Mittwoch, 20. Dezember 2006
The air that you breathe
Lisa9 hat mir einen Eintrag gewidmet. Naja eigentlich nicht mir, weil ich ja nicht wirklich Flugbegleiter bin, sondern genau genommen der imaginäre Sandsack für miesgelaunte Passagiere, Kollegen und Cockpits (komm schon Baby, hau mir eine rein! Da steh ich drauf), und auch nicht mir allein, sondern den vielen saftschubsenden Engeln der Lüfte, die jeden Tag im Fall der Fälle für Ihre Sicherheit einstehen. Aus gegebenem Anlaß hat die Zeichnung heute dennoch gepasst wie Arsch auf Klobrille.

[Achtung, Ekelcontent!]

Beim Fliegen habe ich gelernt, dass sich unsere Gesellschaft in wichtige und unwichtige Leute unterteilen lässt. Die wichtigen Leute verhalten sich in der Öffentlichkeit auch so, damit jeder gleich weiß, mit welch wichtiger Persönlichkeit man es zu tun hat. Sie reden ein wenig lauter als andere und fordern auch sonst sehr viel Zuwendung und Aufmerksamkeit, um sich deutlich von den unwichtigen Leuten abzugrenzen, denn unauffällig bedeutet unwichtig. Während ihrer Kindheit haben sie gelernt, dass Schreien und sich strampelnd auf den Boden werfen sehr viel Aufmerksamkeit einbringt. Auch eine volle Windel garantiert die ungeteilte Aufmerksamkeit, denn dann wird einem liebevoll der Hintern abgewischt und wenn man Glück hat, wird man sogar für den gemachten Haufen noch gelobt.

Jetzt ist es aber nicht sonderlich vorteilhaft, wenn man sich den teuren Armanianzug auf rauhem Asphalt ruiniert, und das wohlige Gefühl einer vollgeschissenen Flanellhose ist auch nur von kurzer Dauer. Deswegen haben wichtige Leute im Laufe der Sozialisation ihre erfolgsgarantierenden Mechanismen verfeinert. Wir kennen die mit hervorgetretenen Adern Zeternden, die sich aus banalen Anlässen um ihre Wichtigkeit betrogen fühlen. Ein deutlich subtileres Aufmerksamkeitsvehikel sind sogenannte Pheromone. Die Definition nach Karlson und Lüscher hierfür lautet folgendermaßen: Substanzen, die von einem Individuum nach außen abgegeben werden und bei einem anderen Individuum der gleichen Art spezifische Reaktionen auslösen. Nichts kann einfacher und gleichermaßen anonymer nach außen abgegeben werden als Verdauungsgase. Ihre Abgabe garantiert volle Aufmerksamkeit aller Individuen der unmittelbaren Umgebung und spezifische Reaktionen wie Naserümpfen, Würgereiz und Erstickungsanfälle.

Eine besonders wirkungsvolle Methode seine Mitmenschen an den eigenen Verdauungsvorgängen teilhaben zu lassen, ist, die Türe zur Flugzeugtoilette nach erfolgreicher Entleerung einen Moment länger als nötig geöffnet zu halten oder gar nicht erst zu schließen. Den ultimativen Kick erlebt der Toilettengänger, wenn sich Kabinenmitarbeiter vor den Toiletten zeitgleich der Nahrungsaufnahme widmen. Ich frage mich allen Ernstes, ob solche Menschen tatsächlich glauben, ich könne ihnen den nötigen Respekt entgegenbringen. Und ich weigere mich schlichtweg, Lob für einen Haufen auszusprechen, der zu Demonstrationszwecken nicht mittels Hydraulik dem chemischen Nirvana zugeführt, sondern devotionaliengleich in der Schüssel verweilt. [An dieser Stelle sei angemerkt, dass Flugzeugtoiletten nicht nach dem gleichen Prinzip funktionieren, wie die der Deutschen Bahn, und durchaus auch an Parkpositionen benutzt werden dürfen. Die Mär von gefrorenen Fäkalien, die angeblich mancherorts wie Meteoriten in Vorgärten einschlugen, zu dementieren, erübrigt sich hiermit.]

[Ekelcontent Ende]

Noch etwas habe ich im Laufe meines fliegerischen Daseins gelernt: die wirklich Wichtigen sind durchweg unauffällige und zuvorkommende Mitmenschen.
Da weiß man, was man hat. Guten Abend.

