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Donnerstag, 22. März 2007
Solutions
frau klugscheisser, 21:15h
Während ich mich tagsüber erfolgreich vor notwendigen Tätigkeiten wie Putzen, Bügeln und der Steuererklärung herumdrücke, löse ich nachts die Probleme der Welt. So träumte ich kürzlich, wie die traditionelle Witwen- und Mädchenverbrennung in Indien zu umgehen sei. Nach einer Konvertierung zum Islam vermittelte ich einfach alle Inderinnen an heiratswillige Moslems. Diese Nacht mache ich mich an die Klimakatastrophe.
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Freitag, 16. März 2007
Sticking little white flowers all up in her hair
frau klugscheisser, 18:32h
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We're history (where were you?)
frau klugscheisser, 13:41h
Seltsam, wie wir unser tägliches Einerlei an äußeren Ereignissen festmachen, als ob die Routine viel zu schnell im Vergessen versinken lässt. Vielleicht geschieht in diesen Zeiten einfach zu wenig, das uns in Atem hält. Vielleicht sind wir ein träges Pack von Wohlfühlsüchtigen geworden, deren Verdrängungsmauer so hoch geworden ist, dass nur noch wenig durchsickert. Wo warst Du als die Mauer fiel, wo, am 11.9.? Wo warst Du, als Kurt Cobain starb und wo beim Tod von Prinzessin Diana?
Gestern sah ich The Queen. Der Film selbst ist anderswo schon besser besprochen worden als ich es jemals könnte [und ja, Helen Mirren hat den Oscar dafür wahrlich verdient]. Wo warst du als Prinzessin Diana starb? Die Welt stand nicht nur auf der kleinen Insel für einen Augenblick still. Menschen trauerten um jemanden, der ihnen noch nie persönlich begegnet war, als hätten sie eine nahe Freundin oder gar Schwester verloren. Möglicherweise waren es sogar dieselben Menschen, die schon bei Cobains Todesnachricht eine Träne vergossen, obwohl beide Anhängerschaften unterschiedlicher nicht hätten sein können. Das Dianaphänomen mit Hysterie und fehlenden Leitbildern zu erklären wäre nicht ausreichend. Vor allem waren es wohl die Umstände ihres Todes, sowie ihre Fehlbarkeit in Kombination mit einer exponierten Position, die sie schon zu Lebzeiten zur Identifikationsfigur der breiten Masse werden ließ und schließlich zu exaltierter Trauer führten.
Wo war ich denn als Diana starb? Die Antwort ist ernüchternd, wenngleich nachvollziehbar: ich war im Bett. Allein. Zumindest das hatte ich zum damaligen Zeitpunkt mit der Queen und einigen mehr gemeinsam. Es war vier Uhr morgens - selbst am Wochenende nachtschlafende Zeit - als die offizielle Nachricht verkündet wurde. Mich erreichte die Nachricht erst einige Stunden später durch den Anruf meines damalig besten Freundes."Diana ist gestorben", waren seine ersten Worte noch vor etwaigen Grußformeln. Erst verstand ich nicht recht. Wir wohnten nebeneinander und teilten auch sonst recht viel aus unserem Leben. Er war eine rheinische Frohnatur mit einem gewissen Hang zur Dramatik, Künstler halt. Wenn jemand gestorben war, wieso rief er mich an, anstatt an der Türe zu klingeln? Langsam begriff ich, dass es nicht um seinen Vater - liebevoll der Alte genannt - ging und auch nicht um eine seiner zahllosen Liebschaften, sondern um die Princess of Wales, weswegen ich im ersten Moment seine Aufregung nicht verstand. Ich schaltete den Fernseher ein. Liveberichterstattung in Kombination mit Bildern von einem zerknautschten Auto und der lebendigen Prinzessin. "Oh wie traurig" dachte ich und das war's dann auch schon. Insgeheim freute ich mich ein wenig, dass die kommenden Tage Retrospektiven auf das Leben Dianas zu erwarten wären, die ich allesamt verfolgte. Schließlich konnte ich mich noch zu gut an die bombastischen Hochzeitsbilder erinnern. Damals verbrachte ich die Ferien in Amerika.
