ist zu schnell oder zu langsam oder zu leise oder mir fällt was ein, das ich schon seit Stunden notieren wollte und man hat ja so auf den Boden hingestreckt selten Papier und Stift parat. Und dann kann man sie auch noch später machen, weil man ja keinerlei Vorbereitung dafür braucht. Was Liegestützen in privatem Raum angeht, gehöre ich eindeutig zu den Prokrastinatoren.

Seit einigen Tagen Wochen Monaten drehe ich morgens meinen von nächtlichen Kämpfen Liegedruck gepeinigten Kadaver mühsam von einer Seite auf die andere, die Schulter wohlweislich vermeidend. Wer schon mal versucht hat, bei einer Seitendrehung die Schulter zu meiden, wird festgestellt haben, dass das unmöglich ist. Es sieht ausserdem ziemlich blöd aus. Ungefähr so, wie man einen eingeschlafenen Arm unbeholfen aus seiner Position in eine andere wuchtet, während man leise in sich hinein jammert. Ausserdem rollt man auch beim Fallen immer über die Schulter ab. Ich falle oft in meinen Träumen. Nur gut, dass derzeit keiner diesem traurigen Schauspiel beiwohnt.

Nächste Woche werde ich so lange suchen, bis ich einen Orthopäden finde, dessen Diagnose mir gefällt. Am liebsten wäre mir einer, der sagt, dass die Schmerzen psychosomatisch sind, sozusagen das Liegestützenvermeidungssyndrom. Dann nehme ich ein paar Globuli, lasse meine Schlafstätte auspendeln und schnalle mir eine Kristallkapsel auf den Arm. Für die Kurzarmsaison konsumiere ich eine Dose Spinat am Tag. Das genügt vermutlich für eine wie mich, die Liegestützen auf englisch immer "push ups" nennt und sich nichts böses dabei denkt. Sollen die anderen weiter einarmig puschen, ich lege mich währenddessen gemütlich auf den Bauch. Mentales Training hat noch keiner Schulter geschadet. Die kommende Sommermode ist ohnehin weiter geschnitten (ich hab's in Amiland gesehen, die Seventies sind ganz gewaltig auf Vormarsch). Gibt wichtigere Muskelgruppen als die Arme, jedenfalls wenn man eine Frau ist.

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