... comment

 
Könnt Ihr denn aber auch Kamele schlachten?
Seid Ihr wenigstens so religiös fanatisiert wie die von der Fluggesellschaft meines geliebten Landes?
Hä?
http://maz.blogger.de/stories/636380/
(Dass ich dem Flugbegleiter ganz schön auf den Sack gegangen bin, das gebe ich zu.... bei uns herrscht zur Zeit ein Krieg der Zivilisationen, wir sind alle so schön polarisiert, ob der Frage, Säkularismus oder die totale Religion... am Ende, so lerne ich auch aus Deinem eklig-schönen Beitrag, bleibt von einem Fluggast, ob nun mental oder rektal ausgeschieden, nur die Scheiße:-)

... link  

 
Bei uns laufen zu wenig Kamele rum, als dass wir sie schlachten könnten. Ausserdem hat man uns bei der Sicherheitskontrolle alle nötigen Werkzeuge abgenommen. Wir halten es eher nach dem Culpa-mea-Prinzip oder dem sog. Wafti (we apologize for the inconvenience). Gerne lässt man sich auch mal kreuzigen.

... link  


... comment
 
Zeigt das nicht auch, dass gerade die wichtigen Menschen einen gewissen Mangel an technischem Verständnis besitzen? Irgendwie muss das ja kompensiert werden. Obwohl die Benutzung einer Toilettenspülung nun wirklich nicht eine Doktorarbeit als Grundvoraussetzung hat.
Ich frage mich nur, welchen Terz diese Personen machen, sollte mal ein noch Wichtigerer vor ihnen die Toilette benutzt haben. Wahrscheinlich kann man das Beschwerdegebrüll von der ersten Klasse noch bis in Reihe 43 hören.

Da lobe ich mir meine Bundeswehrzeit, in der ich den Ausdruck sozialhygienische Drecksau lernte, den ein Soldat zum anderen sagte, nachdem dieser sich auf Wachgang nachts hinter einem Schuppen erleichtert hatte.

... link  

 
Es ist nicht so sehr der Mangel an technischem Verständnis, als vielmehr die eigene Wichtigkeit, die ja im Grunde über alle Logik erhaben ist. Wenn wir beispielsweise die Schlange am Check-in umgehen, damit der Flug pünktlich startet, und die Koffer abgeben, tönt es schon mal aus den Reihen, auch ein Kapitän hätte sich gefälligst hinten anzustellen. Ganz hinterhältig ist die Tatsache, dass wir immer vor allen wichtigen Leuten das Flugzeug betreten dürfen.

... link  

 
Das mit den zuerst betreten finde auch ich echt fies. Wie gerne hätte ich doch mal den Platz zum Vornerausschauen, oder mal rückwärts fliegen, oder ich such mir einfach einen von den Plätzen aus, an denen eine frische Rose steckt...

Schlimmer sind da m.E. diejenigen, die vor den Familien mit Kindern Stunden brauchen, um in der Business ihr nicht eingecheckes Gepäck raumgreifend über mehrere Gepäckfächer zu verteilen, dies alles im Gang stehend machen und sich danach, in aller Gemütsruhe, von ihrem Mantel/Jackett etc. zu trennen. Bis die dann sitzen, nach dreimaligem ich-habe-noch-was-aus-meiner-aktentasche-vergessen-
und-muss-nochmal-ans-gepäckfach endlich sitzen, steht die schlange bis in den Warteraum zurück.

... link  


... comment
 
Immer Ihre verkappten Abrechnungen mit der Blogszene.

... link  


... comment
 
"Auch eine volle Windel garantiert die ungeteilte Aufmerksamkeit, denn dann wird einem liebevoll der Hintern abgewischt"

den satz merk ich mir. passt immer. immer und überall. erklärt im grunde die ganze welt.

... link  

 
Im Grunde geht es immer nur darum, wer den größten Haufen macht. Geld, Klugschiß, Käsebrote, alles das Gleiche.

Ich merk schon, Gaga, ich muss vorsichtiger sein, mit dem, was ich absondere. Ich erschrecke ja immer ein wenig, wenn mich einer verlinkt, weil das bedeutet, dass irgendwer hier gelesen hat.

... link  

 
verstehe ich, da kann man schon mal drüber erschrecken. ich schreibe meine kommentare auch alle selber und wenn dann mal einer von einem echten besucher dabei ist, erschrickt man dann doch. ich glaube, das liegt an diesem suchmaschinenzeugs. da finden einen manchmal welche.

... link  


... comment
 
Selbst wenn sie abspülen, benutzen wichtige Leute nie die Bürste. Dazu haben sie es zu eilig. Wenn in der Schüssel auf unserem Büromännerklo noch Scheiße klebt, weiß ich, wer vorher draufgesessen hat.

... link  


... comment