Montag, 7. August 2006
Walk like an Egyptian
frau klugscheisser, 01:15h
Cairo, ein gefährliches Pflaster. Bei sonnigen 37° und erfrischendem Poolwasser wird die Haut schnell rot. Ägyptisches dolce far niente. Gefährliche zwei Tage lang. Die Stadt ist lebhafter. In jedem Taxifahrer steckt ein heimlicher Formel Eins Gewinner. Lücken können nicht klein genug sein, als dass Durchkommen nicht wenigstens versucht wird. Seitliches Autoblech wird nicht geschont. Solange die Hupe funktioniert ist alles in Ordnung. Der Ägypter hupt statt zu blinken. Endlich entdeckt, woher die typisch ägyptische Fußstellung kommt. Auf einer Stoßstange stehend passen Füße nur hintereinander. Ride like an Egyptian.
Unter Sternenhimmel ausgeleuchtete Steinhaufen. Gefährlich beeindruckend. Für die Ewigkeit erschaffen. Doch hat man nicht mit den durchgeknallten Taliban der Neuzeit gerechnet. Ich bin froh, die Pyramiden gesehen zu haben, bevor sie zu Staub zerfallen. Das World Trade Center habe ich damals um einige Tage verpasst. Ausnahmsweise Katzencontent. Die Sphinx ist nicht so groß wie angenommen. Und ganz zahm. Aber was will man von einer Katze mit Schutzhelm und ohne Nase schon erwarten. Massengräber drumherum. 30jährige Schinderei bleibt nicht ohne Folgen. Wenigstens wurden die Reste nicht gleich mitverwertet. Bei der Sound- and Lightshow werde ich gefährlich sentimental. Jeden Tag eine andere Sprache, in unserem Fall französische Untertitel. Lyrische Laute. Ich verstehe nicht alles, gucke lieber. Einige verirrte Franzosen zwischen leeren Reihen. Man fährt lieber an die Côte d´Azur.
Abendessen auf der Nilterasse des Grand Hyatt. Zwischen ägyptischen Segeln kreuzen schwimmende Ghettoblaster. Ägypten ist die Wiege des Jodelns. Hohes Indiandergeheul als Ausdruck von Lebensfreude. Die wird von geschundenen Pferden offenbar nicht geteilt. Traurig sehen sie aus, wie sie Touristen durch die Gegend kutschieren. So mancher Reiter wiegt mehr als das Tier selbst. Eifrige Verkäufer schielen verstohlen auf dicke Brieftaschen. Die Beine werden flink beim Anblick einer Gruppe Ausländer. Ansonsten scheint der Zeitbegriff eher großzügig gehandhabt. Man ist in Afrika. Wenn man eines hier im Überfluss hat, dann ist das Zeit. Tipp für einen Restaurantbesuch: ist ein längerer Aufenthalt geplant, sofort drei Getränke bestellen und sich die Warterei aus mitgebrachten Wasserflaschen verkürzen. Danach jeweils eine Bestellung pro Kellnerbesuch. Die Rechnung am Besten schon vor der eigentlichen Bestellung ordern. Getränke immer ohne Eis, nicht nur wegen der Risiken für Magen und Darm, sondern weil es bis zum Eintreffen ohnehin geschmolzen ist. Auf Salat ganz verzichten. Montezuma war wohl doch Ägypter.
