Sonntag, 13. Juli 2008
Open doors
Ich stehe in Socken auf Alfred Dardas Schlafzimmerteppich. Er hat mich eingeladen. Das ist jetzt nicht so, wie Sie denken. Ich bin nämlich nicht die Einzige, die sich dieses Wochenende in seinem Schlafzimmer aufhält. Während ich wieder in meine Schuhe schlüpfe, erklärt der grauhaarige Herr mit Brille einer jungen Dame nebenan völlig unprätentiös und ohne Angst vor Klischees seine Kunst.



Kunst im Karrée heißt das Motto, unter dem einmal im Jahr die Ateliers im 'gefühlten Schwabing' ihre Türen für Besucher öffnen. Auch Alfred Darda fühlt sich in Schwabing, selbst wenn er eigentlich schon in der Maxvorstadt wohnt. So genau nimmt man's nur bei den städtischen Korinthenkackern, weshalb die Veranstaltung vergangenes Jahr politisch korrekt umbenannt werden musste.



Künstler kennen sich untereinander. Man begrüßt sich überschwänglich und trinkt gemeinsam das ein oder andere Glaserl in der Küche. Alle anderen sind eh nur zum Wohnungen gucken gekommen. Die wenigsten Ateliers sind in separaten Hinterhausbauten oder Kellern. Durch gekennzeichnete Türen betritt man privaten Wohnraum. Später wird sich über geschätzte Quadratmeterzahl, Qualität der Möblierung und allgemeiner Zustand der Künstlergemächer unterhalten. So sans halt, die Leut.



Auch sonst ist alles ziemlich unkompliziert. Kühlschränke werden kurzfristig zu Sockeln und Kunst zu Sitzmöbeln umfunktioniert. Man gibt sich lässig. Künstler halt. Zunächst ist mir dieses Eindringen in Privatsphäre noch reichlich unangenehm. Artig schüttle ich den Regen von der Jacke und trete die Schuhe vor der Türe ab. Nach der dritten Wohnung verlieren sich meine Hemmungen. Ich streife Bilder und Sofas, gönne dem Bücherregal einen ausgiebigeren Blick und beobachte interessiert andere Besucher.



Selbstverfasste Erklärungen liegen für Interessierte aus. Das ein oder andere durchaus nachvollziehbar, wenn auch nicht immer offensichtlich. Der jeweilige Künstler ist ebenfalls gerne behilflich. Die Aussicht auf ein drittes Glas Wein inklusive angereichter Kräcker macht aus vorgetäuschtem auch schon mal echtes Interesse an den Ausstellungsstücken. Danach muß wohl etwas deutlicher beschriftet werden.



Ob nun Schwabing oder Maxvorstadt, was bleibt, ist dann doch nur das Gefühl. Und das war mir beim Herrn Darda das angenehmste. Man steht halt nicht alle Tage sockig im Schlafzimmer eines echten Künstlers. Nächstes Mal lasse ich die Schuhe aber an.




Kunst im Karrée

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