Donnerstag, 29. August 2019
Famous People
Mit dem Berühmtheitsgrad ist das so eine Sache. Manche Menschen glauben, nur weil sie in irgendeinem B-Format im Privatfernsehen zu sehen waren, müsse sie alle Welt kennen. Die führen sich manchmal an Bord auf wie die Axt im Walde. Ein schönes Beispiel hierfür war eine ehemalige Talkshowmoderatorin - eine der ersten ihrer Gilde - und eine deutsche Sängerin der populären Musik, die hierzulande vor allem durch eine Dokusoap den breiten Massen bekannt ist. Und dann gibt es die anderen, die Bescheidenen, die nicht voraussetzen, dass man sie kennen müsse und sie deswegen Sonderbehandlung erwarten könnten.

So einer stieg einst auf einer Europastrecke bei mir ein. Ich erkannte ihn nicht sofort, doch etwas in mir meinte, diesen Herrn schon einmal gesehen zu haben. Ein Blick auf meine Passagierliste verriet mir seinen Namen. Leider konnte meine Kollegin aufgrund ihres jungen Alters keinen Zusammenhang zwischen der Person und der von mir geschilderten Berühmtheit herstellen. Wahrscheinlicher ist, dass es sich einfach um eine Nische der Kulturgeschichte handelt, in der sich dieser Mann bewegt, denn wer kennt schon den Gitarrenflamencojazzpopcrossover der Siebziger und Achziger, wenn sie erst viel später für Boybands und Sänger mit Nagetiernamen zu schwärmen begann? Da treffen Welten aufeinander.

Dieser Mann setzte sich also ganz unauffällig auf seinen ihm zugewiesenen Sitzplatz und schlief alsbald ein. Gerne hätte ich noch ein paar Worte mit ihm gewechselt, ihm gesagt, dass ich ihn kenne und seine Musik sehr mag, doch hier bewege ich mich jedes Mal auf dünnem Eis. So sehr es mich reizt, so unerwünscht ist im Grunde der Wechsel von Service- zu Privatperson. Zu meinen Aufgaben gehört auch der Schutz der Privatsphäre einer Person des öffentlichen Lebens. Gelegentlich spüre ich jedoch, dass Berühmtheiten durch Ansprache auch gerne ihr Ego streicheln lassen. Als der Kollege einst Winnetou um ein Autogramm bat, strahlte dieser über das ganze Gesicht. Und auch unser eingangs erwähntes Sternchen ließ sich erst beruhigen, als sie vom Sitznachbarn in ein Gespräch über sich verwickelt wurde.

Leider kam das Gespräch mit dem Gitarrengenie nie zustande. Erinnert habe ich mich an die Begegnung, als ich heute auf ein kleines Video von einem damals sehr erfolgreichen Album stieß. Der andere Gitarrengott steht ihm übrigens in keinster Weise nach. Listen and enjoy:

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Dienstag, 27. August 2019
Uschi goes to Hollywood

Das ist Uschi. Uschi ist Flugbegleiterin. Manchmal heißt Uschi aber auch Inge, nämlich dann, wenn auf einer Party mal wieder jemand jemanden kennt, der auch da arbeitet und ich diese Person ganz bestimmt kennen müsse. Die Inge, ja wie heißt die denn gleich mit Nachnamen, also die Familie heißt Müller, dann heißt sie wohl Inge Müller, ach so ein Zufall aber auch, wie, es gibt so viele bei euch mit dem Namen, die hat so längere glatte Haare, also so einen Pagenschnitt, blond, die kennst du ganz bestimmt. Leider habe ich schon so viele blonde Inge Müllers mit Pagenschnitt getroffen, dass ich der Beschreibung keine bestimmte Person zuordnen kann. Ich vergleiche das dann anschaulich mit Urlaubsbekanntschaften. Ach, sie sind aus Köln? Dann kennen sie bestimmt den Peter, der ist so mittelgroß, eher unauffällig, ja, dem sind sie ganz bestimmt beim Bäcker schonmal begegnet. Nein? Ach aber irgendwann treffen sie den bestimmt, dann richten sie unbedingt schöne Grüße von mir aus. Na? Klickts?

