Freitag, 2. Mai 2008
I've had the taste of danger
Wenn man im Urlaub oder auf Parties mit Unbekannten ins Gespräch kommt, wird früher oder später die Frage nach dem Beruf gestellt.
"Und was machst du so?"
Wie ich sie hasse, wie ich mich winde, sie zu beantworten, wie ich das schleifende Geräusch der Schubladen förmlich hören kann, wie ich sie in den Gesichtern zugeschoben sehe, wenn endlich meine Antwort fällt. Ich kann sie nachvollziehen, die Frage. Womit beschäftigt sich dieser Mensch tagein, tagaus? Was sind seine Interessen? Bemerkenswerterweise üben immer mehr Menschen dieser Tage eine Tätigkeit aus, die weder mit ihren Interessen, noch ihrem erlernten Beruf auch nur das Geringste zu tun hat. Wenn sich da mal nicht die ein oder andere völlig falsche Schublade schließt.

Und dann begegnet mir noch so ein Phänomen in regelmäßigen Abständen. Nenne ich meine Einkunftsquellenbezeichnung, dann hat sofort jeder was dazu zu sagen. Jeder ist schon mal geflogen, hat eine Geschichte parat, jeder kennt sich - bei mindestens zwei Ferienflügen im Jahr - aus oder hat eine vermeindlich originäre Frage. Viele beklagen sich über die Arroganz der Kabinenkollegen, glauben zu wissen, dass der männliche Anteil sowieso schwul sei - natürlich immer mit Ausnahme der Piloten, denn das sind ja ganz harte Kerle - und der weibliche mit Flugzeugführern verbandelt. Viele fühlten sich während eines Fluges irgendwann mal gegängelt, übersehen oder ungerecht behandelt und tun dies nach meiner Antwort lautstark kund. Und keiner läßt sein vermeindliches Wissen gerne von fachkundiger Seite korrigieren (nein, das sei genau so gewesen, und nein, es gibt ja auch keinen Unterschied zwischen Charter- und Linienflug).

Aber kennen sie mich damit wirklich? Oder ist der Wunsch nach Bedienen einer Schublade einfach größer? Für die Meisten ist dann jegliche Neugier gestillt. Kaum einer fragt, was ich vorher, nebenher oder danach gemacht habe bzw. noch plane. Und kaum einer kann sich vorstellen, was während eines Notfalles in der Kabine wirklich geschieht. Diese sicherheitsrelevanten Aufgaben sind kein geringer Teil unserer täglichen Arbeit. Ein- bis zweimal im Jahr werden in einer Flugzeugattrappe die verschiedensten möglichen Notfallsituationen durchgespielt. Ich kann ihnen versichern, dass - obwohl nur Übung - sich in diesem Moment alles sehr echt anfühlt. Da bleibt kein Puls auf 90. Selbst wenn ich dieses Trainingsvideo (via Hypoxia) sehe, steigt meine Atemfrequenz.

Wenn Sie das nächste Mal einen Kabinenmitarbeiter treffen, dann denken Sie bitte auch daran. "We're here to save your ass, not to wipe it!" wie einst die Angestellte einer amerikanischen Fluggesellschaft meinte. Also nicht vergessen: der nächste Arsch, der gerettet werden muß, könnte Ihrer sein.


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manchmal sind es auch schon die kleinen dinge.
"möchten Sie das omelette oder das rührei?"
"das omelette bitte."
"Nein, das möchten Sie nicht, glauben Sie mir."

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Haha. Sehr schön!
Ich habe meinen französischen Gästen bei der Essensauswahl mal die "canard enchaînée" besonders ans Herz gelegt.

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Tatsächlich besitze ich eins-zwei Erfahrungswerte und kann schreiben: Ich bin froh, dass es euch gibt, hatte noch nie Probleme mit Arroganz, oder dergleichen, alle sind immer nett und mir vermittelt ihr immer das Gefühl, dass ihr wisst was ihr da tut. Und das allein ist sehr beruhigend, auch wenn es mal durch Turbulenzen geht, oder wie neulich in Hamburg, der Pilot sich verschätzte und volle Rakete in die Bremsen steigen musste.
Ich mag euch und bin ebenfalls immer nett zu euch!

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Hey, das Lob freut uns aber (und ich werde gleich rot)! Ist wie in vielen anderen Bereichen auch: es gibt immer ein Quotenarschloch. Allerdings habe ich den Verdacht, der hat nie frei, so viele Bekannte, wie mit dem schon geflogen sein wollen.

Ich mag meine Passagiere auch! Die Meisten jedenfalls.

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"Und was machst du so?" - Meine Gegenfrage neuerdings: "Aus Leidenschaft oder zum Geldverdienen?"

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"We're here to save your ass, not to wipe it!"
KLASSE!!!!! *lol
Ich bin schon sehr oft geflogen und jedes Mal bewundere ich die Geduld Deiner Kollegen in Bezug auf manche Passagiere.
Ich bin eigentlich sehr geduldig, aber der Job wäre nichts für mich.