In der Hotellobby verschleierte Frauen. Nicht alle Jungs heissen Mohammed oder Ali. Ein kleines Kind hört auf den Namen Adolf. Die Mutter hebt ihn auf den Arm. Er schreit. Noch nirgends habe ich mehr schreiende Kinder gehört als hier. Auch nicht so viel dicke. Im Flugzeug setzt sich der Lärmpegel fort. Gestillt wird unter der Burka. Tücher und Decken schützen vor fremden Blicken. Eine alte Frau fliegt mit uns heim. Zahnlos strahlt sie mir bei jeder Frage entgegen. Ansonsten keine Reaktion. Ich zeige ihr die Flaschen. Sie nickt. Später wird sie nach Amerika weiterfliegen. An meinem Arm geht sie zum Ausgang. Der Grenzbeamte will an der Fliegertüre ihren Pass sehen. Sie strahlt ihn zahnlos an. Ich suche einen Übersetzer. Dann kramt sie in ihrer blauen Plastiktüte, aus der zwischen Chipstüten und Wasserflaschen eine edle Handtasche zum Vorschein kommt. An meinem Arm geht sie langsam die Treppe zum Bus hinunter, setzt sich auf einen Platz, den ich ihr freimache und drückt meine Hand. Sukharia sagt sie. Danke. Innerlich wünsche ich meinen Kollegen viel Spaß beim Ausfüllen der Einreiseformulare für die USA.
Erst als ich wieder in München bin, wird mir langsam klar, wie privilegiert ich mit meinem Job bin. So ein Aufenthalt versöhnt mit keifenden Rückenlehnenkämpfern und regredierten Schlipsträgern. No risk, no fun. Vielleicht demnächst doch Beirut?
Unter Sternenhimmel ausgeleuchtete Steinhaufen. Gefährlich beeindruckend. Für die Ewigkeit erschaffen. Doch hat man nicht mit den durchgeknallten Taliban der Neuzeit gerechnet. Ich bin froh, die Pyramiden gesehen zu haben, bevor sie zu Staub zerfallen. Das World Trade Center habe ich damals um einige Tage verpasst. Ausnahmsweise Katzencontent. Die Sphinx ist nicht so groß wie angenommen. Und ganz zahm. Aber was will man von einer Katze mit Schutzhelm und ohne Nase schon erwarten. Massengräber drumherum. 30jährige Schinderei bleibt nicht ohne Folgen. Wenigstens wurden die Reste nicht gleich mitverwertet. Bei der Sound- and Lightshow werde ich gefährlich sentimental. Jeden Tag eine andere Sprache, in unserem Fall französische Untertitel. Lyrische Laute. Ich verstehe nicht alles, gucke lieber. Einige verirrte Franzosen zwischen leeren Reihen. Man fährt lieber an die Côte d´Azur.
Abendessen auf der Nilterasse des Grand Hyatt. Zwischen ägyptischen Segeln kreuzen schwimmende Ghettoblaster. Ägypten ist die Wiege des Jodelns. Hohes Indiandergeheul als Ausdruck von Lebensfreude. Die wird von geschundenen Pferden offenbar nicht geteilt. Traurig sehen sie aus, wie sie Touristen durch die Gegend kutschieren. So mancher Reiter wiegt mehr als das Tier selbst. Eifrige Verkäufer schielen verstohlen auf dicke Brieftaschen. Die Beine werden flink beim Anblick einer Gruppe Ausländer. Ansonsten scheint der Zeitbegriff eher großzügig gehandhabt. Man ist in Afrika. Wenn man eines hier im Überfluss hat, dann ist das Zeit. Tipp für einen Restaurantbesuch: ist ein längerer Aufenthalt geplant, sofort drei Getränke bestellen und sich die Warterei aus mitgebrachten Wasserflaschen verkürzen. Danach jeweils eine Bestellung pro Kellnerbesuch. Die Rechnung am Besten schon vor der eigentlichen Bestellung ordern. Getränke immer ohne Eis, nicht nur wegen der Risiken für Magen und Darm, sondern weil es bis zum Eintreffen ohnehin geschmolzen ist. Auf Salat ganz verzichten. Montezuma war wohl doch Ägypter.
