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Freitag, 12. September 2008
Insomnia
frau klugscheisser, 06:29h
... mehr (Text), wenn ich geschlafen habe...
Nachtrag: So ist das mit den Goldbergvariationen. Einst für einen schlaflosen Grafen auf Cembalo gespielt, heute für schlaflose Mittelständler auf ordinären Beschallungsanlagen.
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Donnerstag, 11. September 2008
C sharp minor
frau klugscheisser, 20:28h
Glenn Gould, Beethoven Sonate op. 27,2
Der Unterschied zwischen Glenn Gould und mir ist, dass Gould sein Leben lang tat, was er am besten konnte. Ich mache meistens Dinge, die ich (noch) nicht kann. Das allerdings mit einer gewissen Hartnäckigkeit und Ausdauer.
Kürzlich fragte mich einer, ob ich Johnny Depp mag. Nein, ich mag ihn nicht. Ich mag auch Jude Law nicht und muss beim Anblick von Matthew McConaughey nicht hyperventilieren. Na schön, wenn der Clooney neben mir stünde, würde ich vielleicht ein wenig schneller atmen aber auch nur noch die nächsten drei bis vier Jahre. Dann hat er seinen Zenit überschritten und verbringt den Rest seines Lebens am Pool mit einem Hausschwein. Der einzige Schauspieler, für den ich je schwärmte, war Robert Redford und das auch nur, weil man als Adoleszierende ja quasi gezwungen ist, für irgendwen zu schwärmen, der unter Gleichaltrigen bekannt ist. Insgeheim aber gehörte mein Herz Männern wie Glenn Gould und Klaus Kinski.
Es ist das kleine - oder auch große - Quentchen Wahnsinn, das mich immer schon faszinierte. Die steile Klippe am Rande des Abgrundes, an der sie alle so nonchalant entlangschlendern diese Genies. Der Kitzel, ohne Absicherung einen Grat entlangzubalancieren, welcher zwischen Himmel und Hölle liegt. Ich kann mich heute noch stundenlang damit beschäftigen, was in einem Gustav Mahler vorgegangen sein mag, der sein kleines Mädchen zu Grabe trägt, nachdem er drei Jahre zuvor die Kindertotenlieder Rückerts vertonte. Und was bewegt einen, der fröhliche Tanzstücke komponierte, dabei aber - von seinen sogenannten Freunden gar als 'Schwammerl' tituliert - der einsamste Bursche war, den man sich vorstellen kann? Und wie hat einer gelebt, dessen einzig tiefe Bindung die zu Werken toter Komponisten war, dessen brilliante Intelligenz in messerscharfer Analyse durch tonale Zusammenhänge schnitt, der aber keine Ahnung von der Stabilität des kanadischen Dollars hatte? Es interessierte ihn einfach nicht.
Glenn Gould und ich, wir waren zu verschieden. Und obwohl ich die Sache mit dem Wahnsinn mehrmals ausprobierte, wollte es einfach nicht gelingen. Vielleicht fehlte mir die nötige Intelligenz, vielleicht eine gewisse Genialität. Jedenfalls ist nie was aus uns geworden. Bereut habe ich es aber nicht. Echter Wahnsinn kann im Alltag nämlich ganz schön anstrengend sein. Und ich bin inzwischen schon um einiges ruhiger geworden.
Der Unterschied zwischen Glenn Gould und mir ist, dass Gould sein Leben lang tat, was er am besten konnte. Ich mache meistens Dinge, die ich (noch) nicht kann. Das allerdings mit einer gewissen Hartnäckigkeit und Ausdauer.
Kürzlich fragte mich einer, ob ich Johnny Depp mag. Nein, ich mag ihn nicht. Ich mag auch Jude Law nicht und muss beim Anblick von Matthew McConaughey nicht hyperventilieren. Na schön, wenn der Clooney neben mir stünde, würde ich vielleicht ein wenig schneller atmen aber auch nur noch die nächsten drei bis vier Jahre. Dann hat er seinen Zenit überschritten und verbringt den Rest seines Lebens am Pool mit einem Hausschwein. Der einzige Schauspieler, für den ich je schwärmte, war Robert Redford und das auch nur, weil man als Adoleszierende ja quasi gezwungen ist, für irgendwen zu schwärmen, der unter Gleichaltrigen bekannt ist. Insgeheim aber gehörte mein Herz Männern wie Glenn Gould und Klaus Kinski.
Es ist das kleine - oder auch große - Quentchen Wahnsinn, das mich immer schon faszinierte. Die steile Klippe am Rande des Abgrundes, an der sie alle so nonchalant entlangschlendern diese Genies. Der Kitzel, ohne Absicherung einen Grat entlangzubalancieren, welcher zwischen Himmel und Hölle liegt. Ich kann mich heute noch stundenlang damit beschäftigen, was in einem Gustav Mahler vorgegangen sein mag, der sein kleines Mädchen zu Grabe trägt, nachdem er drei Jahre zuvor die Kindertotenlieder Rückerts vertonte. Und was bewegt einen, der fröhliche Tanzstücke komponierte, dabei aber - von seinen sogenannten Freunden gar als 'Schwammerl' tituliert - der einsamste Bursche war, den man sich vorstellen kann? Und wie hat einer gelebt, dessen einzig tiefe Bindung die zu Werken toter Komponisten war, dessen brilliante Intelligenz in messerscharfer Analyse durch tonale Zusammenhänge schnitt, der aber keine Ahnung von der Stabilität des kanadischen Dollars hatte? Es interessierte ihn einfach nicht.
Glenn Gould und ich, wir waren zu verschieden. Und obwohl ich die Sache mit dem Wahnsinn mehrmals ausprobierte, wollte es einfach nicht gelingen. Vielleicht fehlte mir die nötige Intelligenz, vielleicht eine gewisse Genialität. Jedenfalls ist nie was aus uns geworden. Bereut habe ich es aber nicht. Echter Wahnsinn kann im Alltag nämlich ganz schön anstrengend sein. Und ich bin inzwischen schon um einiges ruhiger geworden.
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Donnerstag, 11. September 2008
We sail tonight for Singapore (4)
frau klugscheisser, 01:27h