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Jürgen, das Gegenfragespielchen habe ich ebenfalls schon ausprobiert. Funktioniert nur bedingt, weil ein selektives Gehör nur das hört, was es hören will.

KsKlein, unser Leitsatz lautet "Kill them with kindness"

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Ähnlich ist es doch mit musik auch oder?
Und was studierst du? Musik.
Ah echt, das kann man studieren?

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"Ach Musik? Und was machen Sie so beruflich?"

Ja logisch, das könnte man jetzt beliebig ausweiten. Allerdings habe ich noch nie erlebt, dass bei einem Beruf so viele was beizutragen haben. Außer bei Ärzten. Denen wird dann immer gleich eine Krankengeschichte aufgetischt.

Übrigens, wollte ich in Deinem Blog ein Lesezeichen hinterlassen, hat aber aus unerfindlichen Gründen nicht funktioniert...

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vielleicht wird es noch durch die gastronomie übertroffen, da kann auch fast jeder seine erfahrungen dazu beitragen.

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Nachvollziehbar, vor allem nachdem wir auch als die "Kellner der Lüfte" bezeichnet werden.

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... da habe ich es wesentlich besser, denn zum Beruf Busfahrer gibt es nicht viel zu sagen.

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Habe ich Dir eigentlich schon mal gesagt, dass ich Deinen Humor mag?

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Nein, aber das müssen wir unbedingt einmal nachholen!

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Ich habe noch nie, NIE, Flugpersonal erlebt, das sich unprofessionell verhalten hätte. Und jetzt überlege ich die nächsten zwei Tage, über welche andere Berufsgruppe ich das sagen könnte.
(Weiterer Partykiller nach der Berufsfrage: Lehrer. Aber die trifft man so gut wie nie auf Partys.)

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Da hattest Du aber Glück. Es menschelt halt überall.
(Lehrer haben wenigstens noch 'nen intellektuellen Hintergrund. Eine Saftschubse ist nur blond und blöd muss nur gut aussehen. Jedenfalls in den Augen der Gschdudierten.)

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Frau Klugscheisser, ich bin da ganz vorurteilslos. Ich bin noch nie geflogen. Außer auf die Fresse sowie mit dem Motorrad und dem Fahrrad. Leider war da keine freundliche Flugbegleiterin zur Stelle.

Sollte ich jemals zu dem Vergnügen kommen, mit so einem Flugdingens unterwegs zu sein, werde ich mich an Sie erinnern und mein mir schönstes Lächeln ausbuddeln.

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Sätze, die man sofort...
Den persönlichen Flugbegleiter eines jeden Menschen nennt man Schutzengel.

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Hm, Auslegungssache.

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Da würde ich mir keine Gedanken machen ...
Oh, das Schleifen der Schubladen kennen auch andere, kugelgelagert sind die Schübe der wenigsten Berufe. Wenn einer sich ernsthaft mit einem unterhalten will, dann fängt er schlechtestenfalls mit einem Stereotyp an, lässt sich aber auch was erzählen. Leute deren Weltbild eh schon irreversibel fertig ist, sind sowieso nicht die interessantesten Bekanntschaften.

Als Wenigvielflieger (nach einigen Jahren wieder frisch vom FTL degradiert) noch etwas Lob: Ohne jemals detailliert nachzudenken, wie man ein Flugzeug schnell verlässt und wie ein F/A das beschleunigen könnte, war und bin ich bei der LH vom Kabinenpersonal *immer* gut bis sehr gut behandelt worden. Da hätte ich jetzt auch noch eine persönliche Anekdote, aber die lasse ich ob des Beitrages besser mal weg und lese lieber wieder zu!

Schönen Urlaub noch und - ich glaube ich kommentiere das erste Mal hier - danke für den lesenswerten Blog!

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Die Anekdote bitteschön!
Sehr geehrter Lionel Hutz, zunächst mal herzlich Willkommen im Kreise der Kommentatoren und danke für das Kompliment. Allerdings muss ich zugeben, mir ebenfalls noch nie detaillierte Gedanken darüber gemacht zu haben, wie man ein Flugzeug schneller leert (vielleicht "FEUER!" rufen?)

In Ihrem Falle bestehe ich sogar auf die persönliche Anekdote. Es gibt da nämlich durchaus Ausnahmen. Ab morgen werde ich dann hoffentlich selbst wieder welche erleben (Urlaub vorbei).

Wir lesen uns!

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.... wenn der Urlaub vorbei ist hilft nur dieser Video, um die nötige Routine schnellstens wieder zu erlangen.

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Jetzt hoffe ich keine zu großen Erwartungen geweckt zu haben, die Anekdote, an die ich dachte, ist eigentlich gar nicht so spannend, aber was soll's:

Ich hatte vor ein paar Jahren den bislang kürzesten USA-Aufenthalt meines Lebens und damit das zweifelhafte Vergnügen, mal die Crew-Layover-Zyklen selbst zu testen. Also heute hin, morgen zurück - nur mit umgedrehten Rollen: Versuchen sich an Bord auszuruhen, um dann zwischen den Flügen ein bisschen zu arbeiten. LH 410 war nicht sehr voll, die F war leer und so gab es viel Gelegenheit ein bisschen mit der Crew zu plaudern. Dabei stellte sich heraus, dass die Purserin die Schwägerin eines Kollegen war, was das Gespräch natürlich besonders ausführlich machte und als sie hörte, dass ich am Folgetag wieder mit ihr fliegen würde, war sie natürlich besonders erfreut (leider war es dann auch dieselbe Maschine, wie ich an der etwas klemmenden Verstellung der Fußstütze meines Lieblingsplatzes 10A, noch das alte Gestühl, feststellen musste).