Nicht gefaßt war ich auf die allgemeine Reaktion. Wäre ich Engländer oder zumindest dort während der Ereignisse zugegen gewesen, möglicherweise hätte ich anders reagiert. So aber schien mir das Verhalten des Volkes befremdend. Nur wenige Wochen später starb Mutter Teresa. Da schien bereits eine allgemeine Trauererschöpfung einzusetzen. Man hatte sich für Lady Di ausgepowert, hatte alles gegeben, was an Tränen vorrätig war. Für Mutter Teresa reichte es nur noch zu stummer Betroffenheit. Heute erinnert sich keiner mehr daran. Eine alte Frau, deren Ende abzusehen war wie auch das von Queen Mom. Ich halte mich nicht für einen gefühlsarmen Menschen - und die, die mich persönlich kennen dürfen mich gerne korrigieren - aber ich spüre mehr Mitgefühl für ein fünfjähriges Mädchen, das ich kennenlernte und das gerade seine Mutter verloren hat, als ich Trauer um eine Frau empfinde, die mir nur aus den Medien bekannt ist. Dennoch kann ich mich an den Tag erinnern, als wäre er gestern gewesen. Anscheinend geschieht zu wenig in meinem Leben.
Der schönste Satz des Filmes kommt übrigens von Frau Blair. "Is this a mother thing?" fragt sie Tony, als dieser vehement die Monarchie und insbesondere die Queen gegen ihre Angriffe verteidigt. Fast möchte man meinen, die dahinterliegende Aussage träfe nicht nur auf ihn zu.
Diana, her death and life
First official statement from Blair
Tribute from The Queen
Gestern sah ich The Queen. Der Film selbst ist anderswo schon besser besprochen worden als ich es jemals könnte [und ja, Helen Mirren hat den Oscar dafür wahrlich verdient]. Wo warst du als Prinzessin Diana starb? Die Welt stand nicht nur auf der kleinen Insel für einen Augenblick still. Menschen trauerten um jemanden, der ihnen noch nie persönlich begegnet war, als hätten sie eine nahe Freundin oder gar Schwester verloren. Möglicherweise waren es sogar dieselben Menschen, die schon bei Cobains Todesnachricht eine Träne vergossen, obwohl beide Anhängerschaften unterschiedlicher nicht hätten sein können. Das Dianaphänomen mit Hysterie und fehlenden Leitbildern zu erklären wäre nicht ausreichend. Vor allem waren es wohl die Umstände ihres Todes, sowie ihre Fehlbarkeit in Kombination mit einer exponierten Position, die sie schon zu Lebzeiten zur Identifikationsfigur der breiten Masse werden ließ und schließlich zu exaltierter Trauer führten.
Wo war ich denn als Diana starb? Die Antwort ist ernüchternd, wenngleich nachvollziehbar: ich war im Bett. Allein. Zumindest das hatte ich zum damaligen Zeitpunkt mit der Queen und einigen mehr gemeinsam. Es war vier Uhr morgens - selbst am Wochenende nachtschlafende Zeit - als die offizielle Nachricht verkündet wurde. Mich erreichte die Nachricht erst einige Stunden später durch den Anruf meines damalig besten Freundes."Diana ist gestorben", waren seine ersten Worte noch vor etwaigen Grußformeln. Erst verstand ich nicht recht. Wir wohnten nebeneinander und teilten auch sonst recht viel aus unserem Leben. Er war eine rheinische Frohnatur mit einem gewissen Hang zur Dramatik, Künstler halt. Wenn jemand gestorben war, wieso rief er mich an, anstatt an der Türe zu klingeln? Langsam begriff ich, dass es nicht um seinen Vater - liebevoll der Alte genannt - ging und auch nicht um eine seiner zahllosen Liebschaften, sondern um die Princess of Wales, weswegen ich im ersten Moment seine Aufregung nicht verstand. Ich schaltete den Fernseher ein. Liveberichterstattung in Kombination mit Bildern von einem zerknautschten Auto und der lebendigen Prinzessin. "Oh wie traurig" dachte ich und das war's dann auch schon. Insgeheim freute ich mich ein wenig, dass die kommenden Tage Retrospektiven auf das Leben Dianas zu erwarten wären, die ich allesamt verfolgte. Schließlich konnte ich mich noch zu gut an die bombastischen Hochzeitsbilder erinnern. Damals verbrachte ich die Ferien in Amerika.
