Donnerstag, 26. September 2019
Rice & Curry

Noch bevor ich mich daheim akklimatisieren konnte, bin ich schon wieder unterwegs. Diesmal Indien, diesmal tolles Curry. Das und die schönen, farbigen Tücher aus erlesenem Garn sind überhaupt das Beste an Indien. Ein kleines Schmankerl, wenn man - wie ich - zuletzt für zwei Wochen mit dem Essen und anderen Widrigkeiten zu kämpfen hatte. Und schon sind die Weihnachtsgeschenke besorgt - ein paar Pashminas, ein bisschen Masala Tee und Gewürze, die natürlich auch ncht fehlen dürfen.

Dabei bemerke ich immer wieder, wie die Wertigkeit von Produkten aus fernen Ländern gesunken ist, seit jeder selbst reisen kann und alles auch in heimischen Läden erhältlich ist. Meiner Mutter brachte ich einst teuren Safran aus dem Iran mit, den sie möglicherweise auch billiger selbst hätte erstehen können. Die japanischen Essstäbchen habe ich mir deswegen verkniffen, ebenso andere Bambuserzeugnisse, für mich selbst habe ich in Japan jedoch einen Fächer erworben. Das Staunen über Exotisches ist erloschen. Was bleibt ist ein fahler Nachgeschmack von Verfügbarkeit. Nur wer selbst dort gewesen ist und die Eindrücke mit den Gegenständen veknüpft, kann dessen Wert schätzen. Globalisierung ist eine billige Hure, die jedoch niemals emotionale Reminiszenz ersetzen kann.

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Dienstag, 24. September 2019
Fish in the Sea

Wenn man wie ich vor kurzem beschlossen hat, fortan weitgehend auf tierische Nahrungsmittel zu verzichten - und nein, ich bin nicht zum Vegetarismus konvertiert, ich verspreche mir nur körperliche Besserung meiner Beschwerden abgesehen von Gründen persönlicher Weigerung, weiterhin zum globalen Wahnsinn beizutragen - der ist in Japan bei der Nahrungsaufnahme, zumindest auf dem Land ziemlich aufgeschmissen. Man könnte meinen, es gäbe dort überall Reis. Dachte ich auch, doch was mir aufgetischt wurde, war viel Fleisch, viel Fisch und viel Undefinierbares. Schnecken konnten durch die dazu servierten Häuser identifiziert werden, anderes Kriechgetier weniger.

Irgendwann war mir nach anderen Genussmitteln als Tofu und Reis, zumal alles auch ohne Fisch sehr fischlastig schmeckt. Das kommt durch die Würze mit Seetang und Algen. Die klassischen Reisdreiecke Onigiri sind in getrocknete Algenblätter gewickelt. Eine köstlich vegetarische Variante verstecken eingelegte Pflaumen im Inneren. Und jetzt essen Sie mal zwei Wochen nur das oder bleiben Sie hungrig und konsequent. Chips und Knabbereien beinhalten ebenfalls meist fischige Komponenten, denn das Salz wird damit geschmacklich ersetzt. Natürlich gibt es auch Süßigkeiten, doch bin ich aus Skepsis beim Eis geblieben. Das wird oft in kleinen Plastikbehältnissen zum Herauspressen oder -saugen (zuzeln, wie der Bayer es nennt) serviert - sehr praktisch für unterwegs. Abgesehen von fischlastiger Würze gibt es noch die Wasabivariante, die asiatische Meerrettichverwandte. Sehr scharf und sehr lecker als Snack sind Wasabierbsen, Sashimiverweigerer würzen aber auch anderes mit der grünen Paste.

Dann wäre da noch die Sache mit dem Essbesteck. Natürlich benutzt man in Japan Stäbchen. Natürlich muss dafür der Reis klumpig und das Gemüse klein geschnitten sein. Natürlich schlürft man Nudeln nicht und Suppe wird auch nicht gelöffelt. Der weitgereiste Tourist weiß das und ist dann sehr enttäuscht, wenn er das erste Mal im Restaurant einen Löffel zum Ramen benutzenden Japaner oder die Einheimische entdeckt, die Nudeln einsaugt. Ja, es gibt auch Japaner, die sich nicht an die Regeln halten, wie es Europäer gibt, die das Messer links und die Gabel rechts halten oder gar ganz auf Essbesteck verzichten. Worauf allerdings nicht verzichtet wird, ist das feuchte Tuch für die Hände vor dem Essen. Man kann nicht davon ausgehen, dass sich jeder die Hände wäscht, hat aber zumindest einen ersten Eindruck vom Gegenüber, der sich möglicherweise das Tüchlein über Gesicht und Nacken führt, um es dann anschließend inclusive persönlicher Körpersekrete auf dem Tisch ablegt. Das ist fast so schlimm wie hierzulande einmal mit Straßenschuhen auf den Tisch stehen - in Bayern nur auf dem Oktoberfest zulässig, nicht aber im Restaurant, auch nicht bei besonders guter Stimmung. Stäbchen sind übrigens aus Bambus und werden nur einmal verwendet. Trotzdem sollte man sich damit nicht am Rücken kratzen.

