Freitag, 14. Juli 2006
Kitchen window
Im Sommer lernt man nach und nach seine Nachbarschaft kennen. Fenster sind zu jeder Tages- und Nachtzeit geöffnet, ab und zu steht einer drin. Mein Nachbar von Gegenüber zum Beispiel sitzt gerne lesend im geöffneten Fenster. Anfangs dachte ich, der wäre suizidgefährdet, so freischwebend im sechsten Stock über dem Dach zu sitzen und in aller Seelenruhe ein Buch lesen, während er gelegentlich an einer Kippe zieht. Der hat aber da Übung drin. Nettes Kerlchen, denke ich mir meistens und lass anschließend die Rollos runter.

Nicht so in der letzten Vollmondnacht. Ich geh in meine Küche und will mir grad ne Fluppe anstecken, da seh ich ihn wieder sitzen. Sieht interessant aus im Gegenlicht seiner Zimmerbeleuchtung. Ich wie immer im Lotterdress, schnell vor den Kleiderschrank und was wirkungsvolleres rausgekramt. Danach das Küchenfenster weit geöffnet und mich ganz lasziv auf dem Barhocker vor dem Fenster geräkelt. Geht nicht, denk ich mir, sieht so inszeniert aus. Also schnell überlegt, was ich stattdessen machen könnte. Fingernägel lackieren! Super Idee, rechtfertigt meinen Aufenthalt am offenen Fenster. Übung hab ich keine, weil ich das Zeug hasse. Meistens schmier ich mir über die Finger und seh hinterher wie ein kleines Kind aus, das sich mit Filzstift auf die Nägel malt oder ich kanns nicht abwarten, bis er trocken ist und zerstöre die glatte Oberfläche. Also lass ich es lieber ganz. An dem Abend war mir das egal. Schnell den Nagellack geholt und wieder lasziv hingesetzt (wie schüttelt man lasziv eingetrocknete Lackfläschchen?) War ziemlich schwierig im Mondlicht aufzutragen. Licht wollte ich nicht machen, weil sonst die Illusion futsch ist. Und wie ich so den ersten Nagel in der Mache hab, seh ich ein Mädel an der Türe klingeln. Ich denk noch, wenn das mal nicht Besuch für ihn ist. Kaum gedacht, seh ich die zwei schon im Fenster sitzen. Grimmig hab ich dann die Nägel fertiglackiert. Unterbrechen ging nicht, weil ich keinen Lackentferner mehr im Haus habe. Dann hab ich mich trotzig in den Rest meiner Wohnung zurückgezogen. Nach etwa zwei Stunden wieder in die Küche und vorsichtig nach oben gespäht. Da saßen die immer noch wie Brüderlein und Schwesterlein auf dem Fensterbrett, die Beine aufs Dach baumelnd und quatschten über Gott und die Welt. Meine Güte, der muss noch ziemlich jung sein. Nur Freunde, klar, keine Annäherungsversuche. Haha, dass ich nicht lache. Keine Ahnung, wie lange die da noch so saßen und für Unverfänglichkeiten ein wenig zu laut und zu albern kicherten. Nach einer weiteren Stunde bin ich nämlich ins Bett. Um 3.00 kann man das, ohne als spießig zu gelten.

Heute Nachmittag zieh ich die Rollos hoch. Ach Du scheiße, da oben steht er und starrt direkt in meine Richtung. Und ich obenrum nix an. Der erste Schock legt sich, ich schlüpfe in ein Shirt und schleiche unbemerkt in die Küche zurück. Er immer noch am Fenster. Ich hole meine Brille. Jetzt habe ich erstmalig die Gelegenheit, ihn bei Tageslicht zu sehen. Er mich aber auch. Aus der Küchenecke spähe ich vorsichtig nach oben. Der zweite Schock sitzt etwas tiefer. Da steht der unbekannte Zwilling von [insert name of any fat´n ugly old actor you know]. Kann nicht sein, war der nicht blond? Und wie ich wieder nach oben schau sind sie zu zweit. Aha, Brad Pitt hat Herrenbesuch. Langsam dämmert die Erkenntnis, warum Damenbesuch auch nach Mitternacht nicht landen kann. Der muss schwul sein. Ist ja immer so, entweder schwul oder besetzt. Kein Interesse zählt nicht in die Kategorien, die Frau in Erwägung zieht. Echt jetzt. Da gibt´s sieht zu gut (schlecht) aus, ist zu jung (alt) oder ist bestimmt liiert und ganz zum Schluß ist bestimmt schwul. Mehr ist nicht drin im weiblichen Denkschema. In Zukunft mach ich die Rollos einfach immer unbekleidet auf, dann kann ich mir bald im letzten Punkt sicher sein. Aber er ist sowieso viel zu jung und sieht obendrein zu gut aus. Und ganz bestimmt ist er liiert.

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hihi.
auf dem fensterbrett sitze ich auch öfters mal - mit den beinen baumelnd. meine besorgte nachbarin sieht dann immer gleich mein leben am seidenen fädchen selbiges tun.
der nächtliche besuch fehlt mir aber dann doch. oder männer, die gegenüber lasziv die spülmittelflasche oder so schütteln, um mich heimlich zu beeindrucken... ;)

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Schauen Sie genau hin. Da schüttelt bestimmt einer, wenn auch nicht unbedingt die Spülmittelflasche...

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WIRKLICH, ich meine WIRKLICH gut aussehende Männer sind nie schwul. Leider ;-)

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Wie habe ich das jetzt zu verstehen?

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Ich weiß ja auch nicht ...

off topic
Wenn ich hier auf meinen Neo-Bazi klicke, lande ich beim Club der scheintoten Dichter. Was nu, halb- schein- oder untot?

Auf jeden Fall jenseits von Gut und Böse.

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Ja, das fiel mir auch schon auf. Willst des ned mal ändern?

Im Grunde wollte ich nur wissen, wie ich dieses LEIDER zu verstehen habe. Bedeutet das
a) der Opa hat die Seite gewechselt
oder b) der Opa mag keine zu schönen Männer, weil die Konkurrenz bedeuten?

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Test
Keinesfalls ein Aufbruch zu neuen Ufern. War schon immer so. Wer nicht schnell genug auf den nächsten Baum ...

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ja, was schütteltschütteltschüttelt er denn da? den kopf? oder auch noch den rest, sprich, sich? wenn er mich beim kochen beobachtet, würde mich das nicht wundern, denn an-geschmacks meiner produktionen tue ich das oft auch selbst... ;)

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