Dienstag, 28. Mai 2019
Why Not?

Am Samstag durfe ich an einem ganz zauberhaften Fest teilhaben. Die Kaltmamsell und Herr Rau hatten zur Feier des Rosentages eingeladen. Viele der Anwesenden kannte ich nur vom Lesen-Schreiben.
Schon bald nach den ersten Gesprächen mit geladenen Gästen kam die Frage nach meiner Internetidentität. Und so war ich für den Rest des Abends nach langer Zeit wieder "Frau Klugscheisser". So lustig das ist, ich merkte sehr schnell, dass ich das nicht mehr bin. Das war eine Zeit, eine Phase, ein Phänomen. Obwohl ich mich sowohl im beruflichen als auch privaten Rahmen immer mal wieder beim Klugscheissen ertappe, ist es ein Wesenszug, den ich nach und nach ablege. Viel wichtiger ist es mir, den Menschen zuzuhören und Fragen zu stellen statt selbst zu reden oder gar zu belehren, dem Gegenüber Raum zu geben und mich zurückzunehmen.

Die Frage, wieso ich zu bloggen aufgehört habe, stand in einem Gespräch mit Frau Cucina schnell im Raum. Wir waren uns einig, dass wenn man nicht aufpasst, ein selbstauferlegter Anspruch irgendwann die Spontaneität und Kreativität erstickt und die Freude am Schreiben in den Hintergrund treten lässt. Mal ganz abgesehen vom zeitlichen Aufwand. Woher kommt so ein Anspruch? Bin ich in Wirklichkeit doch nur ein One-Hit-Wonder?

Die meisten Menschen tun Dinge, um damit Aufmerksamkeit zu bekommen. Das haben wir als Kinder so gelernt, denn Aufmerksamkeit bedeutet Liebe. Wir sind soziale Wesen und entwickeln bestimmte Verhaltensmuster unseren Mitmenschen gegenüber. Der eine bekommt Zuwendung durch Jammern, der andere durch lautes in Szene setzen oder Äusserlichkeiten und ein Dritter durch seine Hilfsbereitschaft. Die meisten nutzen hierfür diverse Talente - wer kein offensichtliches hat, kann sich in der heutigen Zeit aber auch durch reine Beharrlichkeit abheben, wie auf der Videotube und Instagramm zu beobachten ist. Dieses Verhalten ist per se nicht schlecht. Erst wenn es die Lebensqualität negativ beeinflusst, sollte darüber nachgedacht werden. War das Bloggen also nur mein Ruf nach Aufmerksamkeit? Meine 15 Minutes of fame?

Was ich an den meisten Blogs sehr schätze, ist die Tatsache, dass hier andere Leute einen Einblick in ihr Leben und ihre Interessen ermöglichen, die ich auf anderen Wegen nicht bekommen hätte. Manche sind dabei sehr unterhaltsam aber tatsächlich ist dieses Kriterium nur zweitrangig. Ich lese gerne wen ich persönlich kenne oder wo ich bereits lange lese. Das ist wie mit alten Bekannten. Die sind auch nicht immer unterhaltsam aber manche nebensächliche Schilderung trägt zum Verständnis bei und ermöglicht ein Nachvollziehen. Ich habe lange Zeit hier Geschichten aus meinem Arbeitsalltag geschrieben. Die hatten Unterhaltungswert. Auch andere Themen waren hier zu finden. Alles das entstand aber mehr oder weniger vor dem Hintergrund einer sozialen Not. Als ich zu bloggen begann, war ich sehr einsam und sehr traurig. Dann war ich es scheinbar nicht mehr. So entstand der Druck, durch immer neue Geschichten virtuelle Begegnungen spürbar zu machen. Irgendwann hat sich das alles aufgelöst - ich fand neue Wege der Kompensation.

