Donnerstag, 24. November 2011
Drive My Car


Vor zwei Wochen habe ich mein Auto winterfest gemacht. Reifenwechsel, Batterie (vor 3 Jahre erneuert) überprüft, Frostschutz ins Scheibenwasser, solche Dinge halt, die einem gerne mal morgens um 5.00 beim Blick aus dem Fenster die Laune vermiesen, wenn man sie bis zum ersten Frost nicht erledigt hat. Dann kamen die Weisheitszähne raus und das Auto stand eine Weile. Vorgestern hatte ich morgens einen Termin, der ohne Auto nicht zu bewerkstelligen ist.
Ich also früh raus, die Haare gemacht, alles andere auch und dann ins Auto. Dreh' den Zündschlüssel... nichts passiert. Sofort ist mir klar, was die Stunde geschlagen hat. Vorige Woche ein Glühbirnchen gewechselt, dann eventuell das Licht vergessen. Jedenfalls ist die Batterie mausetot. Jetzt habe ich zwei Möglichkeiten (oder drei aber die dritte fällt mir erst später ein): entweder Termin absagen oder schnell jemanden finden, der Starthilfe gibt. Ich wähle die zweite Möglichkeit. Da ich kein Mitglied bei einem bekannten Automobilverein bin und der auch viel zu lange bräuchte bis er hier ist, steige ich aus dem Auto und scanne die Strasse nach potentiellen Helfern.

Sie müssen sich das bildhaft vorstellen. Ich in hohen Stiefeln, kurzer Rock, kurzes helles Mäntelchen, weisse Lederhandschuhe und ein freundliches Lächeln auf den rotgeschminkten Lippen. So stakle ich auf das erste Paar zu, das sein Auto gerade mit Koffern belädt. Die erklären sich auch sofort bereit zu helfen, nachdem ich Ihnen glaubhaft versichere, dass ich sowohl über ein Kabel als auch das Wissen verfüge selbiges anzubringen. Alles was ich brauche sind vier starke Arme - noch steht das Auto in der Parklücke - und eine geladene 12 Volt Autobatterie. In der Zwischenzeit steht ein weiteres Auto am Strassenrand, dessen Fahrer eine freiwerdende Parklücke erwartet. Ich gehe auf das Auto zu. Der Gesichtsausdruck des Fahrers wechselt zwischen Neugier und Misstrauen. Auf meine Bitte hin unterstützt er den Schiebevorgang, nachdem ich ihm meinen Parkplatz verspreche.

Mein Auto steht jetzt mittig auf der Strasse, der freundliche Schieber platziert seines in meine Parklücke und verschwindet relativ flott. Das Helferpaar rangiert einen dunklen Volvo vor mein kleines Autochen. Wir öffnen die Motorhauben. Im Volvo ist alles sehr ordentlich und blickdicht verpackt. Irgendwo steht ein Pluszeichen, unter dem ich die Batterie vermute. Der freundliche Helfer liest derweil das Bordbuch, weil er sich nicht sicher ist, ob sich seine Batterie nicht doch vielleicht hinten befindet. Aufgrund der fortschreitenden Zeit bin ich leicht nervös. Dann beschließe ich, dass acht Augen doch mehr sehen als sechs. Ein neuer Parkplatzfinder hat sich derweilen am Strassenrand eingefunden. Als er mich direkt auf sich zulaufen sieht, legt er den Rückwärtsgang ein und beginnt, langsam nach hinten zu rollen. Ich laufe schneller, er gibt Gas. Irgendwann hole ich ihn dennoch ein. Das Bedürfnis nach einem Parkplatz war wohl doch stärker. Misstrauisch öffnet er sein Fenster. Ich schildere ihm unser Problem. Seine Antwort lautet: "Ich weiss auch nicht wo meine Batterie ist". "Schade", sage ich und wende mich wieder dem Geschehen um mein Auto zu. Danach sehe ich den Unwissenden noch dreimal langsam um den Block kreisen. Er spekuliert auf die freie Parklücke, vor der mein Auto jetzt steht. Das wird mir aber erst später klar.

Da sehe ich einen Nachbarn das Haus verlassen. Sein Auto ist älteren Datums und hat somit ganz sicher eine Batterie unter der Motorhaube, die auch als solche zu erkennen ist. Das Helferpaar entschuldigt sich, weil man nun den Weg antreten müsse und in Autodingen sowieso nicht so gewandt sei. Das mache nichts, antworte ich wahrheitsgemäß, denn ich sei schon froh, dass sie sich überhaupt zur Hilfe angeboten hätten. Inzwischen steht mir das alte Nachbarauto gegenüber und zwei Minuten später läuft mein Motor. Der Unwissende steht jetzt in der Parklücke und beteuert noch einmal schuldbewusst, er hätte ebenfalls in seinem Bordbuch nachgelesen aber auch keine Batterie gefunden. Er fährt übrigens Skoda. Mir ist das inzwischen egal, denn jetzt interessiert mich nur mein Termin und dass ich zum Glück die weissen Lederhandschuhe ausgezogen hatte, bevor ich mit den Kabeln zu hantieren begann, mich jedoch nicht mehr erinnern kann, wo ich sie hingelegt habe. Im Auto ist es nämlich sehr kalt. Die ersten Meter funktionieren weder Heizung noch Gebläse und ich fahre mit offener Scheibe in den nächsten Stau.