Nicht gefaßt war ich auf die allgemeine Reaktion. Wäre ich Engländer oder zumindest dort während der Ereignisse zugegen gewesen, möglicherweise hätte ich anders reagiert. So aber schien mir das Verhalten des Volkes befremdend. Nur wenige Wochen später starb Mutter Teresa. Da schien bereits eine allgemeine Trauererschöpfung einzusetzen. Man hatte sich für Lady Di ausgepowert, hatte alles gegeben, was an Tränen vorrätig war. Für Mutter Teresa reichte es nur noch zu stummer Betroffenheit. Heute erinnert sich keiner mehr daran. Eine alte Frau, deren Ende abzusehen war wie auch das von Queen Mom. Ich halte mich nicht für einen gefühlsarmen Menschen - und die, die mich persönlich kennen dürfen mich gerne korrigieren - aber ich spüre mehr Mitgefühl für ein fünfjähriges Mädchen, das ich kennenlernte und das gerade seine Mutter verloren hat, als ich Trauer um eine Frau empfinde, die mir nur aus den Medien bekannt ist. Dennoch kann ich mich an den Tag erinnern, als wäre er gestern gewesen. Anscheinend geschieht zu wenig in meinem Leben.
Der schönste Satz des Filmes kommt übrigens von Frau Blair. "Is this a mother thing?" fragt sie Tony, als dieser vehement die Monarchie und insbesondere die Queen gegen ihre Angriffe verteidigt. Fast möchte man meinen, die dahinterliegende Aussage träfe nicht nur auf ihn zu.
Diana, her death and life
First official statement from Blair
Tribute from The Queen
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Mittwoch, 14. März 2007
Oooh, fashion!
frau klugscheisser, 01:39h
Vergesst Vanity fair, vergesst Vogue. Shopping in New York ist out. Shanghai is the new Paris. Solche Sprüche kann ich mir erlauben, man kommt in meiner Position schließlich ganz schön rum. Zugegebenermaßen führen Sätze wie "also Sushi esse ich nur in Tokio" in nicht eingeweihten Kreisen leicht zu Verwirrung, und die gedankenlos auf den Tresen geworfene zollfreie Zigarettenschachtel kann schon mal als Porscheschlüsseläquivalent mißverstanden werden. Aber was habe ich schon von meinem Job anderes, als das Wissen, wo man welche Unnecessaires am billigsten erwerben kann, mal abgesehen davon, dass der Erwerb bestimmter Artikel illegal oder ethisch verwerflich ist?
Ein nettes kleines Kaschmirmäntelchen soll es diesmal werden. Da die chinesischen Feiertage rar und mit den Neujahrsfeiern für dieses Jahr erst mal bis auf Weiteres vorbei sind, kann ich sicher sein, dass die kleinen chinesischen Näherinnen meinem Wunsch innerhalb von 24 Stunden nachkommen. In den winzigen Buden des Stoffmarktes hängt noch immer die Winterkollektion. Designer auf der ganzen Welt bemühen sich schließlich jetzt schon um die kommende kalte Jahreszeit und alle Schnitte, alle Mode ist wiederkehrend.
Die Modelle sind ganz auf asiatische Maße ausgerichtet. Den Chinesen müssen wir Europäer wie Walrösser erscheinen. Immerhin ist so mehr Stoff zu verkaufen. Auf meinem Weg durch die engen Gänge bleibe ich an einem Büdchen hängen. Sofort habe ich die Aufmerksamkeit der Ladenbesitzerin geweckt. Ob ich den Mantel möge, der auf einem Modelltorso hängt. Noch bin ich nicht schlüssig, was ich eigentlich suche. Nein, der Mantel, den ich mir vorstelle sollte eher gerade als tailliert geschnitten und in der Taille nicht angereiht sein. Die Chinesin begreift sofort. "Same, same, but different", sie antwortet mit einer der gebräuchlichsten Phrasen, wie sich später herausstellen soll. Jawohl, genau so aber anders habe ich mir meinen zukünftigen Mantel vorgestellt. Man gibt sich hier sehr flexibel.
