Dienstag, 6. Juli 2021
Eine Reise in den Süden
... ist für andre schick und fein... C.Froboess

Weil wir alle so lange daheim saßen und unser Wissen über die Welt nur aus dem Internet bezogen, fühle ich mich gerade jetzt zum Beginn der Hauptreisezeit berufen, über die veränderten Abläufe bei Flugreisen aufzuklären.

Noch bevor sie ein Flugticket kaufen, haben Sie sich hoffentlich über aktuelle Einreisebeschränkungen in Ihrem Zielland nicht nur informiert, sondern erfüllen auch alle Bedingungen, um bis hinter die Passkontrolle gelassen zu werden. Nein, man macht auch für Omma Liesbeth keine Ausnahme, wenn sie sich nicht mit einem Stäbchen in der Nase rumrühren lassen möchte. Ja, das gilt auch für Kinder. Falls Sie keinen gültigen PCR Test vorweisen können, kommen Sie nicht mal bis in's Flugzeug, denn die Airline haftet für Sie und bezahlt nicht nur Ihren Rückflug, sondern auch eine saftige Strafe. Deshalb sind Kontrollierende bei Versäumnissen sehr, sehr unbarmherzig. Und die Kontrolle aller Unterlagen dauert. Planen Sie folglich großzügig Zeit ein und seien sie nicht nur rechtzeitig beim Checkin, sondern auch am Gate.

Dort angekommen werden Sie zum Einsteigen aufgefordert. Hören Sie bitte bei Ansagen gut zu. Ist Ihre Zone oder Reihe nämlich noch nicht aufgerufen worden, hilft es auch nix, wenn Sie ganz vorne stehen. Die Zonen finden Sie dort, wo auch die Nummer Ihres Sitzplatzes auf der Bordkarte steht. An der Flugzeugtüre interessiert uns im Übrigen nicht die Reihe, sondern der Buchstabe. Der zeigt uns an, in welchen Gang wir sie schicken, falls das Flugzeug über mehr als einen verfügt. Es gibt in heutigen Flugzeugen keine Quergänge mehr und im Restaurant würden Sie auch nicht durch die Küche gehen, wenn der Durchgang zu Ihrem Platz verstellt ist.
Die Gateangestellten weisen in den Ansagen auch auf einen Mindestabstand hin. Sollte in der Warteschlange vor dem Einsteigen zwischen zwei Passagieren ein Meter Abstand sein, bedeutet das nicht, dass Sie die Lücke füllen müssen. Ich weiß, dass Vieles, was bereits zum Coronaalltag gehört, gerne am Flughafen vergessen wird. Möglicherweise fallen wir in frühere Gewohnheiten zurück, wenn wir Situationen nicht regelmäßig erleben.

Das wichtigste Accessoire für Ihre Flugreise ist nicht das Nackenkissen, sondern - je nach Flugdauer - ein bis zwei FFP2 Masken. Sie kennen das sicher vom öffentlichen Nahverkehr. Im Gegensatz zu Bahnangestellten kontrollieren die Flugbegleitenden auch, ob die Nase drinsteckt. Falls man sie zweimal auffordern muss, Ihre Maske richtig aufzusetzen, haben Sie den Groll der Mitarbeitenden bereits auf sich gezogen. Um Sie herum sitzen nämlich - je nach Flugzeugtyp - zwischen 50 und 360 weitere Reisende, von denen ein Drittel ebenfalls ermahnt werden muss. Wir reden gerne - deshalb sind wir ausgewählt worden - nur nicht immer das Gleiche. Wer zu uns freundlich ist und kooperiert, kann fast alles bekommen. Im Gegenzug ernten Sie mit kindlichem Trotz nur müdes Lächeln oder in ganz harten Fällen möglicherweise einen Rauswurf. Das wissen allerdings nur sehr Wenige, sonst würden sie beispielsweise auf Flügen in die USA keinen Vermerk in den Homeland Security Akten riskieren. Ja, wir können Ihnen auch lächelnd wehtun. Sie können übrigens auch eine sogenannte chirurgische Einwegmaske tragen. Wenn Sie aber das obige Beispiel des Anteils Maskenmüder an der Gesamtpassagieranzahl rechnerisch nachvollzogen haben, möchten Sie Ihre FFP2 Maske womöglich nicht einmal mehr zum Essen abnehmen. Natürlich gibt es an Bord Hepafilter. Die vergleiche ich gerne mit der Sicherheit bestimmter Verhütungsmittel. Für Corona gibt es leider (noch) keine Pille danach. Zum besseren Verständnis des Luftfiltersystems empfehle ich diesen Artikel.