170 Km und drei Staus später funktionieren sowohl Heizung als auch Radio. Mein Erlebnis mit der leeren Batterie macht mich jedoch misstrauisch, weshalb ich sie zukünftig ein bis zwei Tage vor einem neuen Einsatz testen werde. Und irgendwie bin ich froh, dass ich mir noch selbst zu helfen weiß. Alte Autos und Frauen sind nicht so leicht kleinzukriegen.

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Donnerstag, 17. November 2011
Woman is the Nigger of the World
"Einfach dadurch, dass [die Bundeskanzlerin] rational und ruhig bleibt. Dass sie nicht aus Affekten... dass sie lernt, ihre Affekte zu durchschauen, was die Männer ja eigentlich nie lernen. Die wissen gar nicht wie häufig sie aus Affekten handeln. Diese Art, mit sich selber umzugehen, sich selber in Frage zu stellen, auch sich selber nicht - wie sie sagen - so ernst zu nehmen auf die Relativität der eigenen Existenz anzuerkennen, das haben wir gelernt seit Jahrhunderten. Und das zu verbinden mit einer klaren Übersicht über die Realität - den Verstand zu behalten, rational zu handeln, diese Verwendung von Kenntnis der eigenen Gefühle plus eigene Motive plus guter Realitätseinschätzung und rationalem Denken, das macht es aus. Diese Verbindung haben wir bei Männern so leicht nicht."
Margarethe Mitscherlich, 95 jährige Psychoanalytikerin, im Gespräch mit Beckmann über die Bundeskanzlerin.

Beckmann und die Jahrhundertfrauen: Hildegard Hamm-Brücher, Margarethe Mitscherlich und Vera von Lehndorff
Falls Sie es nicht gesehen haben, dann sollten Sie's unbedingt hier nachholen.

Gefunden bei Frau Gaga.

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Dienstag, 15. November 2011
My Own Little World
turn off the news when I don’t like what I see
Yeah, it’s easy to do when it’s
Population: me
Matthew West, My Own Little World



Das ist MEIN Blog hier, was soviel bedeutet wie der richtige Ort für völlig uncoole Geständnisse. Mein erstes in Bloggerkreisen völlig uncooles Geständnis lautet: Ich freue mich immer über Verlinkungen oder sonstige Erwähnungen in fremden Blogs. Beispielsweise hat am Wochenende der Herr Stadtneurotiker auf einen meiner Beiträge verwiesen. Ausserdem entdeckte ich mich heute bei Herrn Rau. Dadrüber kann ich mich ja immer freuen wie Bolle, weil es ja auch bedeutet, dass hier noch wer ausser mir selbst mitliest. Und das ist in Bloggerkreisen total uncool - zumindest wenn ich mich recht erinnere. Cool ist natürlich eine Verlinkung auf Spreublick oder beim Nickelmeier oder wie die alle heißen, weil da mindestens 1000x geklickt wird. Mir wurscht. Ich mag die, die mich lesen mögen.

Zweitens glaube ich ja immer noch, dass es viele gibt, die ein viel tolleres Leben führen als ich, weil die viel toller drüber schreiben. Frau Nessy beispielsweise. Allerdings bin ich mir noch nicht schlüssig, ob das nun am Leben oder an der Fähigkeit zum Formulieren liegt. Immerhin könnte Frau Nessy über einen Furz bloggen und hätte trotzdem innerhalb von einer Viertelstunde Fuffzich Kommentare. Womit wir wieder bei meinem ersten Geständnis wären und der Korrelation zwischen Formulierungstalent und Kommentarzahl (äh, ist das jetzt eine sozialwissenschaftliche Moderatorhypothese?)

Drittens würde ich wahnsinnig gerne schöne Fotos machen. Motive gibt's ja genug aber weil ich ständig meine Kamera vergesse, muss ich eben da Fotos gucken, wo andere noch viel schönere machen. Zum Beispiel hier oder da. Ist jetzt nicht wirklich schlimm. Aber viertens denke ich immer noch darüber nach, wie manche Menschen es schaffen, ihre Mahlzeiten vor dem Essen zu fotografieren. Mein Essen schafft's teilweise nicht mal vom Topf bis auf einen ordentlichen Teller. Ich ziehe es in Erwägung aus diesem Grund demnächst Bauchbilder von mir einzustellen. Ausserdem könnte ich dann über meine Verdauung bloggen, wofür ich vielleicht auch mal Fuffzich Kommentare bekäme.

Habe ich schon erwähnt, dass ich Zirkelschlüsse mag?

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