Montag, 8. Oktober 2007
A room with a view (19)


Fast acht Jahre war ich nicht mehr dort. Ich wollte nicht mehr nach Barcelona. Nicht in dieses neue Hotel, das gefühlte Lichtjahre vom Zentrum entfernt liegt. Das alte Hotel lag direkt an den Ramblas, hatte Flair und Steinboden, der jeden Schritt auf dem Gang akustisch verstärkte. Deswegen suchte man ein neues Hotel, eines mit Teppich.

Vor acht Jahren war jede Stadt spannend, jedes Hotel neu und jeder Aufenthalt aufregend. Damals glaubte ich noch, dass männliche Kollegen nur meine inneren Werte schätzen. So schlug ich einem, der von meinen inneren Werten besonders angetan schien, vor, den anstehenden Urlaub gemeinsam zu verbringen. Wir begossen unsere tollkühnen Pläne mit viel Flüssigkeit in diesem alten Hotel mit dem Steinboden. Als uns der Nachschub an der Bar wegen Dienstschluß verweigert wurde, wankten wir über den Steinboden zum Aufzug. Das richtige Zimmer zu finden, gestaltete sich außerordentlich schwierig und als der Schlüssel wenigstens ein richtiges Schloß fand, wollten wir kein Risiko eingehen. Immerhin waren da zwei Einzelbetten, die sich aber leicht über den Steinboden schieben ließen.

Am nächsten Morgen weckten mich Schritte und laute Stimmen. Was sich anhörte wie eine Personalversammlung direkt vor dem Bett, fand in Wirklichkeit auf dem Flur statt. Im Zimmer war ich allein. Ein kurzer Rundblick ließ mich erleichtert aufatmen. Mein Koffer, meine Kleider, mein Zimmer. Noch wusste ich weder, warum die Betten zusammengeschoben waren, noch von der Minibarrechnung, die auf mich wartete. Auf dem Nachttisch eine Visitenkarte und ein Gruß von einem, den ich nicht kannte. Noch nicht.

Zwei Monate später verbrachten wir eine gemeinsame Woche in einem Hotel mit Steinboden. Diesmal beschränkten wir uns nicht nur auf meine inneren Werte. Ein Jahr später zog ich mit einem Koffer in seine kleine Wohnung. Meine Möbel standen noch in einer anderen Stadt. Wir suchten nach einer größeren Bleibe, etwas mit Steinboden oder Parkett. Bezahlbar war jedoch nur Auslegware. Nach wenigen Monaten waren meine inneren Werte so platt wie sein Teppich. Irgendwann fand ich eine kleine Wohnung mit Parkett, nur für mich alleine. Er half beim Schieben des Bettes und baute die Regale auf. Dann kehrte er zu seinem Teppich zurück.

Inzwischen ist viel Zeit vergangen. Es gibt kaum noch Hotelzimmer ohne Teppich. In manchen Hotels ist der Teppich inzwischen so lebendig, dass er als erstes draußen ist, wenn's brennt. Eine Hinweistafel neben der Türe mit der Aufschrift "Hier entsteht ein Mikrobiotop" würde mich nicht wundern. Dabei schluckt Teppich nicht nur Geräusche, sondern auch jegliche Romantik. Und Barcelona wird in meiner Erinnerung immer das kleine Hotel mit dem unvergleichlichen Flair und dem Steinboden sein.

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Freitag, 5. Oktober 2007
October
Es ist wieder Herbst in Deutschland. Vor dreissig Jahren gab es ebenfalls einen Herbst in Deutschland, der es nicht nur wettermäßig in sich hatte. Das Thema RAF spukt wieder durch die Medien und auch auf Mindestenshaltbar ranken sich die Geschichten um damals.

Mein Beitrag ist das Ergebnis einer langjährigen Auseinandersetzung mit der damaligen Flugzeugentführung. Das Thema lag und liegt mir sehr am Herzen. Aber bitte, lesen Sie selbst:

Landshut liegt in Afrika

Nachtrag: weitere Einblicke in den Kommentaren.

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Sätze, die man sofort bloggen muss (28)
Hätte Agnes Gonxha Bojaxhiu gedacht: "Überall auf der Welt hungern Kinder, nicht nur in Indien. Was soll ich da schon ausrichten?" dann wäre sie ganz sicher in Skopje geblieben, statt nach Kalkutta zu reisen.

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Donnerstag, 4. Oktober 2007

Free Burma!


Bringt doch sowieso nichts...
Momentaner Hype...
Ist nicht das einzige Problem dieser Welt...


Wenn eine Aktion keine nennenswerten Resultate erzielt, sollte man dann lieber die Augen verschließen? Ist Resignation eine adäquate Reaktion auf die zahllosen Probleme dieser Welt? Nur weil ein Land derzeit in den Fokus rückt und in einigen Wochen bereits wieder in Vergessenheit gerät, sollte man es lieber gleich heute schon vergessen?

Ich sehe mich nicht in der Lage, in dieses Land zu reisen, mit Verantwortlichen zu diskutieren oder meine Ersparnisse dafür zu opfern. Ich kann mich aber über die Geschehnisse informieren und andere darauf aufmerksam machen. Diese kleine Aktion mag nichtig sein, sie mag ein gewalttätiges Regime kaum beeindrucken, aber es ist das Einzige, was wir alle mit geringem Aufwand derzeit tun können.

Am Dienstag war ich im Circus Krone, wo Michael Mittermeier sein neues Programm 'Safari' präsentierte. Die Einnahmen des Abends gingen an die Myanmar-Stiftung. Mittermeier spendet nicht erst seit den aktuellen Ereignissen. Er hat das Land bereits selbst besucht und appellierte an sein Publikum mit den Worten: "Interessiert euch für das, was da drunten passiert!" Treffender hätte ich es nicht formulieren können.

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