Wer weiß, was sie alles eingekauft hat während ich in einem Besprechungsraum mit mäßigen Ausblick (zwar Park Avenue, aber leider viel zu niedrig um mehr zu sehen als die Fassade gegenüber) saß. Sie muss die Zeit aber genutzt haben, ihre Crew auf besonderen Besuch vorzubereiten. Derart polyphon mit Namen begrüßt, wurde ich (wenn überhaupt) noch nie in einem Flugzeug, das war aber das einzige, was anders war als sonst. Mein Schluss: Guter Service, wenn man ihn nur noch durch Lernen des Namens durch die ganze Crew verbessern kann (Die F war leider voll, sonst hätte es ja vielleicht noch andere Optionen gegeben ;-).

Jetzt wo ich aber gerade angefangen habe: Noch eine weitere Story und weiteres Lob an die Purserin, die mein ganzes Mitgefühl hatte, als sie in den ersten Tagen des neuen C-Gestühls und seinen Kinderkrankheiten mit fast stoischer Gelassenheit nach einem Reboot des IFE (als ich den Windows Start-up Screen sah, dachte ich nur: hoffentlich benutzt die Avionik eine anderes Betriebssystem ...) durch die Kabine robbte um die defekten ca. 50 Prozent der Sitze durch Ziehen und Wiedereinsetzen der Sicherung wieder in Gang zu bringen und meiner aufkeimenden Angst vor einem 12 Stunden Nachftlug mit unbeweglichem Sitz die Grundlage nahm. Nachdem es mir unangenehm ist, wenn Frauen vor meinen Füßen auf dem Boden rumkriechen, ich ihnen das aber auch nicht abnehmen konnte, habe ich mich besonders bedankt und die einzige Unmutsäußerung war, dass die dadurch gerade ruinierte Strumpfhose nicht von der Firma bezahlt werde.

Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich leider vergessen habe, solches mal schriftlich lobend gegenüber der Fluglinie zu erwähnen. Seit ich das Blog hier kenne, wird mir das natürlich nicht mehr passieren. Ich hoffe allerdings auch inständig, dass ich mich niemals für eine schnelle (oder wenn erfolgreich auch langsame) Evakuierung bedanken muss. Mal sehen, was der Mai bringt, der beschert mir zumindest LH-Holzklasse nach Nordamerika. Wäre aber sicher zuviel des Zufalls, wenn man sich genau da träfe, vermute ich. Man liest sich aber sicher wieder!

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Ihre Schilderungen beziehen sich alle auf Alltägliches, Selbstverständliches, Normalität. Dennoch ist es schön, dass das auch auffällt. Über sich hinauswachsen kann man nicht, wenn alles routinemäßig läuft, sondern erst, wenn es schwierige Situationen zu lösen gilt. Da sind wir gut drin. Trotzdem freuen wir uns natürlich ganz besonders über schriftliches Lob (ich nehme das hier mal als solches).

Im Mai habe ich ebenfalls in nach Nordamerika zu tun. Und wenn der Dollar weiter so gut steht, wird es die ein oder andere Einkaufstüte auch in meinem Besitz nach Europa schaffen.

Ich wünsche Ihnen gute Reise!
Melden Sie sich mal wieder zu Wort.

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Ich danke für diesen Text. Ganz am Anfang, als ich dieses Blog zum ersten Mal las, hab ich dich als Frau Saftschubse verlinkt. Ich schäme mich dafür und ich entschuldige mich.

R.

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Entschuldigung akzeptiert, immerhin haben Sie überhaupt verlinkt, lieber Remington. Danke für's Lesen.

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du bist nicht allein
bei vielen Berufen (resp. Studiengängen) kommen direkt merkwürdige Nachfragen: oh dann bist du bestimmt ... dann machst du immer ... Dafür muß man studieren????
Versuch sich nicht zu ärgern - du weißt es doch besser!

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Bis vorhin dachte ich , dass es nur von Bundestrainern und Lehrern genau 82 Millionen weitere Exemplare gibt, die sich in diesen Berufen perfekt auskennen.
Aber dass auch Sie laufend Erlebnisse fremder Menschen mit anderen fremden Menschen , die den selben Beruf haben wie Sie, anhören müssen, beunruhigt mich schon.
Und es erkärt mir auch, warum nur ganz besonders leidensfähige Personen nur ganz besondere Berufe ausüben können.

Übrigens, als ich noch unter Flugangst litt, hab ich mehr als einmal eine ruhige, kühle Hand auf meiner zittrigen, bleichen gefühlt. Das vergess ich auch nie.

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