Das ist alles nicht neu, ich brauche halt nur gelegentlich ein bisschen länger, damit das Wissen vom Kopf im Bauch landet. Und so habe ich begriffen, dass es vielleicht besser ist, ein paar Leser weniger zu haben - denn natürlich lebt so ein Blog von Ihnen - aber dafür ein paar treue und ehrlich interessierte. Wenige Blogfreunde statt vieler Blogbekanntschaften. Das steht diametral zum allgemeinen Aufmerksamkeitsdefizit oder mag ein natürliches Reifungsphänomen sein. Inzwischen verstehe ich halt, dass es durchaus weise sein kann, sich nicht zu äussern. Was spricht also gegen sporadisches Bloggen?

Wie zu Beginn beschrieben, kann ich mich mit dem Blognamen nicht mehr identifizieren, mag aber auch kein neues Blog aufmachen. Ich möchte gerne in meiner Wohnung bleiben, schon alleine wegen des Mietvertrags bei blogger.de, denn die kümmern sich auch um die rechtlichen Dinge - eigentlich habe ich ja auch ein anderes Blog für zweitberufliche Interessen. Das ist aber noch nicht DSGVO wasserdicht. Wenn Sie es mir also nachsehen mögen, dass ich immer noch so heiße aber nicht mehr so schreibe, dann könnte ich Ihnen demnächst als Frau Klugscheisser noch was erzählen. Dann erzähle ich vielleicht noch, wie meine Begegnung mit Frau Gröner auf besagtem Fest völlig schief gelaufen ist. Denn eigentlich wollte ich ja über meine Eindrücke des wunderbaren Rosenfestes schreiben aber wie das halt so ist...

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Freitag, 18. März 2016
Remedy
Da waren sie wieder, die Neuronenstürme im Kopf. Erst vor etwa sechs Monaten kam ich in den Genuss von drei Wochen Migräne am Stück. Der Arzt wollte mir keine Medikamentenhämmer (sprich: Triptan) verschreiben. Macht nix, ich habe ja als Handwerkerin auch einen echten daheim, mit dem ich mir regelmäßig auf den Zehen hauen kann. Dann ist das Schmerzzentrum im Hirn aber ganz schön irritiert. Gehen kann ich so oder so nicht, weil jeder Schritt im Kopf weh tut.

Gestern bei einsetzendem Anfall helle Panik entwickelt. Wenn das wieder so läuft, werde ich den Arzt ermorden. Dachte ich mir so. Was ich nicht weiß, ist, ob das dann unter Notwehr oder fahrlässige Tötung fällt. Kann ich aber jetzt alles im Internet eroieren, weil Zeit habe ich ja. Statt eines Fluges nach Montreal nun also abgedunkelte Räume, gelegentliche Toilettengänge und der leise Wunsch, vielleicht mal ein Buch oder anderes zu genießen. Wird wohl Wunschdenken bleiben.

Das Triptan muss ich von der Apotheke holen, nachdem ich den Arzt "überzeugt" habe. O-Ton: "Ich hab's ihnen nicht vorenthalten weil ich böse bin, sondern weil es vielleicht sinnvollere Alternativen gibt." Was er nicht wußte: ich kann sehr böse sein. Auch die Sprechstundenhilfe weiß das jetzt.

Was machen Sie eigentlich so bei Migräne? Und wie lange dauert's bei Ihnen im Schnitt?
Bei der Kaltmamsell nachgelesen und sogar das Medikament gefunden. Sage noch einer, dass Bloggen nicht nützlich sein kann.