Darum soll es aber heute nicht gehen. Heute hatte ich ein internes Vorstellungsgespräch für eine neue Aufgabe. Etwa zwei Stunden vor dem Termin, als ich nach der genauen Uhrzeit suchte, fiel mir dieser Satz im längeren Anschreiben auf. Da stand, ich solle eine kurze Präsentation vorbereiten. Da hatte ich sofort Blutdruck, denn fast eine Stunde benötige ich für die Anfahrt und die Kleiderfrage hing auch noch in der Schwebe. Also improvisieren. Kann ich. Es sind viele Karten mit Symbolbildern geworden, von denen eines die Zeichnung oben ist. Soll meine Mutter noch einmal behaupten, ich hätte meine Schulzeit nicht sinnvoll genutzt, wenn ich unter der Bank kleine Cartoons mit Erlebnisberichten für die Freundin auf Spickzettel malte. Heutzutage macht man das via Whatsup. Da ich jedoch eine virtuelle Präsentation nicht mal schnell aus dem Ärmel schüttle, mussten die Stifte her.

Die Präsentation war natürlich viel länger als anberaumt, da jedes kleine Bildchen gewürdigt werden wollte. Da bin ich eigen. Notfalls wird im weiteren Gesprächsverlauf mit Fingerzeig auf das ein oder andere Kärtchen angeknüpft. Improvisation, ich erwähnte es bereits, gehört zu meinen Kernkompetenzen. Die Eingangsfragen geschickt umschiffen, ausholen, weit, weit ausholen, um sich dann in einem völlig anderen Thema wiederzufinden, weil dazu dieses noch unerwähnte Kärtchen passt, und dann nach einem zehnminütigen Monolog feststellen, dass ich die Eingangsfrage vergessen habe, jedoch noch nicht zum Aufgeben bereit sein und nochmals 5 Minuten rumschwurbeln, während ich krampfhaft nach der ursprünglichen Frage im Kurzzeitgedächtnis krame, kann ich auch. Manchmal habe ich Glück. Ausserdem gibt es Menschen, die mir auf meinen Gedankenwegen bereitwillig folgen und sich die Information aus meinem Monolog herausziehen, die sie durch ihre Fragen in Erfahrung bringen wollten. Ich glaube, ich wäre der geborene mittlere Managementtyp. Sehr überzeugend, sehr inkompetent aber immer eine kleine Analogie oder Anekdote auf den Lippen.

Wie kriege ich jetzt die Kurve zum heutigen Gespräch? Naja, ich hätte da noch ein paar Symbolbilder in den Kommentaren. Ziehen Sie einfach ein paar eigene Schlüsse:

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Montag, 26. August 2019
Kill em with Kindness
Man könnte meinen, Kanada sei den Vereinigten Staaten ziemlich ähnlich, was Mensch und Kultur angeht. Wenn ich in Kanada bin, dauert es etwa eine Viertelstunde, bis ich mich wieder an den Unterschied gewöhnt habe. Während nämlich in USA die Menschen nur freundlich sind, wenn sie was verkaufen wollen, sind es die Kanadier von Natur aus. Auf der Straße weicht man sich aus, lächelt sich gelegentlich an und Türen werden ganz selbstverständlich aufgehalten, selbst wenn Nachfolgende noch zehn Schritte entfernt sind. Manchmal sprechen die Leute auch mit Fremden auf der Straße. Das ganze geschieht mit einem Selbstverständnis, dass mir immer ganz warm um's Herz wird. Dann schäme ich mich ein bisschen, weil ich mir ungehobelt vorkomme. Nur die Touristen, die in Scharen auftreten, die lassen erahnen, wie es für gewöhnlich im Rest der Welt zugeht. Das erstaunliche ist, dass man sich sehr schnell an Freundlichkeit gewöhnen kann, vorausgesetzt, man ist offen für Veränderung. Zurück im Münchner Nahverkehr bleibt leider der Kulturschock nicht aus. Und ich seufze still in mich hinein. Oh wie schön ist Kanada.

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