Sonntag, 5. Juni 2022
The Queen of Corona 8
So langsam wiederholt sich alles. Einkaufen online, schlafen, schreiben, essen, telefonieren. Langsam brauche ich neuen Input. Dabei bin ich immer noch sehr müde. So müde, dass ich vor dem Laptop einnicke. Seit zwei Wochen habe ich mich nicht mehr körperlich betüchtigt. Das ist der Grund für allmählich einsetzende Schmerzen im Bewegungsapparat. Meine Achillessehne halt. Wenn ich wieder ganz fit werden will, also zum Fliegen fit, muss ich vorher erst ein paar Tage Kräftigungs- und Dehnübungen machen. Langsam kommt der Geschmackssinn zurück, das Ohr ist frei und gegen den Husten hilft der ekligste Saft, den ich je eingenommen habe.

Seit gestern Morgen weiß ich, dass in meinem Haus eine Kollegin wohnt. Ich habe sie frühmorgens in Uniform zum Dienst gehen sehen. Gehört habe ich davon bereits vor zwei Jahren als die nette Pianistin, zu der ich immer noch Kontakt halte, aus und die vermeindliche Kollegin eingezogen ist. Dann war Corona, dann hat ein anderer Hausbewohner erzählt, er hätte eine Kollegin von mir im Haus gesehen. Jetzt sah ich sie auch und werde fortan meine Augen offenhalten, ob sie mir auch in meiner Crew mal begegnet. Wir könnten gemeinsam vom Flug heimfahren. Auch andere Nachbarschaftsdinge habe ich den Tag über vom Fenster aus in Erfahrung bringen können. Wird wirklich Zeit, dass ich bald raus kann.

Das Telefonat mit der Einsatzplanung verlief wie erwartet. Ich werde mich am Montag nochmal melden, obwohl ich Montag nur weiß, dass ich noch nicht gesund sein werde. Manchmal glaube ich, das ist ein bisschen wegen der ansonsten fehlenden Kontrolle. In jedem Büro müssen sich die Angestellten für Fehlzeiten gefühlt im Kollegium rechtfertigen. Bei uns beobachtet das niemand, denn ein festes Kollegium gibt es nicht. Zu rechtfertigen habe ich mein Verhalten nur vor mir selbst und erst bei längeren Fehlzeiten vor meiner Teamleitung. Zudem will der Arbeitgeber die Planerstellung ein bisschen überschaubarer machen. Schön absurd wird's, wenn sich Angestellte nicht krank melden können, weil sie beispielsweise die Stimme verloren haben. Es gibt weder eine Mail- noch eine andere Adresse für eine schriftliche Eingabe. Dritte dürfen keine Krankmeldungen übernehmen. So hat einst ein Kapitän erzählt, es sei für ihn ein Ding der Unmöglichkeit gewesen, die Einsatzplanung von seinem Krankenstand zu überzeugen. Das Fax aus dem Hotel hätte keiner ernst genommen. Aber wie soll ein Pilot seiner Tätigkeit ohne Stimme nachgehen? Grundlegende Aufgabe ist der Austausch mit den Lotsen via Funk. Auch ich fand mich einst morgens im Hotel ohne Stimme zur Abholung ein. Da musste eine Kollegin für die Ansagen einspringen und ich in München aussteigen, denn für eine mögliche Evakuierung hätte ich keine Kommandos rufen können.

Schätzungsweise zeigt der Schnelltest morgen oder übermorgen keinen zweiten Streifen mehr an. Dann gehe ich als erstes auf einen kleinen Spaziergang in's Grüne. Das vermisse ich neben dem Sport am meisten. Und mir nahe Menschen treffen. Dafür muss ich aber noch ein bisschen abwarten. Schließlich möchte ich die keinem Risiko aussetzen. Aber spätestens in einer Woche wird hemmungslos zurückgeknuddelt!

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Samstag, 4. Juni 2022
The Queen of Corona 7
Obwohl ich in der Nacht relativ gut schlief - gelegentliches Wachwerden wegen Nassgeschwitztseins ist inzwischen Normalität - war ich den ganzen Tag müde. So müde, dass ich gestern nachmittags UND abends ab 19.00 schlief. Nachts wurde ich zwar wach, doch hatte ich nicht die Energie, mehr als einen Toilettengang zu absolvieren. Aber kommen wir zurück zum Tag. Was ich nicht getan habe: weiter ausgemistet, gelesen, geschrieben, geputzt und gewaschen.
Was ich stattdessen getan habe: im Netz herumgeklickt, geschlafen. Das ist nicht weiter verwunderlich und auch nicht schlimm. Dennoch frage ich mich, ob sich das demnächst wieder ändern wird. Meine Dienststelle möchte spätestens morgen von mir eine Aussage, wann ich wieder zu arbeiten gedenke. Das ist für mich schwer einschätzbar, denn einerseits bin ich Typ Gehtschon, andererseits möchte ich nicht zu früh und dann wieder in den Seilen hängen. Zudem zeigt der Schnelltest immer noch zwei Striche. Frei bin ich laut Gesundheitsamt erst nach 10 Tagen und 48 symptomlosen Stunden.

