Samstag, 27. Oktober 2007
Take the time out
Wenn ich auf einen Lichtschalter drücke, wird es normalerweise hell. Falls nicht, kann das nur zwei Gründe haben: entweder die Stromrechnung ist nicht bezahlt oder die Glühbirne ist hinüber. Warum kann ein Computer nicht genauso funktionieren? Ich hätte die letzten zwei Wochen gerne auf einen Schalter gedrückt und das Internet wird hell.

Man glaubt ja nicht, wieviel Zeit man damit verbringen kann, alle Birnchen durchzutesten. Wenn dann das letzte Haar gerauft und großes Chaos in Einstellungen und System herrscht, ziehe ich durchaus in Erwägung, einen zu fragen, der sich damit auskennt. Der probiert dann ein wenig herum, wundert sich über die merkwürdigen Einstellungen und das Chaos im System und sagt schließlich, dass dies und jenes hinüber sei. Weil er ein besorgtes Gesicht dabei macht und sehr viele Gerätschaften mitgebracht hat, glaube ich ihm. Haare hat er übrigens schon lange keine mehr.

Insgeheim hoffe ich aber jeden Morgen, dass die Verbindung wieder heil ist. Mir ist egal, ob Heinzelmännchen, Außerirdische oder eine besonders günstige kosmische Strahlung über Nacht am Werk waren, ich will einfach, dass alles wieder funktioniert. Sehr sogar. Im Akzeptieren war ich noch nie gut. Wenn mein Auto, meine Waschmaschine oder mein Computer nicht funktionieren, nehme ich das sehr persönlich. Erst bin ich beleidigt, dann werde ich grantig und schließlich depressiv. Leider kann mein Therapeut keine Autos reparieren. Aber reden können wir drüber. Stundenlang. Das ist der Grund, warum Automechaniker weniger verdienen als Therapeuten.

Vielleicht liegt es einfach an meinen Einstellungen. Persönliche Betroffenheit deaktivieren. Depression1.2 deinstallieren. Sind Sie sicher, dass Sie alle Komponenten von Depression1.2 entfernen wollen? So ein Jammermodus mit Außenbestätigung hat was für sich, im Bett bleiben spart Heizung und ist umweltschonend. Abbrechen. Irgendwas läuft in meinem Leben ganz falsch, wenn mich ein technisches Problem so aus der Bahn wirft. Während ich mich vorher mit Hilfe des Internets vom Alltag ablenke, lenke ich mich jetzt vom Internet durch Alltag ab.

Die zündende Idee hat der Mann vom Kundenservice. Ich kenne ihn nicht. Trotzdem telefonieren wir etwa eine halbe Stunde. Am Ende möchte ich ihn gerne heiraten. Er sagt, er sei schon liiert. Mir wird langsam klar, woher meine Verbindungsprobleme kommen. Meinem Therapeuten auch. Am nächsten Tag ist alles geregelt, alles funktioniert, alles paletti. Es geht mir gut, danke der Nachfrage. Ich hatte schlicht und ergreifend zu viel Alltag. Dagegen hilft am Besten ein (technisches) Problem.

Erstaunlich, dass trotz Funkstille so viele hier vorbeigesurft sind, wohl in der Hoffnung auf neue Beiträge. Ihr bekommt alle einen Treuebonus. Wer hundert Punkte gesammelt hat, kriegt von mir gratis die Software Getalife2.0. Und ich hab Euch trotzdem lieb.

