Mittwoch, 4. September 2019
The Gnome


Das da oben habe ich heute beim Aufräumen im Keller gefunden. Eine Tageszeitung vom 8. April 1959, die zum Schutz vor Macken um Porzellan gewickelt war. Erstaunlich daran finde ich nicht nur, wie gut erhalten so ein 60 Jahre altes Druckerzeugnis ist, sondern auch die Meldungen selbst. Ende März flüchtete der Dalai Lama aus Tibet - eine Woche später berichtete ein deutscher Journalist im Lokalblatt (Starnberger Ausgabe). Das Bild zeigt eine Situation, in der chinesisches Militär auf Tibetaner trifft. Drunter die Überschrift des nächsten Artikels Müssen Gartenzwerge so sein?

Das ist eine Steilvorlage. Machense was draus!
*winkt rüber in die Gartenzwergfabrik

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Montag, 2. September 2019
Smalltalk Fails
Wenn Passagiere in höheren Reiseklassen buchen, bezahlen sie gemeinhin viel Geld. Diese Kosten sind nicht in gastronomischer Qualität aufzuwiegen, auch wenn das viele Schnäppchenjäger meinen. Es gibt immer wieder Beispiele, die gerne in höheren Klassen reisen aber die niedrigste bezahlen möchten. Das häufigste Argument ist dann, sie würden auch nichts essen. Das ist uns jedoch relativ gleichgültig. Zum einen ist die Qualität der Speisen in den günstigen Klassen ebenfalls vergleichsweise hochwertig, zum anderen gibt es weitaus mehr Serviceleistungen, für die die Kundschaft mehr zu bezahlen bereit ist, beispielsweise Platz und Komfort bei der Abfertigung oder die persönliche Zuwendung.

Diese persönliche Zuwendung reicht von Smalltalk bis unbürokratischer Hilfestellung im Umgang mit aufgetretenen Ärgernissen. Natürlich helfen wir auch denen, die weniger bezahlen, nur muss dort der zeitliche Aufwand und etwaige Ersatz- oder Entschädigungsangebote vergleichsweise niedriger ausfallen. Und dann gibt es diese Menschen, die so häufig fliegen, dass sie öfter mit Angestellten der entsprechenden Airline als mit eigenen Angehörigen und Freunden sprechen. Viele davon haben nicht einmal die Zeit, Freundschaften zu pflegen. Die sprechen meist sehr gerne mit mir, und es ist immer ein großes Hallo, wenn man sich erneut begegnet. In diese Gespräche flechte ich situationsbedingt schon mal die ein oder andere persönliche Erfahrung ein.

So auch letztens als ich dem Ehepaar, das auf dem Weg in die sizilianischen Ferien war, etwas über's Segeln erzählte und meinte, Segeln sei die teuerste Art unbequem zu reisen. Daraufhin meinte der Herr nur trocken: "Wir besitzen ein Segelboot." Ich glaube nicht, dass ich die Konversation noch geschickt mit der Bemerkung, dass auch der Unterhalt für Segelboote sehr teuer sei, herumreißen konnte. Wer für mehrere tausend Euro fliegt, der rechnet den Unterhalt eines Segelbootes von den Spesen ab. Nicht meine Welt, weshalb es mir schwer fällt, mich darin zurechtzufinden. Die Kollegin wiederum, der ich diese Geschichte erzählte, berichtete von einer Familie mit unzähmbaren Kindern an Bord. Die Mutter entschuldigte sich mit der Bemerkung, man würde normalerweise nicht in so großen Flugzeugen reisen, worauf die Kollegin viel Verständnis für die arme Familie aufbrachte und den Kindern die Welt des Fliegens zeigen wollte. Was die Mutter aber eigentlich meinte, war, dass sie normalerweise mit einem kleinen Flugzeug ihrer Armada an Privatjets reist, mit denen man allerdings keine allzu langen Strecken fliegen kann.

Die Kollegin schämte sich ein bisschen für ihre Naivität. Und für mich war das wieder eine Bestätigung meiner These, dass wir alle immer von uns selbst ausgehen, es aber viel Übung kostet, sich in eine andere Welt hineinzuversetzen. Das bezieht sich übrigens auf jede andere Person, denn jeder Mensch ist ein eigenes kleines Universum.

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Donnerstag, 29. August 2019
Famous People
Mit dem Berühmtheitsgrad ist das so eine Sache. Manche Menschen glauben, nur weil sie in irgendeinem B-Format im Privatfernsehen zu sehen waren, müsse sie alle Welt kennen. Die führen sich manchmal an Bord auf wie die Axt im Walde. Ein schönes Beispiel hierfür war eine ehemalige Talkshowmoderatorin - eine der ersten ihrer Gilde - und eine deutsche Sängerin der populären Musik, die hierzulande vor allem durch eine Dokusoap den breiten Massen bekannt ist. Und dann gibt es die anderen, die Bescheidenen, die nicht voraussetzen, dass man sie kennen müsse und sie deswegen Sonderbehandlung erwarten könnten.

So einer stieg einst auf einer Europastrecke bei mir ein. Ich erkannte ihn nicht sofort, doch etwas in mir meinte, diesen Herrn schon einmal gesehen zu haben. Ein Blick auf meine Passagierliste verriet mir seinen Namen. Leider konnte meine Kollegin aufgrund ihres jungen Alters keinen Zusammenhang zwischen der Person und der von mir geschilderten Berühmtheit herstellen. Wahrscheinlicher ist, dass es sich einfach um eine Nische der Kulturgeschichte handelt, in der sich dieser Mann bewegt, denn wer kennt schon den Gitarrenflamencojazzpopcrossover der Siebziger und Achziger, wenn sie erst viel später für Boybands und Sänger mit Nagetiernamen zu schwärmen begann? Da treffen Welten aufeinander.

Dieser Mann setzte sich also ganz unauffällig auf seinen ihm zugewiesenen Sitzplatz und schlief alsbald ein. Gerne hätte ich noch ein paar Worte mit ihm gewechselt, ihm gesagt, dass ich ihn kenne und seine Musik sehr mag, doch hier bewege ich mich jedes Mal auf dünnem Eis. So sehr es mich reizt, so unerwünscht ist im Grunde der Wechsel von Service- zu Privatperson. Zu meinen Aufgaben gehört auch der Schutz der Privatsphäre einer Person des öffentlichen Lebens. Gelegentlich spüre ich jedoch, dass Berühmtheiten durch Ansprache auch gerne ihr Ego streicheln lassen. Als der Kollege einst Winnetou um ein Autogramm bat, strahlte dieser über das ganze Gesicht. Und auch unser eingangs erwähntes Sternchen ließ sich erst beruhigen, als sie vom Sitznachbarn in ein Gespräch über sich verwickelt wurde.

Leider kam das Gespräch mit dem Gitarrengenie nie zustande. Erinnert habe ich mich an die Begegnung, als ich heute auf ein kleines Video von einem damals sehr erfolgreichen Album stieß. Der andere Gitarrengott steht ihm übrigens in keinster Weise nach. Listen and enjoy:

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