Sonntag, 13. August 2006
Only the lonely
frau klugscheisser, 11:41h
Keine Ahnung, warum der mich die ganze Zeit anstarrt. Ich hab mir schon die nicht vorhandenen Krümel aus den Mundwinkeln gewischt, bin vorsichtshalber mit der Zunge über die Zähne gefahren und schließlich mit dem Finger unter den Augen entlang. Irgendetwas scheine ich an mir zu haben, das die verzweifelten Sucher mit ihren midlifegebeutelten Bierbäuchen anzieht. Kann mir nicht mal der nette junge Herr da in der Ecke zuzwinkern oder der rassige Südländer einen Stuhl anbieten? Nein, die bleiben lieber unter sich, schauen verschämt zu Boden und hoffen so, den gierigen Blicken der umstehenden Damenwelt zu entgehen. Der mir einen Stuhl anbietet, ist schon mehr als midlifegebeutelt. Mit seinem schnauzbärtigen Freund scheint er heute einen sogenannten Männerabend durchzuziehen. Man fährt in die Stadt, setzt sich an eine Theke und trinkt Whiskey-Cola, gefolgt von einigen Weizenbieren. Vielleicht geht ja noch was. Dass die Beiden aber sowas von außerhalb von Zeit und Raum zu sein scheinen, hat ihnen noch keiner gesagt. Ich kann mich gerade noch zurückhalten, diese Aufgabe zu übernehmen. Als ich die Aufforderung zum Tanzen dankend ablehne, erzählt er mir von seiner Frau. Will er damit andeuten, dass er keiner dieser verzweifelten Übriggebliebenen ist? Seiner Ausstrahlung nach zu urteilen, ist er nicht weit davon entfernt.
Übrigbleiben, das ist ein Charaktermerkmal. Es beginnt bei der Mannschaftswahl zum Völkerball und zieht sich durch das ganze Leben. Die durch körperliche oder andere Merkmale Gezeichneten horten sich zu Zweckgemeinschaften. Anonyme Übriggebliebene. Wer hat sich schon ihre Namen gemerkt? Dabei hört man aus Erzählungen über die Schulzeit fast nur von Aussenseitern. Kann nicht sein, denn dann hätte es nie Cliquen gegeben. Auch Übriggebliebene sind eine Gruppe, die sich gerne mit ihresgleichen anfreundet. So lässt sich der Makel leichter ertragen. Hey, ich bin weniger Übriggeblieben als xy. Die Mitleidsmasche lautet am übriggebliebendsten. Keiner will mit mir spielen. Dann geh doch zu Mutti. Irgendwann findet sich für jeden Übriggebliebendsten so eine Mutti, die aus derselben Gruppe zu stammen scheint. Und wieder bilden sich Zweckgemeinschaften.
Was die alle von mir wollen, entzieht sich meiner Kenntnis. Allerdings vermute ich, bin ich der geborene Demotivationstäter. Die Nahrung des Übriggebliebenen heisst Mitleid. Nach jedem harten Schicksalsschlag bekommt er so viel davon, dass er die nächsten Tage problemlos überlebt. Seine Jagdgründe sind aussichtslose Situationen - je aussichtsloser umso besser. So weint es sich gut im Schoße der Gleichgesinnten. Und ich gebe ihnen die Schläge, nach denen sie lechzen. Nein, ich möchte nicht mit dir vögeln, auch wenn du mein Getränk bezahlst. Deine Lebensgeschichte kannst du der Wand erzählen. Komm mir nicht mit Komplimenten, die aus deinem Munde fettiger als Bierteig triefen und steck dir deine Nettigkeiten sonstwohin.
Zwei hat es diesen Abend erwischt. Wahrscheinlich haben sie sich im Anschluß ein Taxi geteilt. Da sitze ich an der Theke, schaue nach rechts, nach links und befinde mich plötzlich zwischen lauter Pärchen. Mist, die Rolle der Übriggebliebenen steht mir so gar nicht. Ausser mir nur noch einer am anderen Ende der Bar ohne Begleitung. Der konzentriert sich so sehr auf sein Bier, dass er nicht mal Zeit zum herschauen findet. Vielleicht sollte ich mal rüber...