Die Forderung meines Arbeitgebers nach frühzeitiger Einschätzung des Gesundheitszustandes habe ich immer gehasst. Telefonate laufen dann in etwa so ab:
Ich: ich bin immer noch krank.
Ag: wie lange noch?
Ich: keine Ahnung, vielleicht so ein, zwei Tage?
Ag: dann rufen Sie bitte morgen wieder an.
Ich: da bin ich aber noch krank.
Ag: dann rufen Sie übermorgen an. Wie lange geht das Attest?
Ich: muss ich morgen holen.
Ag: dann rufen Sie morgen an, wenn Sie wissen, wie lange das Attest geht.
Ich: das geht schätzungsweise bis einschließlich übermorgen.
Ag: dann rufen Sie morgen nochmal an.
Ich: ...
Ag: ...
Ich: Ja dann bis morgen.

Bleiben Sie also dran, wenn es am morgigen Pfingstsonntag zur spannenden Fragerunde kommt, wie lange mein Attest geht, das ich mir frühestens nach Pfingsten ausstellen lassen kann.

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Freitag, 3. Juni 2022
The Queen of Corona 6
Morgens fühlte ich mich bereits so okay, dass ich beschloss, einen Schnelltest durchzuführen. Die Coronaregelung des Landes sagt nämlich, man sei am fünften Tag frei, wenn der Test es erlaubt. Ein erster Test war dann auch tatsächlich negativ. Da ich aber misstrauisch war und auf Nummer sicher gehen wollte, machte ich einen zweiten eines anderen Herstellers. Und siehe da, der zeigte sehr deutlich einen zweiten Strich im Indikationsfeld. Jetzt habe ich vier Tests hier, deren Ergebnis ich immer anzweifeln werde.

Dann verkaufte ich Sommerschuhe über die E-Kleinanzeigen. Einmal Paypal und ein bisschen Smalltalk durch verschlossene Türe später war der Deal unter Dach und Fach. Und weil das alles so prima funktionierte und ich auch sonst nichts zu tun hatte, bestellte ich gleich mal neue Schuhe online und noch dazu ein Nachttischchen und einen Mülleimer, das alles von der Post geliefert werden wird. Dann war ich müde und legte mich wieder hin bis ich Hunger bekam. Das Kochen ist etwas mühsam, der Geschmack immer gleich, weshalb ich mich derzeit auf sehr einfache Gerichte beschränke. Suppen, Kartoffeln mit etwas Gemüse, Eierspeisen, mehr Distinguiertes wäre reine Zeitverschwendung.

Allgemein fühlte ich mich viel besser, es ist allerdings auch deutlich spürbar, wie sehr mich die Virenabwehr angestrengt hat. Schätzungsweise werde ich auch nach negativer Testung noch einige Tage brauchen, bis ich wieder auf Flügen einsatzbereit bin. Und dann fliege ich immer in der Angst, mich wieder anzustecken. Denn machen wir uns nichts vor, das Virus ist der neue Pendler, der in allen öffentlichen Bereichen auf eine Mitfahrgelegenheit wartet, wo sich viele Leute auf kleinem Raum aufhalten.

Meine Ohrenschmerzen wurden im Laufe des Tages stärker und auch der Husten nahm zu, weshalb ich mir eine etwas flachere Atmung angewöhnte. Nicht vorteilhaft beim Wohnungsputz, den ich in kleinen Etappen erledigte. Andererseits ist sonst nichts zu tun und mir auf Dauer recht langweilig. Am Abend sortierte ich ein bisschen alte Sachen aus, wobei da nicht viel auszusortieren ist. Ich mache das regelmäßig, es hat sich seit dem letzten Ausmisten nach meiner OP vor knapp drei Jahren nicht viel Neues angesammelt. Einziger Spaßverderber an dieser Art Tätigkeit ist, dass ich das Zeug nicht sofort aus der Wohnung befördern kann und es noch ein paar Tage im Flur steht. Morgen werfe ich nochmal einen sehr kritischen Blick in meine Flurschränke und dann ist die Quarantäne hoffentlich bald vorbei.

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