Sonntag, 5. November 2006
Stand by your man
Der Koffer steht den ganzen Tag schon gepackt im Flur. Seit 5.00 warte ich auf einen Anruf, der bis jetzt noch nicht erfolgte. Ich habe Bereitschaftsdienst. Falls ein Kollege ausfällt, muss ich in einer Stunde am Flughafen sein. Ist nicht so, dass bis jetzt keiner angerufen hätte. Da war einer, der mit mir nach Stuttgart fahren wollte. Zumindest konnte ich so viel aus dem Kölschgebrabbel heraushören. Nein, ich würde heute nicht nach Stuttgart fahren und interessiere mich auch nicht für eine Mitfahrgelegenheit. Falsch verbunden. Ist nicht so, dass ich unbedingt zum Einsatz gerufen werden wollte. Ob der „falsch verbunden“ Trick auch beim Einsatz funktioniert? Die erste Tageshälfte schleiche ich mit Handy bewaffnet in meiner Wohnung herum. Später lasse ich es dort liegen, wo ich als letztes war, bis mir der Grund meiner Häuslichkeit wieder einfällt und ich panisch danach suche. Mal finde ich es in der Küche wieder, mal neben der Toilette.
Gegen Mittag bekomme ich Hunger. Kochen ist ausgeschlossen, denn wenn besagter Anruf kommt, kann ich davon ausgehen, dass nach meiner Rückkehr entweder alles kalt oder bereits im Verwesungsprozess ist, vorausgesetzt, ich habe die Herdplatte nicht vergessen auszuschalten. Sonst bleibt mir nur noch, die verdunstete Wassermenge pro Minute zu berechnen, um den richtigen Zeitpunkt zum Alarmieren der Feuerwehr herauszufinden.
Ich erwäge kurz, ob ich am heutigen Tanztraining teilnehmen könnte. Eine Stunde ist verdammt knapp, wenn allein schon die Fahrt eine gute halbe Stunde dauert und die Kriegsbemalung eine weitere. Stunden später bin ich soweit, jede Nummer aus meinem Telefonverzeichnis tanzen zu wollen. Ich bin völlig matschig im Kopf. Konzentration scheint ein Fremdwort.
Im Laufe des Tages habe ich alle Links in meiner Blogrolle mehrmals angeklickt (ja, das war ich), bei Youtube alle Levi’s Werbefilmchen gesehen, Wikipedia leerstudiert, eine Menge Zigaretten und drei Liter Tee konsumiert, die restlichen Chips gegessen, zweihundert Mal beim Solitär gewonnen, genauso oft verloren, noch öfter das Handy gecheckt, die parkenden Autos auf der Straße gedanklich ordentlich aneinandergereiht, die Fransen am Teppich erst gezählt, dann korrekt ausgerichtet, alle Wutzel von der Wolljacke entfernt, das schmutzige Geschirr auf der Spüle mehrmals umarrangiert und mehrere Kilometer innerhalb meiner Wohnung zurückgelegt. Der Plan, einen unglaublich lustigen Blogeintrag zu verfassen, ist aufgrund von massiver Schreibblockade schnell verworfen. Und jetzt kann mich mal alle Welt. Ich geh ins Bett. Natürlich nicht ohne mein Handy, denn morgen ist auch noch einer dieser unsäglichen Tage. Morgen um diese Zeit habe ich höchstwahrscheinlich die Grenze zum Wahnsinn überschritten. Ich hab mir sagen lassen, das tut nicht weh. Morgen weiß ich mehr.

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Achten Sie darauf, beim Kreise laufen immer wieder mal den Kurs zu ändern. Ansonsten könnte Ihr Gehirn durch die durch Fliehkraft einseitige Belastung schaden nehmen. Auch sollten Sie bedenken, das ihr Parkett, ich nehme einfach mal an, das der Fransenteppich auf Holzuntergrund liegt, durch die Abnutzung des immer gleichen Weges schnell Zeuge Ihrer Verzweiflung werden kann.

Viel Glück wünsche ich und ein klingelndes Telefon.

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Oh, das sind wertvolle Tipps. Mein Gehirn indes ist eine träge Masse, die nicht so leicht Schaden nimmt, zumal ich mich nicht so schnell bewege. Aber die Schuhe müssen bald zum Besohlen.

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Das Schlimmste aber ist die Ungewißheit. Ich nehme aber an, Sie haben wenigstens alle Fenster geputzt und fünfmal Staub gesaugt?

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ääääääääääh... nuja... wie soll ich sagen... der Staub wurde so doll beim Herumgehen aufgewirbelt, dass er fast von alleine verschwunden ist - abgesehen davon ist es viel zu riskant, aufgrund des Staubsaugergeräusches einen eventuellen Anruf zu überhören.

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Am besten gefällt mir das Umsortieren des dreckigen Geschirrs.
Allem Anschein nach sind Sie dann doch in die Luft befördert worden, oder?

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augenblicklich verweile ich, es ist so schön...
[irres Lachen und ab]

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