Mittwoch, 26. Juli 2006
Urlaub vom Sommerregen
Gerade mit einem Bekannten telefoniert, der beruflich über längere Zeit in Beirut zu tun hatte. Als der Krieg ausbrach war er im Urlaub in Deutschland. Wie mag es denen wohl gehen, die nicht einfach Urlaub vom Krieg nehmen können?

... link (3 Kommentare)   ... comment


Sicher ist (un)sicher
Es gibt da ein Ding, das sich Luftsicherheitsgesetz nennt und das letztes Jahr in Kraft getreten ist. Amerika hat hyperventiliert und wir atmen wie billige Huren im selben Rhythmus mit. Öffentliches Aufsehen erregte damals die Passage über zum Abschuß freigegebene Passagierflugzeuge, die in terroristischer Absicht gegen das Menschenleben eingesetzt werden. Dieser Paragraph wurde unter Druck der Öffentlichkeit im Februar vom Bundesverfassungsgericht geändert.

Was für Otto Normalflieger im Alltag nicht sonderlich spürbar ist, bedeutet für Flugpersonal den sprichwörtlichen Schmerz im Arsch. Das geringste Übel daran ist die jährliche Zuverlässigkeitsüberprüfung. Ich gebe meine Wohnsitze der letzten zehn Jahre preis und erkläre mich damit einverstanden, dass meine persönlichen Angaben unter Befragung weiterer Informationsquellen überprüft werden. Schon bei Einführung dieses Gesetzes entwickelte sich ein bizarres Szenario. Da wurde Kollegen die Bestätigung ihrer Zuverlässigkeit verweigert, weil sie aufgrund mehrmaligen Schwarzfahrens in der Vergangenheit straffällig geworden waren. An solchen Beispielen lässt sich eine gewisse Lächerlichkeit nicht von der Hand weisen.

Schlimmer sind die Personenkontrollen, denen ich mich vor JEDEM Flug zu unterziehen habe. Früher durfte ich an Bord, ohne mich abtasten und durchleuchten zu lassen. Jetzt muss ich alle Taschen und Koffer abgeben, mich piepsender Kleidung entledigen, mir mit einem Metalldetektor über die BH-Bügel fahren lassen, meine Schuhe ausziehen etc. Das lächerliche daran ist die Tatsache, dass ich geschult bin, Notfallausrüstung an Bord zu finden, die auch als Waffe zu missbrauchen wäre. Ich plaudere hier keine Geheimnisse aus, wenn ich sage, dass sich an Bord eines Flugzeuges mindestens eine Axt, eine Brechstange und weitere Werkzeuge befinden, mit denen man menschliches Leben bedrohen könnte. Spätestens seit Nikki Lauda in einem öffentlichen Interview dies kundtat, weiß jedes Kind, dass und wo sich die Axt an Bord befindet.
Zudem lassen sich auch alltägliche Gegenstände zu Waffen umfunktionieren. Die Plastikmesser, welche im Zuge der 9/11 Hysteriewelle auf vielen Strecken normale Metallmesser ersetzten, waren schärfer als herkömmliche Klingen eines Tafelmessers. Weine werden immer noch in Glasflaschen geliefert. Die Kundenakzeptanz von Champagner im Tetrapack ist verschwindend gering. In der gehobeneren Klasse genießt man edlere Tropfen zudem gerne aus richtigen Gläsern. Ausserdem verfügt jeder Flugbegleiter über magische Kräfte, die Korken mit einem Fingerschnippen aus dem Flaschenhals zieht und Käse wie von Geisterhand in Scheibchen fächert.

Machen wir uns doch nichts vor. Nur weil es der Fluggast nicht sieht, heisst noch lange nicht, dass nicht bestimmte Werkzeuge an Bord vorhanden wären. Wieso muss ich dann Nagelscheren - wie in der aktuellen Spiegelausgabe abgedruckt - abgeben? Man sagte mir, das ganze Prozedere fände zur Beruhigung der Allgemeinheit statt. Ich lass mich also weiterhin befummeln damit Gerda Schmitt und Karlheinz Müller beruhigter fliegen. Die sehen ja nur das, was sie sehen wollen. Angeblich. Das Volk ist dumm, weil es für dumm gehalten wird. Ab und zu ist aber einer darunter, der sich Gedanken macht und nicht blind den Massen beim Sprung ins Verderben folgt. Ihr könnt eure Gesetze wieder einpacken, die bedeuten nämlich für uns als Flugpersonal nichts anderes als Schikane.
Abschließend ein Zitat aus selbigem Artikel im Spiegel: [Die Pilotenkontrollen] träfen, so Barig-Generalsekretär Martin Gaebges, ausgerechnet jene Berufsgruppe, die über "die Lizenz für die ultimative Terrorwaffe" verfüge - den mit Passagieren gefüllten Jet.

mehr Information

... link (5 Kommentare)   ... comment