Wasser ist übrigens überall umsonst, während Alkoholisches sehr teuer bezahlt werden muss. Sake schmeckt lecker und ähnelt ein bisschen Wodka in Konsistenz und Wirkung. Am liebsten trinkt der Japaner grünen, ungesüßten Tee zum Essen. Auch zum Kaffee gibt es keinen Zucker. Man findet aber überall kleine Dosen mit Flüssigsirup, um zu süßen. Ist der Kaffee am Frühstücksbuffet übrigens warm, dann befindet man sich an einem westlichen Buffet. In Japan wird Kaffee vorzugsweise kalt serviert. Auch englischer Tee ist in der kalten Variante überall erhältlich, während man für warmen auf westlich orientierte Hotels zurückgreifen muss.

Damit wären meine kulinarischen Erkenntnisse auch schon abgehandelt. Ich weiß, es ist wenig, Essen nimmt aber auch daheim bei mir keinen so großen Stellenwert ein. Ich bin nur froh, wieder Kartoffeln und Brot nebst anderen Leckereien auf dem Speiseplan zu haben. Und gelegentlich mal ein gutes Curry.

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Sonntag, 22. September 2019
I Warned You

Es gibt merkwürdige Sachen in Japan, die sind natürlich nur merkwürdig, weil sie für uns ungewohnt und deswegen anders sind. Die Warnhinweise zum Beispiel. Da fotografiert eine Gruppe Japaner am Bahnsteig und die Szene wird durch einen einfahrenden Zug unterbrochen. Klare Nominierung für den Darwin Award. Auch bei uns gibt es ja mittlerweise Warnhinweise, man solle ein in die Gleise gefallenes Handy nichts selbst bergen oder wenigstens gelegentlich mal davon hoch sehen. Es zeigt sich, was inzwischen wichtiger als das Leben anderer oder sein eigenes geworden ist. Kürzlich beim Unfall eines russischen Passagierflugzeug haben die Gäste den Evakuierungsvorgang unnötig verlängert, weil sie unbedingt ihr Handgepäck bergen wollten. Sowas könnte für die nachfolgenden Passagiere ganz schlimme Folgen haben. Wenn's brennt, ist mir meine Gucci Tasche nicht so wichtig, ich muss aber gestehen, ich war vor meiner Zeit als Airlinemitarbeiterin ebenfalls sehr besorgt, im Falle eines Falles schnell genug mein teures Instrument greifen zu können.

Die Warnungen, die häufig bei uns Schmunzeln hervorrufen, stehen in Verbindung mit Verhalten in Notdurftanstalten. Dort findet man beispielsweise folgenden Hinweis:


In Japan gibt es immer zweierlei Toiletten, eine westliche und ein asiatisches Plumsklo - ein im Boden eingelassenes Becken, über das man sich hockt und anschließend mit Wasser spült. An der Wand befestigte Halterungen bieten Hilfe bei der Balance. Diese Halterung ist nicht vergleichbar mit einem Klodeckel, der bei Festhalten mit der Person kippen würde. Es sind in den vergangenen Jahren viele Unfälle auf diese Weise passiert. Also Augen auf bei der Toilettenwahl. Zudem bietet eine westliche Toilette immer die Möglichkeit, sich während des Aufenthaltes mit Verhalten im Katastrophenfall auseinanderzusetzen.

Natürlich brauchen westliche Besucher auch konkrete Verhaltenshinweise im öffentlichen Raum. Touristenattraktion Nummer eins sind Tempel und heilige Stätten. Dort sieht man vieles, was Gläubige möglicherweise bei Ausübung ihrer Religion stören könnte. Deswegen auch hier die Bitte, man möge doch vor Betreten Hüte und Sonnenbrillen entfernen (s. unten rechts) sowie Gespräche einstellen. Fahrräder werden übrigens in Japan nicht einfach am Straßenrand abgestellt, sondern ordentlich nebeneinander an vorgesehenen Plätzen aufgereiht, ansonsten drohen empfindliche Strafen. Ob sich dieses Konzept vielleicht auch in München anwenden ließe?

Hinweisschild am Bahnhof Kyoto

Also Kinder, bitte immer schön hinten anstellen und Schuhe ausziehen!

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