Montag, 30. Oktober 2006
Headshrinker
Meine Therapeutin hat mir eine Neurose diagnostiziert. Da bin ich sehr froh, denn sonst würde ich ja völlig umsonst hingehen. Dann wäre ich nicht besser als eine Amerikanerin, bei denen es schick zu sein scheint, sich therapieren zu lassen. Nein, ich habe jetzt einen echten Grund. Und den lasse ich mir so schnell nicht mehr nehmen. Als ich heimkam musste ich erst mal eine Tüte Chips essen. Die ganze Tüte auf einmal. Ich darf das, denn ich habe eine Neurose. Eine Tüte Chips essen ist eindeutig neurotisch. Ich darf mir jetzt auch ganz viele Kleider kaufen. Und Schuhe. Alle auf einmal. Und ich darf mich seltsam benehmen. Ich darf jetzt launisch sein oder wütend, darf patzige Antworten geben oder ohne Grund hemmungslos weinen. Und wenn einer fragt, ob ich vielleicht PMS hätte, kann ich ohne zu überlegen den Kopf schütteln und auf meine Neurose verweisen.

Wäre ich ein Mann, dann wäre alles natürlich viel einfacher. Dann dürfte ich all das ohne PMS und ohne Neurose. Männer sind einfach so. Fragt man einen Mann nach den Motiven für sein Handeln, bekommt man diese Antwort. Männer haben vielleicht auch Neurosen aber die blühen unentdeckt. Meistens fragt auch keiner den Mann nach seinen Motiven. Er sagt aber unaufgefordert, er sei eben so. Am liebsten sagt er es, wenn er zu einer Verhaltensänderung aufgefordert wird. So bin ich eben bedeutet im Falle einer Beziehung soviel wie take it or leave it. Besser gleich lassen, denn genau das meint er damit. Besser gleich das Feld einer jüngeren überlassen, die noch ihre eigenen Neurosen sucht und die deswegen noch keine unbequemen Fragen stellt. Dann soll er einfach so bleiben, wie er ist. Meinetwegen sein ganzes Leben lang. Wer mit solchen Totschlagargumenten um sich wirft, verdient es auch nicht besser. Und ich hab ja meine Neurose. Wenn ich jetzt meine Therapeutin noch dazu kriege, mir eine Persönlichkeitsspaltung zu diagnostizieren, bin ich auch nicht mehr allein.

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Ich finde, mit Neurose macht auch Bloggen erst richtig Spaß.

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Neurosenzüchten ist ein schönes Hobby, dem ich auch sehr gerne nachgehe.

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Da kann ich freilich mit meiner Gürtelrose nicht mithalten.

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Eine ordentliche Osteoporose ist auch nicht zu verachten.

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Seid friedlich: Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose.

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Persönlichkeitsspaltung geht dann aber ins Geld: immer zwei Termine beim Therapeuten und doppelte Berechnung. Und leider kann man nicht für zwei saufen.

Vorteil: die zweite Persönlichkeit wird nie beim Schwarzfliegenahren erwischt.

Und nein, ich habe weder eine Neurose, noch eine Persönlichkeitsspaltung. Ich nicht. Und ich auch nicht.

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Lass dir von der Therapeutin eine Borderline-Paranoia mit schizoiden Anteilen anhexen: Dann darfst du die Kartoffelchips sogar umbringen, bevor du sie isst.

;-)

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