Donnerstag, 6. Februar 2020
Tageblog 6.2.2020
Huch, schon Donnerstag vorbei?

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Das Konzert gestern war sehr schön. Bis auf den Herrn, der zu nah neben mir saß, nach Bier roch und gelegentlich einnickte. Kann ich nicht nachvollziehen, das Einnicken, denn es waren sagenhafte Musikmachende, die den Raum mit teils ziemlich lauten Klängen füllten. In den wachen Momenten versuchte er, mit mir Konversation zu betreiben, was ich mit einer deutlichen Handbewegung und den Worten: "Sprechen Sie mich bitte nicht an." im Keim erstickte. Ja, ich kann auch bitchy.

Die Abschlusskandidatin hat übrigens mit Bravour bestanden und alle waren sehr stolz, vor allem der Professor, der die Leute aus Ulaan Bataar zum Masterstudium nach München geholt hat. Und ich war auch ein bisschen stolz, weil wir damals vor drei Jahren Silvester zusammen gefeiert haben und sie sich ohne Deutschkenntnisse ganz frisch angereist auf die Aufnahmeprüfung im März vorbereitete und jetzt aus dem mongolischen Mädchen eine junge Dame und Künstlerin geworden ist. Traurig war sie, dass ihre Eltern dem Ereignis nicht beiwohnen konnten. Von Ulaan Bataar nach München ist eben kein Katzensprung.

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Heute beim alten Physhiomann Dinge erfahren. Wussten Sie beispielsweise, dass Ibuprofen nicht gleich Ibuprofen ist? Die meisten Leute sprechen gut auf das Zeug von Liechtenstein an und auf das andere überhaupt nicht. Also was die Schmerzbetäubung betrifft. Entzündungshemmend sind sie alle. Das habe ich mir im Anschlusstermin vom Ortho gleich mal bestätigen lassen. Jetzt nehm' ich mal einen ganz anderen Wirkstoff.

Dann beim neuen Physiomann noch mehr Dinge erfahren. Sein Tenor lautete: "Das sieht nicht gut aus. Ich bin normalerweise ja sehr positiv aber DAS sieht nicht gut aus." Dabei finde ich die Narbe so hässlich nicht. Leider ist sie aber immer noch hart, genau wie das Gewebe drumrum und das im Unterschenkel und das ist die Lymphe, die sich da jetzt festgesetzt hat und da wieder raus muss und das wird sehr weh tun. Sagt er, obwohl er sonst so positiv ist.

Der andere Physiomann, den der Operateur als Experten in meinem seltenen Falle empfahl, hat sich übrigens die Hand gebrochen und kann bis April nicht. Da bin ich wohl anderweitig in besseren Händen.

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Haben Sie mal drüber nachgedacht, dass das menschliche Gehirn selbst wenn es Informationen blitzschnell verarbeiten, dennoch niemals den tatsächlichen Moment erfahren kann? Alles was wir im Kopf speichern, ist bereits Vergangenheit.

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Mittwoch, 5. Februar 2020
Tageblog 5.2.2020
Heute unter dem Motto Gesundung ein paar Telefonate geführt und Termine gemacht. Kann ja nicht sein, dass ich nur abwarte, weil der Herr Operateur mich vertröstet. Nein, da muss aktiv was geschehen. Und weil unser Gesundheitssystem zwar generell gut aber in meinem Falle unzureichend ist, werde ich mal eben für manuelle Therapie und Trainingsanleitung in die Tasche greifen müssen. Wie halt schon seit sechs Jahren. Wenigstens konnte ich es immer von der Steuer absetzen, denn mein Job impliziert viel Rumstehen und -gehen.
Letztlich ist das auch ein Problem bei der Wiedereingliederung. Ich kann während eines zwölfstündigen Fluges nicht einfach sagen: "Meine Lieben, ich mache jetzt mal ein Stündchen Pause, ihr wisst ja, wie's geht." Da bin ich entweder fit - sprich flugtauglich - oder eben nicht. Das hat aber der Orthopäde noch nicht ganz begriffen, der mich nicht mehr so lange krankschreiben möchte. Ja nun, wenn ich von Sessel zu Liege und zurück laufe, kann ich das Hinken auch verbergen. Aber im Falle einer Evakuierung, machen wir uns da nichts vor, da sollte ich das Bein auch anheben können und nicht nur über den Boden ziehen.

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Seit neuestem mache ich Rentnerschwimmen. Das ist ein etwas irreführender Begriff, denn schwimmen kann ich nicht wirklich. Der Physiomann meinte, ich solle in's Wasser, um das Gewicht von den Gelenken zu kriegen, worauf ich erwiderte, soo viel hätte ich nun auch wieder nicht zugenommen. Jedenfalls laufe ich jetzt morgens im Warmbecken des lokalen Schwimmbades meine Runden, während die Rentner am Beckenrand Sozialkontakte pflegen. Manchmal setzt so ein Strudel ein, gegen den ich nicht ankomme. Da muss ich aufpassen, dass ich nicht in die Beinschere von einer Blümchenkappendame gerate, die vor mir paddelt. Die Herren nicken mir meist bei jeder Runde wortlos zu. Gezählt habe ich sie nicht aber in einer Stunde kommt man bestimmt auf so 50 Runden. Wenn das mal bei denen kein Schleudertrauma verursacht. Manche Blümchenkappen werden richtig rabiat und hechten in die Richtung, wenn's bei den Unterwassersitzliegen am Rand zu blubbern beginnt. Ich habe mich immer gefragt, wieso die sich da bäuchlings drauflegen, bis ich es mal ausprobiert habe. Blubberliegen sind ein bisschen wie Selbstbefriedigung für Weihnachtskirchgänger, je nachdem wo die Bläschen aufsteigen.
Meistens bin ich die Einzige, die sich im Becken richtig bewegt. Nur einer, ein Herr mit Glatze und Goldkettchen absolviert manchmal so eine Art Armtraining am Beckenrand. Er stemmt sich wiederholt vom Wasser nach oben und lässt sich wieder fallen. Das macht er etwa 15x, dann hat er keine Lust mehr. Letztes Mal fand er eine Nachahmerin, die kam aber nicht richtig über die Wasseroberfläche. Zudem setzte genau zu diesem Zeitpunkt die Blubberliege ein. Man muss halt Prioritäten setzen. Ich glaube, ich muss nicht betonen, dass ich da nicht gerne hingehe.