Übrigens müssen Sie auch als vollständig geimpfte Person eine Maske tragen. Ja, das ist so und nein, wir diskutieren nicht über die Sinnhaftigkeit von Vorschriften. Wir sind nämlich stark unterbesetzt und haben während des Fluges dafür keine Kapazität. Wenn Sie Ihre Einwände dennoch zu Gehör bringen wollen, schreiben Sie eine Nachricht an die Beschwerdestelle oder buchen Sie eine teurere Klasse. Dort wird man Ihnen zwar nicht die Maskenpflicht erlassen, wir kommen aber öfter an Ihrem Platz vorbei und schenken Ihnen zwangsläufig mehr Aufmerksamkeit.

Sie haben den Flug überstanden und sind am Zielort gelandet. Natürlich dürfen Sie jetzt klatschen, wenn Ihnen danach ist. Lassen Sie sich das nicht durch selbsternannte Experten und Angeber vermiesen. Ich weiß nicht, wann es uncool geworden ist, Freude wahrnehmbar zum Ausdruck zu bringen. Wir werden Sie jedenfalls nicht mitleidig, sondern ausgesprochen freundlich belächeln und warten, bis Sie fertig sind. Dann folgt erneut eine Ansage über das weitere Prozedere. Nein, Sie können jetzt nicht wie früher bei Flugzeugstillstand sofort aufspringen, Ihr Gepäck herauszerren und dem Vordermann in die Kniekehlen drücken. Nachdem die Türen offen und freigegeben sind, werden die Reihen durchgegeben, die zum Aussteigen aufgefordert sind. Sie stehen idealerweise also erst auf, wenn sich die Personen aus der Reihe vor Ihnen mitsamt Hab und Gut gen Ausgang bewegen. Das dauert übrigens nicht länger als früher. Im Gegenteil. Falls Sie im hinteren Drittel sitzen, nutzen Sie doch einfach die Zeit für eine kleine Nachricht an die Daheimgebliebenen, denn jetzt dürfen die Smartphones auch an sein.

Rechtzeitig vor Ihrem Heimflug sollten Sie noch einmal überprüfen, ob Sie für die Rückreise einen negativen PCR Test brauchen. Denn auch hier gilt wieder: es werden keine Ausnahmen gemacht. Gut vorbereitet steht dem Urlaubsvergnügen nun nichts mehr im Wege. Gute Reise und kommen Sie bitte gesund zurück, damit wir alle gesund bleiben.

... link (5 Kommentare)   ... comment


Freitag, 25. Juni 2021
The Needle Man II
Man meint ja gerne mal, man wüsste genau, wie was abläuft und schöpft dabei aus vergangenen Erfahrungen. So erlebe ich das mit Menschen, die zweimal pro Jahr in ein Flugzeug steigen und sich selbst dabei als Vielflieger bezeichnen. Diese Unverbesserlichen hören nie genau zu, weil sie ja eh schon alles wissen, was es über's Fliegen zu wissen gibt. Manche prahlen auch gerne gegenüber Mitreisenden mit ihrem Erfahrungsschatz. Blöd halt, wenn sich während ihrer Abwesenheit der ein oder andere Prozess verändert hat. Das macht sie gleich ein bisschen ungehalten, denn erstens hängt der durchschnittliche Mensch an seiner Routine und zweitens am vermeindlichen Wissensvorsprung. Ich hingegen verdrehe innerlich die Augen, wenn mir einer dieser selbsternannten Experten mal wieder meinen Job erklären möchte.

Heute bin ich dem Irrglauben selbst aufgesessen, denn nach meiner ersten Impfung entpuppte sich der Ablauf der Zweitimpfung als etwas anders. Ich ließ mir bei der Anreise viel Zeit, denn letztens ging doch alles sehr schnell. Während ich vor 6 Wochen quasi vom leeren Zubringerbus bis zur Nadel durchmarschierte, fing die Schlange heute schon an der Bushaltestelle an. Die Meisten kamen zur Zweitimpfung, und so begann die Schlange dann auch schon vor dem Haupteingang um's Gebäudeeck. Es vergingen ungefähr 40 Minuten, bis ich meinen Personalausweis vorlegen konnte. Zu diesem Zeitpunkt standen die Wartenden draußen schon im U entlang der verglasten Gebäudeseite. Als Vorteil erwies sich, Erstimpf- oder Astra- bzw Biontechempfangende zu sein, denn die konnten an auf Moderna Wartenden vorbeiziehen.

