Montag, 3. Juni 2019
Vom Urteilen und Verurteilen
Mich faszinieren die Beweggründe eines Menschen. Ferdinand von Schirach begann irgendwann während der Arbeit als Strafverteidiger, darüber Bücher zu schreiben. Ich habe kein kurzes Video gefunden, in denen er seine Ansichten schildert. Wer sich mit Themen wie Schuld, Urteil und Gewissen beschäftigt, kann das nicht hinreichend in fünf Minuten erklären. Deshalb im Folgenden ein längeres Beispiel, in dem er sich mit Gero von Boehm austauscht. In der derzeitigen Diskussion um Mlle Readon wurde ich vor allem durch die Reaktionen wieder daran erinnert.





Alle moralischen Folgen seien hier mal außen vor gelassen, Reaktionen sagen jedoch mehr über die Reagierenden als über die Verursacherin aus. Denn das, wofür wir uns selbst am meisten verurteilen, übertragen wir auch auf andere und verurteilen sie genau dafür. Je unbewußter wir uns dieser inneren Teile sind, umso härter fällt unser Urteil aus. Think about it.

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Sonntag, 2. Juni 2019
The time after

Das Souvenirröschen gedeiht und hat Gesellschaft bekommen. Am Dienstag erreichte mich ein großer Strauß von meinem Arbeitgeber, der mir damit zur Beförderung gratulierte. Hoffen wir, dass ich länger als die Blumen durchhalte. Derzeit plagen mich nämlich wieder arge Schmerzen. Ein bisschen bin ich daran auch selbst schuld.


Vanity my old friend!

Die hohen Schuhe am Rosenfest und am Tag danach bei meiner feierlichen Amtseinführung haben mir den Rest gegeben. Aber was will man machen? Schöne Kleidung kommt auf der richtigen Basis wirkungsvoller zur Geltung. Jedenfalls wirkt das Schuhwerk nicht nur vorteilhaft auf die Haltung im Kleid, sondern leider auch unvorteilhaft auf bestehende körperliche Gebrechen. Und manchmal bedauere ich, dass ich anscheinend das Alter bzw. die zugehörige Weisheit noch nicht erreicht habe, in dem man keinen F mehr gibt. Oder das Schmerzlevel. Hier also mein heutiger Beitrag zum #609060 von letzter Woche,. Übrigens war das Kleid eine Anschaffung von 2011 und passte auch noch ganz knapp. Na schön, ich habe den ganzen Abend die Luft angehalten und vor dem großen Ereignis nur einen Käsewürfel gegessen bevor ich umkippe, wie Emily Blunt in The Devil Wears Prada empfiehlt.



Eigentlich wollte ich aber etwas anderes erzählen. Sie erinnern sich? Die Sache mit der Begegnung mit Anke. Dazu muss ich ein bisschen ausholen. Ich habe es immer genossen, wenn ich Menschen hinter Blogs oder meine Kommentierenden in echt kennenlernen durfte. Mein Job gab mir dazu oft die Gelegenheit, denn nur wenige wohnen wie ich in München. Als Anke hierher zog und von ihren walks im alten Nordfiedhof schrieb, freute ich mich auf die Aussicht, sie eines Tages dort zu treffen. Dann war das Laufen für mich gesundheitlich eingeschränkt und ich schrieb ihr irgendwann eine unbeantwortete Mail. Danach wagte ich erst mal keinen neuen Anlauf. Nach einer Weile reagierte ich auf ein Blogpost, wobei ich hier keine Antwort erwartete. Und als die Einladung zum Rosenfest kam, freute ich mich über die neue Gelegenheit zum Kennenlernen.

