Donnerstag, 17. Oktober 2019
No Surprise

Gestern war ich zu Gast bei einer Geburtstags-Überraschungsparty. Eigentlich ahnte der Jubilar bereits von der bevorstehenden Überraschung und hatte seinem Freund meine Telefonnummer zugespielt, indem er sein Handtelefon entsperrt auf dem Tisch ließ. Auch andere Dinge waren nicht so sehr vom Planer als vielmehr vom Jubilar selbst geplant, wie beispielsweise die Örtlichkeit und die Zusammensetzung des Kuchens. Ein geschickter Schachzug, wie ich finde. Der Planer indes hatte viel Freude am Umsetzen seiner angeblich eigenen Ideen und dem Gelingen der Überraschung, wie er über den Sammelkanal verlauten ließ. Das rührende an der Geschichte ist, dass er selbst nichts davon ahnte, wie sehr er in gewisser Weise manipuliert wurde. Der Freude des Geburtstagskindes tat dies keinen Abbruch. Am Ende waren alle glücklich.

Das Geschenk allerdings war eine Überraschung, denn damit hatte der Beschenkte nun wirklich nicht gerechnet. Er wollte einfach nur einen schönen Abend mit seinen Freunden verbringen. Dass dann sowohl Deko als auch etwas zum Auspacken präsentiert wurden, rührte ihn doch sehr. Das eigentliche Präsent befand sich in einem Umschlag, doch so ein Umschlag repräsentiert nicht gut. Also habe ich einen Karton aufgehübscht, ihn mit Luftfolie ausgestopft, damit man vorab schütteln kann und schließlich mit einer Schleife verschlossen. Die Spannung war beim Öffnen groß, die Überraschung noch größer.



Und schließlich waren alle sehr zufrieden, dass sie ihn doch noch überraschen konnten. Der Planer tat mir jedoch ein bisschen leid, denn er hätte sich sicher mehr über das ganze Gelingen seines Planes gefreut als einen Teilerfolg zu erhalten. Doch die Freude des Teilüberraschten machten das sicher wieder wett.


All das ließ mich wieder über die Sache nachdenken, wie viel mehr der Akt des Schenkens mit dem Gebenden als mit dem Beschenkten zu tun hat.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Mittwoch, 16. Oktober 2019
Coming Home II
Der Countdown läuft. Im Zuge der 5000 habe ich bereits ein bisschen über meine Gäste (Kommentierende) geschrieben. Heute und über die nächsten 38 Tage möchte ich ein paar hervorheben und - natürlich sehr subjektiv - erklären, wieso ich bei ihnen ebenfalls gerne zu Gast bin. Das hat übrigens durchaus Potenzial für ein sogenanntes Bloggerstöckchen.


Foto: Gaga 2008

Gaga ist nicht nur eine hervorragende Fotografin, sie versteht es auch wie keine andere, sich selbst mit Wort & Bild in Szene zu setzen. Doch der virtuelle Eindruck täuscht. Sie ist keine Egozentrikerin, keine Selbstdarstellerin im herkömmlichen Sinne. Gaga drückt einfach nur aus, was sie denkt und fühlt. In echt wirkt sie zurückhaltend, fast ein wenig schüchtern und beherrscht die hohe Kunst der Hintergrunddominanz - eine Fertigkeit, die guten Fotografierenden gemein ist.

So Gaga wie ihr Name prophezeit, ist sie gar nicht. Ab und zu macht sie lustige Sachen, wie beispielsweise Stummfilme drehen oder in einer Radiosendung auftreten, Literarisches vortragen oder MRT Selfies veröffentlichen. Sie hat - wie ich - einen Faible für Grande Dames. So ehrte Sie Brigitte Bardot zu deren Geburtstag oder schrieb über Hildegard Knef und die, die sie persönlich kennengelernt hat. Es gibt aber auch andere Serien, in denen sie nur über alltägliche Begebenheiten schreibt - so im Goldenen Notizbuch.

Ich schätze die offene und ehrliche Weise in der sie schreibt. Manchmal entstehen daraus längere Unterhaltungen, in denen wir meist stark vom Thema abschweifen. Dann sitze ich daheim und warte auf eine Antwort hier oder bei ihr drüben, die nie lange auf sich warten lässt. Das ist ein bisschen wie zeitverzögertes Telefonieren, bei dem wir öffentlich abgehört werden, weil sich nie jemand anderer beteiligt. Und manchmal denke ich, wir sollten wirklich richtig miteinander sprechen, denn ich mag auch ihre dunkle, warme Stimme.

Seit gestern weiß ich nicht, ob da ein naher Verwandter gestorben ist oder die Ankündigung von Nick Caves Requiem nur dem Künstler huldigt. Ich möchte ungern stören, zumal ich keine Kontaktdaten mehr habe. Irgendwann werden wir aber unsere Unterhaltung fortsetzen, da bin ich sicher.

tbc.

... link (12 Kommentare)   ... comment


Sonntag, 13. Oktober 2019
Lying Down
Darf ich Sie mal eben auf einen kleinen Rundgang in die Crewgemächer einladen? Sie sehen hier den Ort, an den wir uns in unseren Pausen zurückziehen.



Was Sie nicht wirklich sehen, ist die räumliche Enge - ein Ärgernis für große Kollegen. Auf manchen Flugzeugen sind die Liegen so schmal und niedrig, dass Personen mit Hang zur Klaustrophobie nicht dort ruhen können. Die steilen Zugangstreppen werden nach unten von Kollegen gerne vorwärts genommen, was gelegentlich zum Fall führt. Dann landen sie meist vor oder auf dem ersten Bett - dem Bett der Kabinenleitung (also meins). Oder die Türe wird nicht richtig verriegelt und von Passagieren geöffnet, die dann schlaftrunken ihre Notdurft in's Dunkle verrichten. Als Münchenwohnhafte ist man ja diesbezüglich vieles gewöhnt und hinterfragt nichts, vor allem nicht in der Wiesnzeit.

Es gibt aber auch das Crewrest der Piloten. Das ist deutlich komfortabler und größer - hier von einem Vertreter der Gilde vorgestellt:



Die Erläuterungen sind ein bisschen irreführend. So stehen vorschriftsmäßig in jedem Crewrest Sauerstoffmasken und Notausrüstungsequipment zur Verfügung, nicht aber Entertainment. Das gibt's nur auf einigen wenigen Flugzeugen bzw. meist nur für die Cockpitbesatzung. Braucht's auch nicht, denn nach vielen Stunden Smalltalk und Gerenne möchte ich gerne die Augen und Ohren abschalten. Die Betten sind meist so hart, dass man nicht länger als zwei Stunden verweilen möchte - gerade lang genug, um die schmerzenden Beine und Füße zu entlasten. Und die Anschnallgurte, nun ja, es gibt Angestellte, die den nicht mehr schließen können. Denen kann aber bei Turbulenzen nicht so viel passieren, weil der Abstand zwischen Bauch und Decke nicht mehr sonderlich groß ist. Die Decken und Kissen sind übrigens auch nicht besonders kuschelig. In der Ankündigung des obigen Herrn klingt alles ein bisschen nach Hotelkomfort. In Fall der Kabinenangestellten handelt es sich eher so um Sarggemütlichkeit.

... link (7 Kommentare)   ... comment