Freitag, 29. September 2006
These boots are made in Hongkong
Hongkong wäre mit seinen vielen Wolkenkratzern der ideale Trainingsparcour für zukünftige Selbstmordattentäter, vorausgesetzt, man wolle mehr als nur geradeaus fliegen können.
Neben dem Verkauf von Plagiaten, ist der Beruf des Fensterputzers hier wohl krisensicher. Als der Korb vor mein Fenster im 32.Stock einschwebt, bin ich einem Herzinfarkt nahe. Nicht dass die beiden Putzer die Scheiben vom Großstadtschmutz befreien. Stattdessen wird mit einer Brotzeit über dem Abgrund pausiert. Wie viel sie von meinem Aquariendasein hinter der Scheibe wahrnehmen, kann ich nicht beurteilen. Ich will es auch nicht testen und behalte meine Kleidung während ihres Aufenthaltes lieber an. Es wird laut gesprochen und ausschweifende Bewegungen lassen die Konstruktion zusätzlich zum Wind über der Straßenschlucht schwingen. Sollte ihr Streitgespräch eskalieren, wäre ich nicht einmal in der Lage, schlichtend einzugreifen, denn die Fenster lassen sich nicht öffnen. Doch was sich für meine Ohren bedrohlich anhört, entpuppt sich bei Gelächter als normale Unterhaltung. Beide haben jeweils eine Seite der Tageszeitung mit Klebeband hinten an die gelben Schutzhelme befestigt. Ich wäre nicht überrascht, wenn sich diese Art Sonnenschutz als Trend bald auch bei uns durchsetzt. Sieht man sich manche Schuhsohlen an, haben es afrikanische Ersatzkonstruktionen aus ausgedienten Autoreifen ebenfalls bis in die westliche Modeindustrie geschafft. Nach einer Stunde heißt es Abschied nehmen. Genauso unverhofft, wie sie gekommen sind, verschwindet der Wagen langsam mit ihnen in den Feierabend. Ich schließe die Vorhänge und versuche endlich, den überfälligen Schlaf nachzuholen.

... link (3 Kommentare)   ... comment