Freitag, 1. Juli 2022
I will survive (2)
Jetzt ist alles wieder gut. Nein, nicht alles, denn morgen ist Rückreisetag. Da kann - und wird erfahrungsgemäß - noch viel passieren. Die Schmerzen bei Frau Herzbruch sind in ihrem Blog nachzulesen, meine begrenzen sich auf Muskelkater im Oberschenkelbereich vom Fahrradtag und Bizeps, den ich für gewöhnlich nicht spüre, weil ich kaum welchen habe aber gestern war Langhanteltraining und man muss auch mal was Neues ausprobieren. Das sagt Frau Herzbruch täglich dem Nachwuchs, der mich aus Gründen seit gestern auch offiziell Mama ruft. Heute sehe ich mich also nicht im Gruppensport, was sicher gut ist, denn dort werden meist Bekanntschaften zu Alleinreisenden geknüpft, die dann am Strand oder Pool vertieft werden - so gestern zu meinem Leidwesen geschehen. Da hat Ona mich einfach Mama gerufen und Schlimmeres, namentlich eine Neubesetzung unseres letzten offenen Sitzplatzes am Tisch verhindert. Zuvor saß da des Öfteren Thilo der Tauchlehrer, der von Onas Unterwasserfähigkeiten so begeistert war, dass er ihn gerne in einem Kurs gesehen hätte. Ona wiederum sah sich die letzten Tage meist chillend auf Bett oder Liege. Wachsen ist übrigens anstrengend und sticht Frühsport. Jedenfalls haben wir herausgefunden, dass es einen mitarbeiterbefreiten Sitzbereich auf der Terrasse gibt und den wir die letzten Tage bevorzugten. Mein rechter Platz ist seither wieder leer, da wünsche ich mir aber keinen Friedrich Merz Verschnitt her - der Alleinreisende sieht dem nämlich zum Verwechseln ähnlich, wobei ich seine politische Einstellung noch nicht erfragte. Ich möchte am liebsten überhaupt nichts von ihm wissen, das bewahrt mich vor grober Enttäuschung und Fluchtreflex.

Was wollte ich eigentlich erzählen? Ach ja, ich bin eine schlechte Leihmutter, denn während Frau Herzbruch beim Nachwuchsentertainment ausfiel, habe ich zwar alles gegeben aber immer nur in dem mir möglichen Rahmen. Da es hier einen Gleichaltrigen gibt, der aber etwas größer als Ona ist und in der ersten Liga Handball spielt, wollte ich unter keinen Umständen mit Ona Bälle zu gut werfen und fortan die Chance für eine beginnende wunderbare Freundschaft zwischen den Beiden vertun. Das Lob, ich sei aber gar nicht soo schlecht und er hätte selbst Gleichaltrige - was auch immer das in den Augen eines Dreizehnjährigen bedeuten mag - schon schlechter werfen sehen, beantwortete ich mit einem Wurf in die Hecke, worauf Ona sich für die Teilnahme am Clubrätsel entschied - er wollte mich nicht hängenlassen, war aber vom Bällewerfen dann doch gelangweilt - während ich den Ball rettete. Zuvor hatten wir am Strand Bodyboards ausgeliehen, ich dem Verleihenden schöne Augen gemacht und Ona selbige stark verdreht. Nach nur einer Stunde - geliehen wird jeweils zwei - war auch das durch, ich brachte beide Bretter zurück und musste feststellen, dass der herzbruch'sche Nachwuchs keine Zimmerkarte dabeihatte. Also wieder an den Strand, leise an Friedrich Nerz vorbeigeschlichen, Ona aus den Wellen gepfiffen und dann unter aller alleinreisender Augen sowie derer des nackten Mannes, dessen bestes Stück so lang ist, dass der sich nie hinsetzen oder -legen kann und immer in Richtung Weiblichkeit drehen muss, mit Ona zum Duschen abgezogen. Raten Sie, wie lange es dauerte, bis sich alle am Pool einfanden - der Nackte natürlich bekleidet, wobei ich den in Badehose selbständig überhaupt nicht wiedererkenne. Dafür habe ich den Leihsohn, dem das alles sehr peinlich ist.

Am Abend war Gala und meine Abwesenheit nicht sonderlich auffallend. Das Unterhaltungsprogramm ist clubniveaumäßig gut, das Feuerwerk ordentlich, doch Ona und ich waren da mehr um die Tiere besorgt als die Gäste, die den Lärm mit pappsüßen Cocktails betäubten. Heute Morgen waren die wohl immer noch betäubt, denn beim Frühstück war ich fast alleine anwesend. Auch kein Personal für Kaffee, und während uns sonst nach dem letzten Krümel der Teller quasi unter der zurückgeführten Gabel weggezogen wird, erschrak ich heute als er sich wie von Geisterhand nach eineinhalb Stunden am Tisch sitzend neben meiner Tastatur weg bewegte. Nein auch kein Friedrich Merz war da, denn der fand gestern Anschluss zu zwei netten Damen weit unter seinem Alter. Vermutlich ist er heute Abend aber wieder frei. Und so findet alles Gute sein Ende, damit Neues kommen kann. Ich bin gespannt, denn es wird sicherlich nicht die letzte Reise mit Frau Herzbruch nebst Nachwuchs sein. Vielleicht aber die letzte, die er mein Leihsohn sein möchte. Das macht mich ein bisschen traurig.

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?Und so findet alles Gute sein Ende, damit Neues kommen kann.? Das ist so ein schöner Satz.
Und Leihkinder sind was Feines. Man kann was Nettes mit ihnen erleben und sie dann wieder abgeben.
Bei der Studienfahrt letztens hatten der Kollege und ich auch eine junge Dame im Schlepptau, die entweder keinen Anschluss fand oder in den Kollegen verknallt war. Jedenfalls haben wir sie kurz überall als unsere Tochter vorgestellt. Es sah ein bisschen nach Macrons mit Anhang aus. Aber für Brigitte muss ich noch an derFigur arbeiten.

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Danke Croco, das lese ich erst jetzt. Naja, ich war auch mit Zurückkommen und dem Kofferdrama beschäftigt. Und dann suche ich mir wieder ein Leihkind - es gibt da ja auch noch Nichten.

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Ist der Koffer wieder da?

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NEIN
Leider noch nicht. Ich habe die Hoffnung schon fast aufgegeben. Jedes Wochenende starten irgendwo jetzt große Schulferien. Da wird noch so einiges auflaufen.

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