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Donnerstag, 18. Oktober 2007
What you get is what you see
Ein déjà-vu jagt das nächste. Die (Wieder-)Entdeckung der Langsamkeit. Elsa hieß das Modem, das Kilobite für Kilobite durch die Drähte schaufelte, und war grün, das aber nur am Rande. Als vor Kurzem das viel schnellere Modem seinen Geist aushauchte, fanden sich noch Reminiszenzen von Elsa in irgendwelchen Systemdateien. Wir trennten uns vor etwa zwei Jahren. Danach verbrachte sie einsame Nächte in den Tiefen des Einbauschrankes. Kürzlich fiel sie mir wieder in die Hände und ich setzte sie am Straßenrand aus. Jemand muss sie noch in derselben Nacht adoptiert haben, denn am nächsten Morgen war sie verschwunden. Elsa war langsam, dafür umso zuverlässiger. Nicht so wie die jungen Dinger ohne Durchhaltevermögen. Mein Neuer heißt Fritz und hat sein Pulver schon nach wenigen Tagen verschossen. Jetzt weigert er sich, Bilder und Metaphern durch den Äther zu leiten. Ganze Seiten lädt er nur noch mit viel Zureden und Bestätigung. Ein Ende der Rekonvaleszenz ist nicht in Sicht. Fritz ist schuld, wenn hier in geraumer Zeit nichts Neues erscheint. Alte Schnarchnase!
CHRRRRRRRrrrrrrrzzzzzzzzz...

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Mittwoch, 10. Oktober 2007
Wer, wie was?
Auf dem Heimflug, den wir in Uniform zwischen den Passagieren sitzend antreten, neben mir ein achtjähriger Junge auf dem Weg von einem Elternteil zum anderen. Normalerweise stelle ich mich 'tot', um Gesprächen mit Umsitzenden zu entgehen und auch das Kindchenschema animiert nicht zwingend mein Fürsorgegen. Ganz entgegen meiner Gewohnheiten bekämpfe ich die bleierne Müdigkeit und lasse mich auf eine Unterhaltung ein. Das Handy müsse er jetzt ausschalten, meint der Kleine pflichtbewußt. Auf meine Frage, ob denn seine Klassenkameraden auch so ein Ding besitzen, nickt er kurz. Die hätten sogar welche mit Kamera und so Schnickschnack aber die Nummern, die wisse er nicht und deswegen könne er auch nicht mit ihnen telefonieren. Selbst seine eigene Nummer kenne er nicht, denn er soll damit ja nur zu Hause anrufen und sagen, dass er jetzt angekommen sei. So etwas habe ich mir bereits gedacht. Gleichzeitig fühle ich mich sehr alt, so alt, wie man sich bei dem 'zu meiner Zeit' Gedanken eben fühlt.

Als wir starten, sage ich, das sei mein liebster Moment beim Fliegen. Die Geschwindigkeit drückt den Körper noch ein wenig tiefer in die Sitze, fast wie beim Achterbahn fahren. Er sagt, das wäre ganz anders, weil eine Achterbahn erst ganz langsam anfahre und danach erst die Geschwindigkeit komme. Ich entschuldige mich für den schlechten Vergleich, doch er nickt wissend. Wenn man oben sei, so der Kleine, dann spüre man beim Fliegen ja überhaupt nichts mehr, das sei als ob man stehe. Nur die Kurven, die würde man manchmal ein wenig spüren.

Dann sieht er mir direkt in die Augen. Er hätte da mal eine Frage: wenn man so eine Kurve fliege, das wäre ja seltsam, dass da trotzdem alles gerade bleibe. Er hätte einmal seine Jacke aufgehängt und die hinge in einer Kurve völlig gerade zum Flugzeugboden. Dabei müsse die ja eigentlich schräg hängen. Plötzlich lauschen Umsitzende auffällig unauffällig unserem Gespräch. Alle warten auf die logische Erklärung einer Fachkraft. Mir wird ein wenig mulmig, weil mir keine intelligente Antwort einfallen will. Erst rede ich ein wenig herum, stammle etwas von Geschwindigkeit und dass beim Start ja alles schräg hängt. Schließlich gebe ich zu, es nicht wirklich zu wissen. Die Umsitzenden wenden sich wieder ihren Gesprächen oder der Zeitungslektüre zu. Der Junge zuckt kurz mit den Schultern: "Naja, dann frage ich eben meinen Papa, der ist auch Flugbegleiter." Hoffentlich hat der Papa die richtige Antwort parat. Und zu meiner Ehrenrettung bei nächster Gelegenheit warte ich mal auf eine physikalische Erklärung von Herrn NFF, denn der muss es ja wissen.


Wissenswertes vom Fachmann:
Warum sie oben bleiben

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