Übrigbleiben, das ist ein Charaktermerkmal. Es beginnt bei der Mannschaftswahl zum Völkerball und zieht sich durch das ganze Leben. Die durch körperliche oder andere Merkmale Gezeichneten horten sich zu Zweckgemeinschaften. Anonyme Übriggebliebene. Wer hat sich schon ihre Namen gemerkt? Dabei hört man aus Erzählungen über die Schulzeit fast nur von Aussenseitern. Kann nicht sein, denn dann hätte es nie Cliquen gegeben. Auch Übriggebliebene sind eine Gruppe, die sich gerne mit ihresgleichen anfreundet. So lässt sich der Makel leichter ertragen. Hey, ich bin weniger Übriggeblieben als xy. Die Mitleidsmasche lautet am übriggebliebendsten. Keiner will mit mir spielen. Dann geh doch zu Mutti. Irgendwann findet sich für jeden Übriggebliebendsten so eine Mutti, die aus derselben Gruppe zu stammen scheint. Und wieder bilden sich Zweckgemeinschaften.
Was die alle von mir wollen, entzieht sich meiner Kenntnis. Allerdings vermute ich, bin ich der geborene Demotivationstäter. Die Nahrung des Übriggebliebenen heisst Mitleid. Nach jedem harten Schicksalsschlag bekommt er so viel davon, dass er die nächsten Tage problemlos überlebt. Seine Jagdgründe sind aussichtslose Situationen - je aussichtsloser umso besser. So weint es sich gut im Schoße der Gleichgesinnten. Und ich gebe ihnen die Schläge, nach denen sie lechzen. Nein, ich möchte nicht mit dir vögeln, auch wenn du mein Getränk bezahlst. Deine Lebensgeschichte kannst du der Wand erzählen. Komm mir nicht mit Komplimenten, die aus deinem Munde fettiger als Bierteig triefen und steck dir deine Nettigkeiten sonstwohin.
Zwei hat es diesen Abend erwischt. Wahrscheinlich haben sie sich im Anschluß ein Taxi geteilt. Da sitze ich an der Theke, schaue nach rechts, nach links und befinde mich plötzlich zwischen lauter Pärchen. Mist, die Rolle der Übriggebliebenen steht mir so gar nicht. Ausser mir nur noch einer am anderen Ende der Bar ohne Begleitung. Der konzentriert sich so sehr auf sein Bier, dass er nicht mal Zeit zum herschauen findet. Vielleicht sollte ich mal rüber...
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murmeltier,
13. August 2006, 16:28
...ich machte gestern den ersten Platz in der Kategorie Amallerübrigengeliebenster. Hättest ruhig mal rüber kommen können, hatte Dich schon länger heimlich über's Bierglass angepeilt ;-)
Schöne Schreibe übrigens!
Schöne Schreibe übrigens!
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gaga,
13. August 2006, 19:22
hm. tja. vielleicht die falsche theke. scheint ja ein sehr - äh - gemischtes publikum zu sein. gemischtes publikum, gemischte gefühle. wobei ich selbst schwierigkeiten hätte, ein geeignetes lokal zur kontakaufnahme zu finden. ich habe mich jetzt einfach auch daran gewöhnt, dass man in einem gewissen lebensalter nicht mehr unbedingt für die attraktiv ist, die einem selbst (körperlich) attraktiv erscheinen. auf gut deutsch: man wird zunehmend unsichtbar, wenn man es nicht gerade durch aufreizende bekleidung darauf anlegt. dann funktioniert es immer noch. hauptsache nacktes fleisch.
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schickse,
14. August 2006, 12:49
Alleine in die Kneipe oder Bar? Meine persönliche Horrorvorstellung. Ich würde mich dann von außen sehen, so ungefähr: Was macht die denn hier? Will die aufgerissen werden, oder was? Was denn sonst? Also komm, die is easy! Sonst würde die nicht hier abhängen. Na ja, und besser als nichts is die Alte auf jeden Fall.
Uah, nee! Ein Albtraum!
Uah, nee! Ein Albtraum!