Angeblich bekommt man immer das, was man verdient und ich verdiene ein paar warme Tage am Wasser. Aber muss es denn ausgerechnet in Singapur sein? Der geneigte Leser wird unschwer aus vorangegangenen Berichten herauslesen, das diese Stadt nicht zu meinen Lieblingsaufenthaltsorten gehört.
Heute im Test: Natur und Strand.
Na gut, Singapur und Natur sind zwei Begriffe, die sich gegenseitig relativieren, wenn nicht gar neutralisieren. Nehmen wir beispielsweise Sentosa, eine vorgelagerte Insel, künstliches Naherholungsgebiet und Touristenattraktion mit Showeinlage. Am Strand liegen und den plätschernden Wellen zuhören? Die Gezeiten beobachten während im Hintergrund Vögel zwitschern? Fehlanzeige. Sentosa ist nicht leise, Sentosa ist laut, stinkend und quillt über vom menschlichen Wochenendbefall. Nur mit Glück findet am Abend die Sonne eine Lücke zwischen den Kränen und Tankern, um ins Meer zu sinken. Die Strände ein einziges großes
Selbst ein phantasieloser Geist ist sich in Anbetracht der umliegenden Industrie bzw. der Schiffe über die Zusammensetzung des Meerwassers klar. Ins Wasser wollen sowieso nur Hunde und Kinder (was wiederum der Wasserqualität innerhalb einer Lagune auch nicht gerade zuträglich ist). Alles was größer ist, verfängt sich auf dem Weg dorthin sowieso in einem der zahlreichen Beachvolleyballnetze. Man rennt gerne irgendwelchen fliegenden Objekten hinterher. Wer nicht fängt hat Pech. Der nächste Hund steht immer parat, um die fliegende Beute zu verschleppen. Einige Männer suchen mit Metalldetektoren im Sand. Der Kollege vermutet, gesucht wird ein Hund, der sich gemeinsam mit einem fliegenden Objekt verbuddelte. Ich vermute eher, die suchen ein Sixpack vom letzten Wochenende.

Wir haben keine Wahl, wir harren einfach aus. Mit einem Krug frischen Ananassaft läßt sich auch das bewerkstelligen. Zu Beginn sind Himmel und Körper noch weiß. Später wechselt beides die Schattierung. Obwohl mir rot ausgesprochen gut steht, bekomme ich diesmal im Gegensatz zur Kollegin davon nicht viel ab. Ja, wir Flugpersonal sind in mancher Hinsicht einfach unbelehrbar. Sonnencreme ist nur für Weicheier und Socken sehen scheiße aus; Wasser sammelt sich gerne in Blasen an den Füßen und auch die wechseln gerne mal die Farbe von klar nach rot. Bis zum Bus, der alle Besucher im Kreis um die Insel chauffiert, weil Laufen hier sowieso völlig out ist, schaffe ich es auch ohne Schuhe.
Am Abend schieben wir uns durch Touristenschwärme in Richtung Gondel. Unser Copilot wählt wegen akuter Höhenangst(!) lieber die eingleisige Bahn für den Rückweg. Und wieder neigt sich ein Layover dem Ende entgegen. Mir scheint, ich bin die Einzige, die darüber nicht traurig ist. Singapur ist nicht meine Stadt, nicht meine Welt und nicht mal meine dritte Wahl. Lieber bin ich schlaflos in Tokio, verbrenne mir die Haut in Sao Paulo und die Haare in Hongkong. Überhaupt Hongkong, da wäre mal wieder eine neue Sonnenbrille fällig. Eine, mit der der Himmel blauer wird, während wir uns auf den langen Schmuddelwinter vorbereiten. Zum Glück gibt es dann für mich irgendwo auf der Welt immer ein wärmeres Fleckchen als daheim. Nur bitte nicht Singapur.

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