In der Hotellobby verschleierte Frauen. Nicht alle Jungs heissen Mohammed oder Ali. Ein kleines Kind hört auf den Namen Adolf. Die Mutter hebt ihn auf den Arm. Er schreit. Noch nirgends habe ich mehr schreiende Kinder gehört als hier. Auch nicht so viel dicke. Im Flugzeug setzt sich der Lärmpegel fort. Gestillt wird unter der Burka. Tücher und Decken schützen vor fremden Blicken. Eine alte Frau fliegt mit uns heim. Zahnlos strahlt sie mir bei jeder Frage entgegen. Ansonsten keine Reaktion. Ich zeige ihr die Flaschen. Sie nickt. Später wird sie nach Amerika weiterfliegen. An meinem Arm geht sie zum Ausgang. Der Grenzbeamte will an der Fliegertüre ihren Pass sehen. Sie strahlt ihn zahnlos an. Ich suche einen Übersetzer. Dann kramt sie in ihrer blauen Plastiktüte, aus der zwischen Chipstüten und Wasserflaschen eine edle Handtasche zum Vorschein kommt. An meinem Arm geht sie langsam die Treppe zum Bus hinunter, setzt sich auf einen Platz, den ich ihr freimache und drückt meine Hand. Sukharia sagt sie. Danke. Innerlich wünsche ich meinen Kollegen viel Spaß beim Ausfüllen der Einreiseformulare für die USA.
Erst als ich wieder in München bin, wird mir langsam klar, wie privilegiert ich mit meinem Job bin. So ein Aufenthalt versöhnt mit keifenden Rückenlehnenkämpfern und regredierten Schlipsträgern. No risk, no fun. Vielleicht demnächst doch Beirut?
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gaga,
7. August 2006, 01:54
im 9. haus, da wohnt der mond
(wahrscheinlich)
zuhause hinterm horizont
(wahrscheinlich)
zuhause hinterm horizont
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frau klugscheisser,
7. August 2006, 02:02
Mein Mond wohnt im Widder. Ich selbst kann mir nur eine kleine Mietwohnung leisten.
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gaga,
8. August 2006, 00:13
hm, ich weiß. bei dem asz. ist die wahrscheinlichkeit ziemlich hoch, dass der widdermond im 9. steht. schütze/jupiter-qualität. philososphisch und weltlich: horzizont überschreiten. schön.
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halbtot,
7. August 2006, 12:40
Ich hatte das Glück, in englisch zu erfahren, daß Napoleon ihr die Nase abschoss, wenn ich mich recht erinnere. Es waren ausgezeichnete engl. Sprecher, ich war schwer beeindruckt und von den Steinhaufen auch.
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frau klugscheisser,
7. August 2006, 17:35
Völlig daneben Opa! Die Nase hat Obelix auf dem Gewissen.
[... und diese Nase]
[... und diese Nase]
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rationalstuermer,
7. August 2006, 13:04
Ägypten ist die Wiege des Jodelns. - Sehr beeindruckend, wie man eine solche Erkenntnis mit solcher Nonchalance hinlegen kann. Wirklich sehr beeindruckend.
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frau klugscheisser,
7. August 2006, 17:34
Im Grunde geht doch alles auf die alten Ägypter zurück, nicht? Fragt man z.B. in einer esospirituellen Rebirthinggruppe nach früheren Leben, waren die Teilnehmer zu 99.9% Hohepriester im alten Ägypten. Ich vermute, damals gab es einfach nur diesen einen Beruf.
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pathologe,
7. August 2006, 19:08
Nun ja,...
...wenn man dem Bildungsfernsehen glauben kann, wurde wohl allen anderen, einbalsamierten Totägyptern vor der Konservierung das Hirn entfernt (ich spare mir mal die Beschreibung mit dem Haken und der Nase...). Somit werden die sich wohl kaum erinnern können, berufstechnisch gesprochen. Vielleicht haben die Hohepriester ja als einzige vorher ein Backup gemacht, so quasi die IT-Szene der Frühgeschichte?.
Ob es Père Lachaise in 2500 Jahren auch mal zum Dauertouristenmagnet schafft?
Ob es Père Lachaise in 2500 Jahren auch mal zum Dauertouristenmagnet schafft?
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frau klugscheisser,
7. August 2006, 19:15
Père Lachaise ist doch jetzt schon Touristenmagnet. Man darf aber glaub ich nicht mit Kamelen rein.
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