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Heute Abend wird eine Bekannte ihr Abschlusskonzert im Rahmen des Studiums Jazzgesang geben. Ich bin schon sehr gespannt, denn sie war die erste, die im Rahmen der deutsch-mongolischen Hochschulbeziehungen durch ein Austauschprogramm des Goetheinstitutes in München akzeptiert wurde. Eigentlich kommt sie aus der Tradition des Throat Singing und Long song. In ihrer Heimatstadt Ulan Baatar hat sie das von klein auf gelernt. Hier in München singt sie halt einfach Jazz aber wenn sie lacht, hört man sie durch jedes Stimmengewirr unverkennbar und kräftig.

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Putzige, kleine Wollgeschöpfe auf Instagram.
Ich hätte gerne den kleinen Eisbären für mein Fensterbrett.

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Dienstag, 4. Februar 2020
Tageblog 4.2.20
Inzwischen ist es unter den regelmäßigen Lesenden angekommen, dass die Kaltmamsell nicht mehr bloggt Pause macht. Einerseits wird sie ja vielerorts vermisst - auch von mir. Das ist natürlich ein bisschen arg egoistisch, denn sie wird ihre guten Gründe haben. Zudem merke ich, wie mir das tägliche Lesen Kontakt vorgaukelte, obwohl der ja nur einseitig stattfand und ich mich jetzt halt auf andere Weise darum bemühen muss. Ich hoffe, sie profitiert auf irgendeine Weise von der Pause. Müssen wir anderen halt ran. Jemand muss das Bloguniversum ja am Laufen halten.

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Mein derzeitiger Gesundheitszustand scheint sich nicht merklich zu verbessern. In Folge macht sich etwas in mir breit, das als Mischung zwischen Unruhe und Ratlosigkeit beschrieben werden kann. Jetzt aber bitte keine guten Ratschläge, die bekomme ich oft und meist ungefragt. Das ist der Nachteil einer so verbreiteten Diagnose wie meiner. Jeder kennt wen, der wen kennt und Sie wissen schon. Mir hat das Konzept von Herrn und Frau Rau da sehr imponiert: einmal die Woche darf der gute Geist eine Stellungnahme abgeben. Jetzt ist es aber so, dass ich keine Stellungnehmenden mit so viel Einblick in den bisherigen Verlauf habe. Folglich muss ich aus widersprüchlichen Aussagen von Ärzten und Therapeuten das herausdistillieren, was mir nützlich scheint.

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Mein Geburtstag ist nun schon ein paar Tage her. Der Besuch eines alten Freundes aus Stuttgart und die abendliche Zusammenkunft vieler weiterer haben mir den Tag versüßt. Jenen Freund kenne ich noch aus Studienzeiten, er damals an der Akademie der bildenen Künste, ich an der Musikhochschule. An meinem Ehrentag durfte ich mir eine Aktivität wünschen. Ich wollte endlich mal das Brandhorstmuseum besichtigen. A propos erste Male: man bot mir dort einen Rollstuhl an, den ich gerne annahm. Zu Beginn wurde ich noch geschoben, was sich beim Betrachten der Ausstellung aber als etwas unkomod herausstellte. Schließlich begann ich selbst zu fahren. Manövrieren hatte ich nach einer Weile ganz gut raus. Am schönsten waren die besorgten Gesichtsausdrücke der Aufsehenden wenn ich rückwärts fuhr und sich mittig im Raum ein Exponat befand. Das hatte ich aber schon beim berollen des Raumes wahrgenommen und bremste beherzt zur rechten Zeit. Ich weiß, ich kann manchmal so böse sein.

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A propos erste Male: in meiner kleinen Wohnung hatte ich noch nie mehr als zwei Gäste gleichzeitig und dachte, 12 wären die Grenze. Es hätten aber noch locker fünf bis sechs Menschen reingepasst. Die live Musik war kein erstes Mal, wohl aber ein Kontrabass, der die Türe versperrte und meine Gäste praktischerweise vom Gehen abhielt. Einer flüchtete dann so schnell in der Spielpause, dass er sogar Handschuhe und Mütze liegen ließ obwohl bei nächtlicher Kälte mit dem Fahrrad unterwegs. Die hat er am nächsten Tag zurückbekommen. Auch andere Überbleibsel verteilte ich am nächsten Tag an rechtmäßige Besitzer und dankbare Empfangende. Die Freundin, welche das Biertragl mit einem Leiterwagen in der U-Bahn transportierte verließ uns zu später Stunde, wobei ich dem Biertragl und ihr ein Taxi spendierte. Der letzte Gast hat mich zugedeckt, da schlief ich bereits. Und all das hallt immer noch in mir nach. Ich bin unendlich dankbar, solche Menschen zu kennen, die mich so liebevoll mit ihrer Anwesenheit und Anderem beschenken.

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Übrigens hier eine Liste von schönen deutschen Worten. Einige stammen aus dem Hebräischen (5), andere kenne ich als eingedeutschte aus dem Französischen (19/20) - erster Weltkrieg und so weiter:

29 wunderschöne deutsche Worte, die Du viel zu selten sagst

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