Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass es Themen gibt, zu denen JE-DER was zu sagen hat? Ich kenne jetzt zumindest eines davon. Da mein Zustand in letzter Zeit kaum übersehbar ist, werde ich ständig darauf angesprochen. Sobald das Wort "Weisheitszähne" fällt, beginnen meine Gesprächspartner eine endlose Litanei ihres eigenen Leidensweges. Dahinter verbirgt sich kein Mitleid, kein Interesse, denn ich komme danach meist nicht mehr zu Wort. Es ist fast, als wolle man die Gelegenheit nutzen, um sein eigenes Trauma aufzuarbeiten. Da wird so blumig und nuancenreich über medizinische Hintergründe, den Eingriff als solchen und seine Folgen berichtet, wie ich es noch nie bei anderen Themen erlebte. Und wagen Sie es nicht, derartige Erzählungen zu unterbrechen. Mal abgesehen davon, dass es Ihnen nicht gelingen wird, haben Sie auch gleichzeitig einen neuen Freund gewonnen, der Ihnen nötigenfalls bis auf die Toilette folgt. Die Entfernung der Weisheitszähne macht Sie zu heimlichen Verbündeten. Ich denke gerade darüber nach, ob der Weltfrieden etwa durch eine gesetzlich angeordnete Weisheitszahnresektion zu gewährleisten sei. Mir wurde berichtet, dass diese Form des Mitteilungsbedürfnisses nur von einer augenscheinlichen Schwangerschaft überboten wird. Aber ich muss auch nicht jede Erfahrung gemacht haben.

da muss ich Ihnen unbedingt von meiner OP erzählen, Sie machen sich ja keine Vorstellung, allein die Vollnarkose hätte ein Pferd töten können...

Mein Mitgefühl!

Oh jemineh... kommt das auf alle irgendwann zu? Hat die jeder im Mund und müssen die bei allen Menschen wegoperiert werden? Sie sehen, ich bin unbeleckt. Und auch nicht schwanger.

Aber ich höre Ihnen gerne zu! Und rede auch nicht dazwischen. Jammern Sie ruhig ein bißchen. Dafür hat man ein Blog!

ach, schon beim 3. satz konnte ich an nix anderes mehr denken als geburt. das ist ja mein weisheitszahn, und wenngleich es ja so ist, dass ich zu den meisten anderen muetterm ein gespaltenes verhaeltnis habe... wenn einer in meiner gegenwart das wort "geburt" erwaehnt, spule ich sofort ungefragt 28 stunden wehendelirium in echtzeit runter. da kommt dann auch keiner mehr zwischen. ist mir sehr peinlich, wenn ich nicht ich waere, faende ich solches verhalten inakzeptabel, aber es scheint in der tat eine form der zwanghaften traumabewaeltigung zu sein. weisheitszaehne hab ich auch raus, die erinnerung daran ist allerdings irgendwo zwischen wehe 349 und 350 verloren gegangen.

mal ein Thema, zu dem ich 4 Worte beisteuern kann:

"Habe ich alle noch!"

Fertsch.

Ich hasse sowas.

Es scheint ein umfassenderes Phänomen. Seuchen, Tod und Krankheit sitzen doch an jedem Kaffeeetisch. Und dann immer dieses: "Wußtet Ihr schon, der XYZ hat ...blablabla" und dann folgt eine Aufzählung von allerlei körperlicher Gebrechen und dabei kennt man XYZ gar nicht, was die Sache dann immer etwas langweilig macht und man selber auch diesen Eindruck vermittelt und dann verabschiedet sich die Kaffeerunde ins Kommunikationsnirvana.

Aber Ihr Eindruck scheint - meiner Erfahrung - nach zu stimmen:
Die meisten Menschen wollen nicht zu hören, die wollen ihren Müll loswerden. Ich sehe hier einen maßgeblichen Grund für die Enstehung von Blogs. Eventuell! ;-)

Gute Besserung!