Mittwoch, 3. September 2008
Seize The Day


und das und das und vor allem das da.

Wer hat nochmal gesagt, man solle aus dem Vollen schöpfen und jeden Tag so leben, als wäre es der letzte?

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Dienstag, 2. September 2008
We sail tonight for Singapore (3)


Was gibt es in einer Stadt zu tun, die vor Luxus und Hightec nur so strotzt? Eine Stadt, die radikal vom Altbaucharme gesäubert wurde und in der Chinatown eher wie eine schwäbische Kleinstadt anmutet als ein asiatischer Schmelztiegel. In einer Stadt, in der es keine dunklen Häuserecken und schmutzigen Straßenkinder, keine Bettler und kein natürliches Wachstum gibt, gleitet das Interesse schnell vom Profanen hinüber zum Sakralen.
Und Gebetshäuser gibt es derlei viele, wenn manche auch eher an ein Toyota-Autohaus erinnern, als an eine heilige Stätte.



Gott ist bekanntlich überregional, was wiederum die buddhistischen Tempel in Little India und die Hindugebetsstätten in Chinatown erklärt. Auch gegen Moscheen neben Kirchen hat keiner was einzuwenden. Man sucht sich einfach aus dem breiten Angebotsspektrum das richtige aus und bedient sich des individuellen Segens.

So auch ich an diesem einen Sonntag in Singapur. Ich suche zunächst den Tempel der tausend Lichter. Stattdessen treffe ich eine riesige Plastikbuddhastatue an, die von Ikeateelichtern umrahmt wird. Woher ich weiß, dass die Teelichter von Ikea sein müssen? Sie brennen nicht ordentlich. Natürlich bin ich enttäuscht. Das habe ich mir imposanter vorgestellt. Etwa so, wie den liegenden Buddha in Bangkok oder zumindest beeindruckender. Ich flüchte in einen kleinen Tempel gegenüber, wo gerade vier Mönche die Messe vorbereiten.



Während sie ihre Klangschalen und Schlaghölzer zurechtrücken, stelle ich mich kurzerhand dazu. Die Mönche beginnen ihr endloses Mantra zu rezitieren, während ich mich darauf konzentriere, möglichst zum richtigen Zeitpunkt zu knien oder mich zu verneigen, stets den Chinesen neben mir imitierend - den einzigen weiteren Gottesdienstbesucher, mit dem ich mir ein kleines Kniebänkchen teile. Ich habe Angst, mich daneben zu benehmen, vor einem Faux-pas oder gar mit meiner reinen Existenz dem Ereignis etwas von seiner Heiligkeit zu nehmen, bis plötzlich aus der Hosentasche des Nachbarn lautstark asiatische Melodien erklingen. Auf dem Pfad der Gleichgültigkeit hat dieser Herr bereits einen weiten Weg zurückgelegt, jedenfalls ignoriert er das Geträllere und starrt noch ein wenig angestrengter als zuvor in sein Gebetbuch.


das da oben sind modernere Mönche mit Notenständer...

Als die Mönche gefolgt von meinem chinesischen Gebetsnachbarn polonaiseartig den Altar umrunden, stelle ich mich seitlich an die Wand. Erst als der Obermönch mich mit den Worten 'you can follow' einlädt, folge ich der Prozession Runde um Runde durch die heilige Halle. Ein merkwürdiges Bild muss das für die drei, vier Touristen abgeben, die gerade den Tempel betreten. Einer zückt gar eine Kamera. Nächstes Mal wähle ich auch das orangefarbene Kleid. Am Ende fühle ich mich sehr gesegnet und auch die Füße schmerzen nicht mehr, weil ich jetzt schwebe. Sogar an den Schmerz vom knien kann man sich gewöhnen, was sicher jeder gute Katholik bestätigen wird.



Danach besichtige ich ein paar Hindutempel ganz in der Nähe. Mal abgesehen davon, dass man hier seine Schuhe ausziehen muss, die Böden aber von Dreck überzogen sind und für Fotos prophylaktisch am Eingang eine Gebühr zu entrichten ist, mögen meine indischen Freunde auch keine andersartigen Gottesdienstbesucher. So steht es auf einem Schild an der Absperrung vor dem Altarraum zu lesen. Somit haben sie mich als potentielles Schäflein auf Krishnas großer Weide verloren. Und das in einer Zeit, in der jede Vereinigung um Mitgliedszahlen kämpft. Aber das einzige was Indien reichlich besitzt, sind Kinder und Kühe.