Als ich meine Kabine betrat, waren ungefähr zwei Stunden vergangen. Das ist weiter nicht schlimm, denn für ein besonderes Ereignis warte ich gerne. Mich an die Erlebnisse mit dem letzten Impfarzt erinnernd, nahm ich mir vor, heute die Unterhaltung selbst zu steuern. Also fragte ich den Arzt, ob die Tätigkeit denn anstrengend sei. Nein, meinte der, anstrengend seien nur die vielen Menschen, auf die man sich den ganzen Tag einstellen müsse. Als Personal wolle man primär herausfinden, ob die Leute Angst hätten, ob sie einen verstünden und ob es ihnen gut ginge. So begegnete man halt dem ganzen Querschnitt vom Schüchternen bis zum Angeber an nur einem Tag. Ja, das ginge mir in meinem Beruf ebenso, erwiderte ich, worauf ich sofort Fragen zur touristischen Einreise in die USA gestellt bekam. Nein, man dürfe im Juli voraussichtlich noch nicht einreisen. Mit dieser Antwort hinterließ ich einen enttäuschten Arzt, der nun am Ende des Tages seinen nahenden Flug wohl ein weiteres Mal umbuchen wird. Ich hingegen war erst mal froh, geimpft zu sein.

... link (2 Kommentare)   ... comment


Montag, 14. Juni 2021
Rocky Mountain High
by John Denver



Zugegeben, es waren dann doch nicht die Rockies, zumindest aber ein Berg am Fuße von Boulder. Eine leichte, nicht zu anstrengende Bergwanderung sollte es werden. So hatte der Kollege diesen Ausflug angekündigt, der während unseres mehrtägigen Aufenthalts in Denver stattfinden sollte. Ich sollte nicht die Einzige bleiben, die beim Aufstieg ihre körperlichen Kräfte verließen. Kein Wunder, bewegte ich mich doch die letzten Monate verletzungsbedingt vorwiegend im Kopf und weniger auf den Beinen.

Zugegeben, die Erzählungen des Kollegen am Vortag - er und ich waren auf einer kleinen Wanderung um einen See unterwegs, auf der er seine üblichen Gewaltmärsche erwähnte - hätten mich stutzig machen sollen. Als er sich für die vierstündige Fußvariante entschied, ich mich aber für den Bus zurück, da hatte ich es noch ein klein wenig bereut, wollte ihm aber durch meine körperlichen Gebrechen kein Hindernis für sein Geherlebnis sein.

Zugegeben, während die untrainierte Kollegin sich unterschätzte, hatte ich mich an meiner doch fitten Vergangenheit orientierend überschätzt. Auch die Kombination aus Hitze und über 2000m Höhe hatten mich nicht abgeschreckt - was ich nicht weiß usw - wohl aber die großen, in die Felsen geschlagenen Stufen zu Beginn des Aufstiegs, die den immerwährenden Schmerz beim Anheben des Beines schnell verdoppelten. Dennoch wollte nicht aufgeben, sondern oben ankommen, koste es was es wolle.

Zugegeben, die Strecke war nicht nur viel länger, sondern vor allem viel steiler als gedacht. Die Einschätzung wurde durch die verdeckte Sicht auf den Gipfel noch erschwert. Nach jeder Wegbiegung dann große Enttäuschung, da sich der erhoffte Gipfel dann doch nur als eine weitere Etappe auf dem Weg nach oben herausstellte. Also weiter über unwegsame Steine und Felsen, mal kletternd, mal steigend.

Zugegeben, auch die Hoffnung am Gipfel auf einen leichteren Abstieg - so die Aussage des erfahrenen Kollegen, der sich jedoch nicht mehr so genau erinnern konnte - zerschlug sich sehr schnell. Man wollte nicht den schwierigen Aufstieg zurück, also wählten wir den Abstieg zur anderen Seite, der noch schmälere Wege, noch steilere Klettereien und noch unwegsamere bis unkenntlichere Pfade bediente als zuvor. Das alles ohne wirkliche Ausrüstung - wobei adäquates Schuhwerk ja relativ ist, denn während nicht nur echte Australier, sondern auch die Kollegin gerne in Flipflops wandert, hat unsereins schon vom Anblick diversen Schuhwerks Blasen und Scheuerstellen.

Zugegeben, während ich auf der gesamten Strecke nicht nur einmal still in mich hineinfluchte, war ich hinterher nicht nur stolz, sondern auch glücklich über meine Leistung. Und im Nachhinein betrachtet war alles sowieso nur noch halb so anstrengend. Immerhin hatte ich am nächsten Tag keine zusätzlichen Folgeerscheinungen in Form von Schmerzen. Aber die Aussicht war einfach bombastisch. Ich fürchte, ich muss das irgendwann wiederholen.


... link (2 Kommentare)   ... comment