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gaga,
14. August 2006, 13:06
im leben nicht (mehr). die neurose teile ich vollständig. ich staune, wie es mir vor zwanzig jahren möglich war, nacht für nacht alleine um die häuser zu ziehen. da war das einfach normal. nie irgendwelche komplexe dabei entwickelt. hunderttausend leute kennengelernt. das muß in einem anderen leben gewesen sein. aber so isses: man war halt jung und hatte noch nicht solche gedanken im kopf wie 'sieht aus, also ob ich's nötig hätte, in meinem alter'. lauter so ein scheiß. solche verschrobenen gedanken können auch möglichkeiten zunichte machen, sagt der hobby-psychologe in mir.
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frau klugscheisser,
14. August 2006, 15:43
Aber meine Damen, wer wird denn?
Sollte ich mir echt Gedanken um die Gedanken anderer machen und mich damit meiner Freiheit berauben? Definitiv NEIN.
Da fängt doch sowas wie "Gleichberechtigung"[Igitt-Wort] erst an. Wenn ein Typ alleine an ner Bar abhängen kann, kann ich das schon lange.
Im übrigen bin ich nur dann "leicht zu haben", wenn ich das so entscheide. Und das kann manchmal durchaus reizvoll sein. Falls ich überhaupt nicht zu haben bin, bin ich alt genug, das deutlich zu signalisieren.
Sollte ich mir echt Gedanken um die Gedanken anderer machen und mich damit meiner Freiheit berauben? Definitiv NEIN.
Da fängt doch sowas wie "Gleichberechtigung"[Igitt-Wort] erst an. Wenn ein Typ alleine an ner Bar abhängen kann, kann ich das schon lange.
Im übrigen bin ich nur dann "leicht zu haben", wenn ich das so entscheide. Und das kann manchmal durchaus reizvoll sein. Falls ich überhaupt nicht zu haben bin, bin ich alt genug, das deutlich zu signalisieren.
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schickse,
14. August 2006, 17:05
Wahrscheinlich, Frau Klugscheisser, liegt meine Abneigung gegen einsames Abhängen an Theken allein schon daran, dass mir Kerle, die dort alleine abhängen ebenfalls suspekt sind. Oder manchmal leid tun.
Jedenfalls macht mir da nie einer den Eindruck, er würde das Alleinsein genießen. Aber ich befürchte, ich bin auf dem besten Wege, auch Ihnen was zu unterstellen.
Aber im Gegensatz zu Frau Gaga bin ich noch nie gerne alleine ausgegangen. Wir waren mindestens zu zweit oder zu dritt. (Zumindest am Anfang.)
Jedenfalls macht mir da nie einer den Eindruck, er würde das Alleinsein genießen. Aber ich befürchte, ich bin auf dem besten Wege, auch Ihnen was zu unterstellen.
Aber im Gegensatz zu Frau Gaga bin ich noch nie gerne alleine ausgegangen. Wir waren mindestens zu zweit oder zu dritt. (Zumindest am Anfang.)
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halbtot,
16. August 2006, 12:13
Ohne den Kommentar hätt ich mir glatt gedacht, aha, hätt ich mir gedacht, die Klugscheisserin wird alt.
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frau klugscheisser,
16. August 2006, 20:29
Glei fangst a paar ;-)
Wer von uns zwei Hübschen hat denn hier den Hexenschuß?
Wer von uns zwei Hübschen hat denn hier den Hexenschuß?
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remington65,
16. August 2006, 19:13
Frau nicht alleine in die KneipeBarBiergartenKino, whatever? Was macht ihr Armen dann? Powerzapping? Mein Gottchen...
Da war doch mal ne Frau, die ich alleine an einer Theke vorfand und diesbezüglich befragte: "Halt´n Mund, ich will die Mugge hören..." ;-)
Da war doch mal ne Frau, die ich alleine an einer Theke vorfand und diesbezüglich befragte: "Halt´n Mund, ich will die Mugge hören..." ;-)
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cabman,
16. August 2006, 21:47
Ich häng ganz gern mal allein ab. Frauen die es mir gleich tun finde ich gut, lass sie in Ruhe und trinke einfach nur mein Hefe. Wenn se was will, wird se schon kommen, wenn ich was will, dann mach ich das an nicht so profanen Orten wie einer Theke.
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