Fazit meines ersten Aufenthaltes in der Stadt:
Singapur kann man angucken, muss es aber nicht. Nur ich, ich muss die Tage wieder hin. So Buddha will und Kali unser Flugzeug heil läßt.

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Montag, 1. September 2008
Dangerous
Michael Jackson

Dieser Kaukasuskonflikt ist inzwischen auch schon wieder kalter Kaffee. So kalt wie der Tsunami im darauffolgenden Sommer. Ist ja auch alles schön weit weg von hier. Und wer weiß schon, wo der Kaukasus liegt. Reinhold Messner hat jedenfalls dort noch keinen einzigen Zeh geopfert.

Für mich war das Gerangel um diverse georgische Gebiete zumindest zweieinhalb Wochen interessant, weil da dieses Kürzel für Tiflis in meinem Dienstplan stand. Konnte es sein, dass der Konflikt bis in die Hauptstadt vordringt? Würde Russland den Luftraum für die zivile Luftfahrt schließen? Naive Mitmenschen behaupten ja, die Luftfahrtgesellschaften wüssten schon was sie tun und so lange sie ein bestimmtes Gebiet anfliegen, würde es auch ganz bestimmt dort sicher sein. Ich persönlich halte das für ein Gerücht. Als sich damals in Sarajewo die einzelnen Lager beschossen, schickte man so lange wie möglich Zivilflugzeuge in die Hauptstadt und damals in Beirut - wir erinnern uns? - landeten Maschinen der westlichen Konsumgesellschaft auf dem Flughafen. Man verliert nicht gerne die heißumkämpften Slots wegen einer kleinen politischen Krise. Politik ist im Grunde auch nicht mehr als Wirtschaftsdiplomatie und Flüchtlingstransport sowas wie die letzte große Marktlücke.

Medvedev hat jedenfalls die abtrünnigen Gebiete Georgiens anektiert anerkannt und sich bis auf weiteres von dort zurückgezogen als ich nach Tiflis flog. Hin wollten etwa 40 Passagiere, weg von dort aber wesentlich mehr. Vor allem diese ungeheuer wichtige, verkabelte und körpergebildete Gruppe von Amerikanern, in ihrer ungeheuer wichtigen Mission, die so ungeheuer viel Waffen und Munition in der Kabine transportieren wollten, was ihnen aber von uns, der Besatzung, verwehrt wurde. Diese Amerikaner und ihre Mission waren so ungeheuer wichtig, dass sie gleichzeitig auch ungeheuer geheim bleiben musste. Ganz seltsame Geschichte. Jahrelang kümmern sich die Amerikaner einen Feuchten um Georgien, jahrelang durfte Stalin diskriminieren und deportieren. Jetzt aber, wo es um wirtschaftliche Interessen geht, jetzt steht plötzlich die Elite Amerikas bei Fuß, wenn um kleine Grenzgebiete gerangelt wird.

Ich bin ja nur ein ganz kleines Korn im großen Weltgetriebe aber wundern darf man sich ja mal, zumal diese Vorfälle meinen Alltag unmittelbar betreffen. Und von der Zivilbevölkerung spricht mal wieder keiner. Wichtig ist ja nur das große Ganze, da muss man auch mal Opfer bringen. Universalschicksal nennt sich das dann und Gott spielen einzelne selbsternannte Machthaber. Aber keiner scheint je von den alten Weisheiten gehört zu haben, die oben mit unten und das Kleine mit dem Großen vergleichen. Sie sind halt auch zu leise, die das aussprechen oder werden mit aller Kraft erstickt, wie derzeit in China. Die verschaffen sich nicht mit Schüssen und Sprengstoff Gehör, die hört man nicht im Feuergefecht. Nur wer innehält und bereit ist zuzuhören, wird die leisen Stimmen wahrnehmen. Möglicherweise verschieben sich dann aber gewisse Prioritäten, das System beginnt zu wanken und muss schließlich einem neuen weichen. Veränderung bedeutet aber Unsicherheit und wirkt bedrohlich. Deswegen hören wir lieber wieder auf die Marktschreier und drehen die Musik laut. Zu viel Stille ist einfach gefährlich. Nachdenken auch. Scheint so jedenfalls für die Mehrheit der Menschen zu sein.

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