Als ich eintrudelte, waren bereits viele Gäste versammelt. Mein Blick fiel auf eine Gruppe, in der auch Anke und F. standen. Ich stellte mich dazu und vor, danach versiegte meine Eingabequelle interessanter Worte. Und kurz darauf erblickte ich weitere Bekannte, mit denen ich nicht gerechnet hätte, die ich aber unbedingt nach so langer Zeit begrüßen wollte. Mein Abgang war dementsprechend abrupt und unhöflich. Im Laufe des Buffets suchte ich bestimmte Örtlichkeiten auf und lief beim Öffnen der Türe direkt in Ankes Arme. Also nutzte ich die Gelegenheit, um an unser kurzes Eingangsgespräch anzuknüpfen, bis mir auffiel, dass der Ort für ausführliche Konversation ein denkbar ungünstiger war. Tschapperl ich. Man verblieb im Ungewissen, doch ich gab noch nicht auf.

Nach dem Buffet wagte ich mich an den Tisch Oper und Fussball. Ich nahm den freien Platz neben F. ein, der mich schnell in einen interessanten Austausch über den örtlichen Kulturbetrieb einband, während sich Anke mit einer ebenfalls gerade eingetroffenen Dame über Fußball austauschte. Zu diesem Thema kann ich so überhaupt nichts beitragen, denn mein Wissen darüber beschränkt sich auf die Zeit als mein Großonkel mit mir im Kinderwagen die Trainingswiese des FCB besuchte. Dennoch gewann ich aus Anmerkungen den Eindruck, dass Anke eine sehr feinfühlige Person ist. An dieser Stelle gab ich mein Vorhaben auf, schließlich wollte ich sie nicht unnötig bedrängen. Der Zufall führte uns noch einmal an der Bar beim Bestellen von Cocktails zusammen. Da war ich aber nicht mehr so ganz Herr meiner Sinne, die Musik laut und die Zeit fortgeschritten. Ich vertraue also auf den Zufall und darauf, dass er uns an einem passenderen Ort als einer Toilette oder einer Warteschlange zusammenführen wird, wenn es denn sein soll.

Nächstes Mal erzähle ich nicht, wie ich Frau Hingst nicht kennenlernte, denn über sie wird gerade so viel geschrieben. Und ich bedaure die Auswirkungen emotionaler Art, die Menschen derzeit nach der Enthüllungsgeschichte zu tragen haben.
Gestatten Sie mir die Bemerkung, dass in meinem Blog nichts erfunden, nur ausgeschmückt ist. Es sei denn, es handelt sich um eine als solche gekennzeichnete fiktive Geschichte.

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Dienstag, 28. Mai 2019
Why Not?

Am Samstag durfe ich an einem ganz zauberhaften Fest teilhaben. Die Kaltmamsell und Herr Rau hatten zur Feier des Rosentages eingeladen. Viele der Anwesenden kannte ich nur vom Lesen-Schreiben.
Schon bald nach den ersten Gesprächen mit geladenen Gästen kam die Frage nach meiner Internetidentität. Und so war ich für den Rest des Abends nach langer Zeit wieder "Frau Klugscheisser". So lustig das ist, ich merkte sehr schnell, dass ich das nicht mehr bin. Das war eine Zeit, eine Phase, ein Phänomen. Obwohl ich mich sowohl im beruflichen als auch privaten Rahmen immer mal wieder beim Klugscheissen ertappe, ist es ein Wesenszug, den ich nach und nach ablege. Viel wichtiger ist es mir, den Menschen zuzuhören und Fragen zu stellen statt selbst zu reden oder gar zu belehren, dem Gegenüber Raum zu geben und mich zurückzunehmen.

Die Frage, wieso ich zu bloggen aufgehört habe, stand in einem Gespräch mit Frau Cucina schnell im Raum. Wir waren uns einig, dass wenn man nicht aufpasst, ein selbstauferlegter Anspruch irgendwann die Spontaneität und Kreativität erstickt und die Freude am Schreiben in den Hintergrund treten lässt. Mal ganz abgesehen vom zeitlichen Aufwand. Woher kommt so ein Anspruch? Bin ich in Wirklichkeit doch nur ein One-Hit-Wonder?