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Sonntag, 21. Februar 2016
Yankee Zulu
Kapstadt, was soll ich sagen? Toll! Zu wenig Worte für einen Blogeintrag, weswegen ich folglich ausformulieren muss. Also, erstmal Sommer hier - zwar windig aber immerhin angenehme 25°C. Auf dem Tafelberg dann sehr windig, sozusagen Gänsehautklima. Die Aussicht macht's wieder wett. Erst mal etwa 1Stunde für die Gondel angestanden. Zeit für Sozialstudien; den Busen, der sich mir unzählige Male in den Rücken bohrte, kann ich jetzt aus einer Gruppe von 100 positiv identifizieren - möglicherweise sogar das BH Modell. Das Kind am Bein eher an der Stimme. Das nimmt man alles auf sich, denn die Aussichtsplattform ist oft wegen Regen oder Wolkenaufkommens gesperrt. So auch am Nachmittag als die Kolleginnen ihren zweiten erfolglosen Anlauf nach dem gestrigen starteten. Oben dann die Touristen in zwei Gruppen eingeteilt - die mit Sommerkleidung Typ Japanerin in Ballerinas und Spaghettiträgern (im Januar bei -30° an der chinesischen Mauer gesichtet) und Trekker in beiger Funktionskleidung, die für alle klimatischen Eventualitäten gewappnet sind. Dazwischen jene, die vor dem Abgrund abseits vorgesteckter Wege auf Felsen für Fotos posieren und daselbst auch schon mal springen. Dazu muss man wissen, dass der Tafelberg sich durch seine steil abfallende Spitze auszeichnet. Mir war schon beim Posieren am Rande der Plattform schwummrig.

Palmenstrand, weisser Sand, hohe Wellen und kaltes Wasser. Am Vortag beim Schlendern an der Promenade von einer hohen Welle durchweicht worden. Das fanden meine neuen Velourlederschuhe nicht so lustig. Auf der Tourimeile Kinderarbeit - nach der Schule geht's Tanzen, so mit Baströckchen und Schellen bzw. Kronkorken um die Fussknöchel, in Konkurrenz zum einsamen Saxophonspieler, dem man gerne mal Geld für's Aufhören gibt. In einem indischen Restaurant gefragt worden, ob ich das Chicken Vendaloo auch wirklich wolle, es sei nämlich sehr hot. Der Kellner kam erstaunlich oft vorbei und fragte mit deutlichem Grinsen, ob denn alles in Ordnung sei. Europäeranfängerfehler: mit Wasser nachlöschen. Ich bestellte Reis. Merke: hot bedeutet in einem indischen Restaurant, in dem Inder speisen, genau das.

Der Hopon-hopoff Bus bietet in jeder großen Stadt eine schöne Möglichkeit, sich einen Überblick zu verschaffen. In Kapstadt gibt es eine rote und eine blaue Tour. Nicht bekannt war mir, dass die rote am Ende automatisch zur blauen Tour wird. Kein Problem bei genügend Sonnenschutzreserven. Ansonsten einfach mal im überdachten Bereich Platz nehmen. Es gibt übrigens für alles Angestelle. Einer verkauft das Ticket, einer fährt den Bus und ein anderer knipst die Tickets. Im Hotel gibt es einen Angestellten, der den ganzen Tag nichts anderes tut als Aufzugknöpfe drücken. Bei komplexeren Arbeitsabläufen kann das problematisch werden. Einer nimmt die Essensbestellung auf, einer stellt alles auf's Tablett, einer läuft und einer tippt in die Kasse ein. Eine Rechnung dauert demnach schonmal 20 Minuten. Hier hat man einfach mehr Zeit als in Europa.

Übrigens wird sehr viel Wein getrunken, vor allem im Flug. Noch nie habe ich so viel Alkohol ausgeschenkt wie auf den Flügen nach Südafrika. Auch beim Parfümverkauf wird nach den Alkoholgehalt gefragt. Das Publikum sind vorwiegend Golffreunde und bessere Leut'. Wegen zahlreicher Sonderwünsche anstrengend aber wir tun was wir können. Gibt so Destinationen, bei denen die Fluganstrengung nicht durch den Aufenthalt aufgewogen wird, beispielsweise Mexico oder Delhi. Kapstadt gehört nicht dazu. Ich komme ganz bestimmt wieder.

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