Wir diskutieren eine Weile über Länge, Kragen und Knöpfe. Sie legt mir dutzendweise zerfledderte Magazine und abgegriffene Darstellungen von Prototypen vor, bis wir uns einig werden. Obwohl sie - für chinesische Verhältnisse - erstaunlich gut englisch spricht, bin ich immer noch mißtrauisch. Also den Kragen habe ich mir etwas anders vorgestellt, lieber gerade als zu zackig und der Mantel sollte auf jeden Fall einen Schlitz hinten haben. Aber sonst genauso wie der, den ich gerade anprobiert habe und vielleicht auch so wie der komplett andere, den sie mir als erstes zeigte, halt irgendwas dazwischen. Himmel, das ist ja schon in heimischen Kaufhäusern schwierig, sich mit dem Personal zu verständigen, wie soll sie wissen, was ich tatsächlich möchte? Als sie meine Maße nimmt, werde ich nervös. Weit soll er werden, viel weiter als ihr Maßband gerade anzeigt, schließlich will ich darunter nicht nur ein dünnes Kleidchen tragen können. "Oh, yes, I understand", ebenfalls ein oft gehörter Satz, wenn ich mir auch nicht ganz sicher bin, ob auch der eine leere Phrase ist.
Als wir fertig sind, lasse ich mir noch einmal versichern, dass das gute Stück auch wirklich am nächsten Tag fertig ist. "Yes, maybe afternoon", versichert mir die Ladeninhaberin. Bei maybe werde ich noch nervöser als ich es sowieso schon bin. Es ist ja bekannt, dass Asiaten gerne dieses Wörtchen verwenden, um Verneinungen zu vermeiden. Erst der Preis beruhigt meine Nerven. "I give you a good prize." Ich bin mir sehr sicher, dass dieser gute Preis immer noch viel zu viel ist, für europäische Verhältnisse jedoch eine lächerliche Summe. Wir tauschen Geldscheine gegen einen Durchschlag meiner Maße und eine Visitenkarte - beides für mich unleserlich da chinesisch. Erst als ich im Taxi sitze, fällt mir ein, dass wir uns zwar über den Stoff einig waren, nicht aber über die Knöpfe. Was wäre das Leben ohne Überraschungen?
Als ich am nächsten Tag zur vereinbarten Zeit eintreffe, ist der Mantel noch nicht da. "Maybe ten minutes. Just walk around." Ich warte lieber. Die Chinesin verschwindet mit ihrem Handy im Getümmel. Auf dem kleinen Schemel sitzend beobachte ich, wie sich im Laden gegenüber ein dicker Amerikaner entblößt. Neue Hemden sollen es wohl werden. Die Van Laack Etikette läßt er sich sicher nachträglich einnähen. Überhaupt wäre das im Hinblick auf fehlende Renten ein neuer Industriezweig: handgestickte Etikette aus Altersheimproduktion. Meine Chinesin bleibt auch nach zehn Minuten noch verschwunden. Eine chinesische Familie prüft das Angebot des Ladens. Sie schauen mich mißtrauisch an. Ich konzentriere mich auf eine zerlesene Illustrierte.
Schließlich rauscht die Besitzerin mit einer Plastiktüte um die Ecke. Mein Mantel ist da. Irgendwie habe ich ihn mir anders vorgestellt aber er gefällt mir. Same but different ist er geworden. Der Gürtel ein wenig zu lang - wohl europäisch elefantösen Maßen angepasst - und die Schlaufen zu weit oben, der Schlitz etwas zu kurz und die Verarbeitung insgesamt nicht ganz sauber. Dafür sehen die zwei Reihen Knöpfe hervorragend aus und den Kragen hätte ich nicht besser beschreiben können, als er geworden ist. Ist mir doch egal, wenn die heimischen Temperaturen jetzt zu steigen beginnen. Ich trage die nächsten Wochen Kaschmir vom Feinsten. Mode betreffen ist eh alles same but different.
Ein nettes kleines Kaschmirmäntelchen soll es diesmal werden. Da die chinesischen Feiertage rar und mit den Neujahrsfeiern für dieses Jahr erst mal bis auf Weiteres vorbei sind, kann ich sicher sein, dass die kleinen chinesischen Näherinnen meinem Wunsch innerhalb von 24 Stunden nachkommen. In den winzigen Buden des Stoffmarktes hängt noch immer die Winterkollektion. Designer auf der ganzen Welt bemühen sich schließlich jetzt schon um die kommende kalte Jahreszeit und alle Schnitte, alle Mode ist wiederkehrend.
