Dienstag, 31. Mai 2022
The Queen of Corona 3
Eine dritte, sehr kurze Nacht. Geschlafen habe ich nur zwischen 3.30 und 7.40. Danach schaltete sich ein völlig neues Level von Schlechtfühlen frei. Obwohl ich komplett verschwitzt aufwachte, war mein Fieber geschätzt eher niedrig. Meine Konzentration reichte von hier bis zum nächsten Türrahmen. Als ich eine Antwortmail meines Arbeitgebers mit Anforderung von Nachweisen lesen wollte, brach ich in Tränen aus. Ich merkte, dass mich allein das Lesen und Verstehen so viel Kraft kostete, die ich nicht hatte. Auch andere Aufgaben schienen mir plötzlich unüberwindbar. Mein Kopf hat die Fähigkeit zu improvisieren und neue Möglichkeiten zu finden verloren. Das wurde mir durch einen Dialog auf Twitter klar. Bei dem Hinweis, ich dürfe die Isolation nicht brechen, hatte ich keinerlei Lösungsmöglichkeiten mehr als den Gedanken, dann werde ich halt nicht mehr essen, womit die Problematik um Einkaufen und Müllentsorgung gelöst wäre. Bleiben Sie dran, wenn meine Vorräte in drei Tagen zur Neige gehen. Am liebsten hätte ich jemanden, der mein Leben ab hier für mich organisiert.

Das von Frau Novemberregen georderte Fieberthermometer kam nachmittags an. Ich packte es aus und ließ es als erstes fallen. Es funktioniert aber noch und zeigte mir, dass ich mich in einem normalen Fieberbereich bewegte. Somit ist mein Hirnnebel nicht vom Fieber. Ob ich darüber froh sein soll, weiß ich jetzt auch nicht. Eine weitere Neuerung sind die gefühlt belegten Ohren, d.h. ich höre nur noch wattig. Kenne ich schon, hängt mit der Eustachischen Röhre zusammen, tritt vor allem bei Schnupfen und damit behindertem Luftaustausch auf. Seltsamerweise habe ich aber keinen Schnupfen. Naja, die Nase lief immer mal ein bisschen, war aber nie verstopft. In diesem Zuge lernte ich, dass ich den Musculus tensor tympani willentlich ansteuern kann, was ich bereits seit Jahren bei auf der Straße vorbeifahrender Martinshörner nutze, wenn ich keine Hand frei habe, um mir die Ohren zuzuhalten.

Auch die Augen sind seit dem Abend in Mitleidenschaft gezogen, die Bindehaut entzündet. Ich war immer schon sehr sorgfältig, da kann ich erst recht bei Corona keines der üblichen Symptome auslassen. Bekannte und Freund'innen meldeten sich gestern nur noch sporadisch, nachdem sie einsilbige Antworten auf Ihre Genesungswünsche erhielten. Ich hoffe, Du bleibst symptomlos/leichter Verlauf/milde Symptome etc. und Geht es Dir besser? mit nur vier Buchstaben beantwortet (Nein) bedeutet scheinbar zwischen den Zeilen soviel wie Lass mich in Ruhe. Dem ist nicht so. Das Lesen und Tippen strengt mich nur ungemein an. Auch dieser unwesentliche und uninspirierte Eintrag hat mich Stunden Energie und Konzentration gekostet. Das sind sie und bin ich nicht von mir gewöhnt. Das erschreckt mich. Bleiben Sie also dran, wenn es morgen wieder heißt: neue Symptome, neues Glück.

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