Mittwoch, 21. November 2012
Ja in Schwabing gibt's a Kneip'n
Helga schrieb über Neuhausen und rief die Geister aus dem Rest von München (hier Ludwigsvorstadt). Ich folge nun diesem Ruf für mein Stadtviertel.

In München hat mir mal einer erzählt, in München sei das ähnlich wie in Berlin. Da geht man nicht gerne raus aus seinem Viertel. Damals habe ich drüber gelacht, denn mich hat der Zufall - genauer gesagt der männliche Zufall - nach Schwabing-West verschlagen. Ich hätte mir damals vorstellen können, überall in München zu wohnen, denn München fand ich insgesamt einfach großartig. Geboren bin ich in Haidhausen im Rechts der Isar, die ersten Jahre in Giesing, genauer gesagt am Ostfriedhof verbracht, dann... ach das können Sie auch hier alles selber nochmal nachlesen. Wenn mich damals einer gefragt hat, wie mein Stadtviertel heisst, dann wusste ich darauf keine Antwort. Irgendwo in Schwabing halt.



Eigentlich ist Schwabing aber weiter östlich. Mit Schwabing verbindet man die Leopoldstrasse und die Schickeria. Schwabing West ist eher so eine Art Niemandsland zwischen den Grosskopferten und den Studenten. Das alte Künstlerviertel ist es, denn hier haben viele kreative Köpfe gewohnt, der Rilke beispielsweise und der Fassbender. In der Agnesstrasse 16 war der Monaco Franze daheim mit seinem Spatzl und am Elisabethmarkt hat die Haushälterin das teuerste Petersiliensträusserl aller Zeiten für's Mittagessen erworben - natürlich nur in der bekannten Serie. Und das Rossini, das allerdings nie wirklich so hieß, liegt auch hier im Viertel (Romagna Antica in der Elisabethstrasse war das Vorbild für's Rossini, nicht das gleichnamige Rossini in der Türkenstrasse). Jedes Jahr im Sommer machen die Künstler ihre Ateliers für die Öffentlichkeit zugänglich. Die Veranstaltung heisst Kunst im Karree im gefühlten Schwabing. Auch hier weiss man scheinbar nicht so recht, wo's denn nun stattfindet.

Der alte Nordfriedhof ist noch so ein Indiz dafür, dass die Aufteilung in Stadtbezirke nicht so ganz eindeutig funktioniert. Der wird nämlich gerne Schwabing-West zugeordnet. Da dort nicht mehr getrauert wird, finden sich ganzjährig Kinderwagenfahrer, Jogger und im Sommer Sonnengenießer auf den Grünflächen ein. Ich selbst gehe da auch immer zum "Probeliegen". Inzwischen hat die Stadtverwaltung schicke Hinweistafeln angebracht, auf denen um diverses Verhalten (nicht Radlfahren und nicht Picknicken, dafür wird joggen geduldet) gebeten wird. Ohne die Hochglanztafeln hat's aber auch gut funktioniert.



Das Haus Savoy, ein ehemaliges Appartmenthotel, in dessen Keller nach dem Krieg ein Nobelitaliener die Reichen und Schönen bekochte. Franz Josef Strauss, der Schwarzenegger und Königin Silvia sollen hier verkehrt haben, Alexander Kluge hat hier ordentlich Essen gelernt und der Eichinger sogar im Hinterhaus gewohnt. Überhaupt gibt's im ganzen Viertel viele kleine Restaurants und Kneipen. Le Colonne (für Kenner vom Monaco Franze sind die Räumlichkeiten in "die italienische Angelegenheit" wiederzuerkennen), Dali, Calypso, jede Richtung ist vertreten, weniges allerdings sehr zu empfehlen. In der Reizbar fand übrigens 2006 die erste Bloglesung Münchens statt. Zum Einkaufen braucht man nicht weit, denn kleine Läden existieren an jeder Ecke. Der Karstadt am Nordbad führt alles andere, wofür man sonst in die Innenstadt müsste.

Die ist übrigens nur drei bis vier Ubahnstationen entfernt. Überhaupt ist die öffentliche Verkehrsanbindung ganz prima. In Nullkommanix und fast ohne Stau ist der Mittlere Ring mit Anschluss zur A9 erreicht. Am Hohenzollernplatz kreuzen sich Ubahn und Tram, ein Bus fährt zur Münchner Freiheit und die Nachtlinie 27 bringt alle aus der Innenstadt heim zum Kurfürsten-, Elisabeth- oder Hohenzollernplatz. Bis auf ein paar Bsuffene ist es nämlich nachts sehr ruhig im Viertel, da hier vorwiegend Familien und Mittelständische wohnen. Als ich vor einigen Jahren Wohneigentum erwerben wollte, bemerkte ich, wie ich mich immer mehr auf dieses Viertel einschoß. Die Preise aber auch. So muss ein potentieller Käufer schon für läppische 40m² mit mindestens einer Viertelmillion rechnen. Das hat mich schließlich von meinem Vorhaben wieder abgebracht.



Die schönen alten Häuser gibt's schon noch. Ansonsten wird hier viel gebaut, renoviert, umgestaltet und dann für teures Geld vermietet oder verkauft. Und die kleinen Ecken existieren noch. Wunderschöne Motive, beispielsweise die schönste Kirschblütenstrasse Münchens oder eine alte Garage. ein Freibad in der Georgenschwaige und der Luitpoldpark im Norden (gehört der eigentlich noch dazu?), mehrere Theater (Schauburg und Schwere Reiter) und ein Programmkino, das aber schon wieder zur Maxvorstadt gehört. Macht aber nichts, denn im Gegensatz zu den Berlinern verlassen wir Münchner unser Viertel gelegentlich - wenn auch nur kurz.



Falls Sie mehr Bilder sehen wollen, könnte ich eventuell demnächst...

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