Die Modelle sind ganz auf asiatische Maße ausgerichtet. Den Chinesen müssen wir Europäer wie Walrösser erscheinen. Immerhin ist so mehr Stoff zu verkaufen. Auf meinem Weg durch die engen Gänge bleibe ich an einem Büdchen hängen. Sofort habe ich die Aufmerksamkeit der Ladenbesitzerin geweckt. Ob ich den Mantel möge, der auf einem Modelltorso hängt. Noch bin ich nicht schlüssig, was ich eigentlich suche. Nein, der Mantel, den ich mir vorstelle sollte eher gerade als tailliert geschnitten und in der Taille nicht angereiht sein. Die Chinesin begreift sofort. "Same, same, but different", sie antwortet mit einer der gebräuchlichsten Phrasen, wie sich später herausstellen soll. Jawohl, genau so aber anders habe ich mir meinen zukünftigen Mantel vorgestellt. Man gibt sich hier sehr flexibel.
Wir diskutieren eine Weile über Länge, Kragen und Knöpfe. Sie legt mir dutzendweise zerfledderte Magazine und abgegriffene Darstellungen von Prototypen vor, bis wir uns einig werden. Obwohl sie - für chinesische Verhältnisse - erstaunlich gut englisch spricht, bin ich immer noch mißtrauisch. Also den Kragen habe ich mir etwas anders vorgestellt, lieber gerade als zu zackig und der Mantel sollte auf jeden Fall einen Schlitz hinten haben. Aber sonst genauso wie der, den ich gerade anprobiert habe und vielleicht auch so wie der komplett andere, den sie mir als erstes zeigte, halt irgendwas dazwischen. Himmel, das ist ja schon in heimischen Kaufhäusern schwierig, sich mit dem Personal zu verständigen, wie soll sie wissen, was ich tatsächlich möchte? Als sie meine Maße nimmt, werde ich nervös. Weit soll er werden, viel weiter als ihr Maßband gerade anzeigt, schließlich will ich darunter nicht nur ein dünnes Kleidchen tragen können. "Oh, yes, I understand", ebenfalls ein oft gehörter Satz, wenn ich mir auch nicht ganz sicher bin, ob auch der eine leere Phrase ist.
Als wir fertig sind, lasse ich mir noch einmal versichern, dass das gute Stück auch wirklich am nächsten Tag fertig ist. "Yes, maybe afternoon", versichert mir die Ladeninhaberin. Bei maybe werde ich noch nervöser als ich es sowieso schon bin. Es ist ja bekannt, dass Asiaten gerne dieses Wörtchen verwenden, um Verneinungen zu vermeiden. Erst der Preis beruhigt meine Nerven. "I give you a good prize." Ich bin mir sehr sicher, dass dieser gute Preis immer noch viel zu viel ist, für europäische Verhältnisse jedoch eine lächerliche Summe. Wir tauschen Geldscheine gegen einen Durchschlag meiner Maße und eine Visitenkarte - beides für mich unleserlich da chinesisch. Erst als ich im Taxi sitze, fällt mir ein, dass wir uns zwar über den Stoff einig waren, nicht aber über die Knöpfe. Was wäre das Leben ohne Überraschungen?
Als ich am nächsten Tag zur vereinbarten Zeit eintreffe, ist der Mantel noch nicht da. "Maybe ten minutes. Just walk around." Ich warte lieber. Die Chinesin verschwindet mit ihrem Handy im Getümmel. Auf dem kleinen Schemel sitzend beobachte ich, wie sich im Laden gegenüber ein dicker Amerikaner entblößt. Neue Hemden sollen es wohl werden. Die Van Laack Etikette läßt er sich sicher nachträglich einnähen. Überhaupt wäre das im Hinblick auf fehlende Renten ein neuer Industriezweig: handgestickte Etikette aus Altersheimproduktion. Meine Chinesin bleibt auch nach zehn Minuten noch verschwunden. Eine chinesische Familie prüft das Angebot des Ladens. Sie schauen mich mißtrauisch an. Ich konzentriere mich auf eine zerlesene Illustrierte.
Schließlich rauscht die Besitzerin mit einer Plastiktüte um die Ecke. Mein Mantel ist da. Irgendwie habe ich ihn mir anders vorgestellt aber er gefällt mir. Same but different ist er geworden. Der Gürtel ein wenig zu lang - wohl europäisch elefantösen Maßen angepasst - und die Schlaufen zu weit oben, der Schlitz etwas zu kurz und die Verarbeitung insgesamt nicht ganz sauber. Dafür sehen die zwei Reihen Knöpfe hervorragend aus und den Kragen hätte ich nicht besser beschreiben können, als er geworden ist. Ist mir doch egal, wenn die heimischen Temperaturen jetzt zu steigen beginnen. Ich trage die nächsten Wochen Kaschmir vom Feinsten. Mode betreffen ist eh alles same but different.
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