Die meisten Menschen tun Dinge, um damit Aufmerksamkeit zu bekommen. Das haben wir als Kinder so gelernt, denn Aufmerksamkeit bedeutet Liebe. Wir sind soziale Wesen und entwickeln bestimmte Verhaltensmuster unseren Mitmenschen gegenüber. Der eine bekommt Zuwendung durch Jammern, der andere durch lautes in Szene setzen oder Äusserlichkeiten und ein Dritter durch seine Hilfsbereitschaft. Die meisten nutzen hierfür diverse Talente - wer kein offensichtliches hat, kann sich in der heutigen Zeit aber auch durch reine Beharrlichkeit abheben, wie auf der Videotube und Instagramm zu beobachten ist. Dieses Verhalten ist per se nicht schlecht. Erst wenn es die Lebensqualität negativ beeinflusst, sollte darüber nachgedacht werden. War das Bloggen also nur mein Ruf nach Aufmerksamkeit? Meine 15 Minutes of fame?

Was ich an den meisten Blogs sehr schätze, ist die Tatsache, dass hier andere Leute einen Einblick in ihr Leben und ihre Interessen ermöglichen, die ich auf anderen Wegen nicht bekommen hätte. Manche sind dabei sehr unterhaltsam aber tatsächlich ist dieses Kriterium nur zweitrangig. Ich lese gerne wen ich persönlich kenne oder wo ich bereits lange lese. Das ist wie mit alten Bekannten. Die sind auch nicht immer unterhaltsam aber manche nebensächliche Schilderung trägt zum Verständnis bei und ermöglicht ein Nachvollziehen. Ich habe lange Zeit hier Geschichten aus meinem Arbeitsalltag geschrieben. Die hatten Unterhaltungswert. Auch andere Themen waren hier zu finden. Alles das entstand aber mehr oder weniger vor dem Hintergrund einer sozialen Not. Als ich zu bloggen begann, war ich sehr einsam und sehr traurig. Dann war ich es scheinbar nicht mehr. So entstand der Druck, durch immer neue Geschichten virtuelle Begegnungen spürbar zu machen. Irgendwann hat sich das alles aufgelöst - ich fand neue Wege der Kompensation.

Das ist alles nicht neu, ich brauche halt nur gelegentlich ein bisschen länger, damit das Wissen vom Kopf im Bauch landet. Und so habe ich begriffen, dass es vielleicht besser ist, ein paar Leser weniger zu haben - denn natürlich lebt so ein Blog von Ihnen - aber dafür ein paar treue und ehrlich interessierte. Wenige Blogfreunde statt vieler Blogbekanntschaften. Das steht diametral zum allgemeinen Aufmerksamkeitsdefizit oder mag ein natürliches Reifungsphänomen sein. Inzwischen verstehe ich halt, dass es durchaus weise sein kann, sich nicht zu äussern. Was spricht also gegen sporadisches Bloggen?

Wie zu Beginn beschrieben, kann ich mich mit dem Blognamen nicht mehr identifizieren, mag aber auch kein neues Blog aufmachen. Ich möchte gerne in meiner Wohnung bleiben, schon alleine wegen des Mietvertrags bei blogger.de, denn die kümmern sich auch um die rechtlichen Dinge - eigentlich habe ich ja auch ein anderes Blog für zweitberufliche Interessen. Das ist aber noch nicht DSGVO wasserdicht. Wenn Sie es mir also nachsehen mögen, dass ich immer noch so heiße aber nicht mehr so schreibe, dann könnte ich Ihnen demnächst als Frau Klugscheisser noch was erzählen. Dann erzähle ich vielleicht noch, wie meine Begegnung mit Frau Gröner auf besagtem Fest völlig schief gelaufen ist. Denn eigentlich wollte ich ja über meine Eindrücke des wunderbaren Rosenfestes schreiben aber wie das halt so ist...

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