Sonntag, 8. September 2019
Hit the Road



Jedes Mal wenn ich mich in einer fremden Kultur bewege, beobachte ich die Menschen um mich herum sehr sorgfältig. Ich schaue mir an, wie sie alltägliche Dinge tun, wie sie sich bewegen, miteinander umgehen und welche Gepflogenheiten sich von meiner Kultur unterscheiden. Schließlich bin ich Gast und möchte mich korrekt benehmen. Vor allem aber möchte ich niemanden unnötig vor den Kopf stoßen. Manchmal habe ich das Taschentuch schon an der Nase, wenn mir einfällt, dass man sich in Asien nicht schnäuzt, sondern die Pampe lieber in eine Nase und Mund bedeckende Maske laufen läßt.

Mal abgesehen vom Linksverkehr habe ich gleich nach unserer Ankunft die Radfahrgepflogenheiten beobachtet, konnte aber keine allgemeingültigen Regeln ableiten. Da gab es die, die einen fahrradwegähnelnden Streifen am Rand des Gehweges benutzen, jedoch in alle erdenklichen Richtungen. Und dann gibt es die, die mit dem Rad am Straßenrand fahren - ebenfalls in alle erdenklichen Richtungen. Daraus könnten sich folgende Schlussfolgerungen ableiten:
1. es gibt keine allgemeingültigen Regeln für Radfahrer
2. es gibt nicht sofort erkennbare Regeln, die sehr kompliziert sind und
3. es gibt Regeln, die aber permanent missachtet werden, vergleichbar mit München - da radeln die Leute auch kreuz und quer.

Stelle man sich die Situation andersrum vor. Da kommen Leute aus einer anderen Kultur in mein Land und versuchen sich zurechtzufinden. Die Einheimischen missachten jede erdenkliche Regelung, erwarten insgeheim aber von den Touristen oder Neuansässigen, diese Regeln zu kennen und einzuhalten. Davon abgeleitet hätte jede öffentliche Handlung eines Einheimischen gewissermaßen Vorbildcharakter.

Ich bin also nicht nur vom Fahren - insbesondere vom Abbiegen - im fließenden Linksverkehr etwas überwältigt, sondern auch vom Geheimwissen der japanischen Verkehrskultur. Abgesehen davon ist es ungeheuer heiß hier. 36° mit viel Luftfeuchtigkeit laden nicht zum Verweilen an schönen Orten. Man flüchtet eher in kleine Cafés und kitschige Andenkenläden, allesamt stark klimatisiert. Oder man tritt einfach weiter in die Pedale, nutzt den Fahrtwind und endet irgendwann dort, wo Kultur im Kühlen abseits von Touristenströmen stattfindet, nämlich unter der Dusche.

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