Donnerstag, 12. Juni 2008
Shout, let it all out
Dass man in Japan von allen Seiten angeschrien beschallt wird, ist nicht neu. Ampeln kuckucken, Lastwägen fiepen rückwärts und aus Lautsprechern schallt das neueste Werbejingle. Dass man allerdings beim Betreten eines Ladens von jedem Mitarbeiter von Weitem mit einem blagnamurmlmrmlsumimaseeeen!! bedacht wird, fiel mir erst jetzt auf. Und das, wo doch die Japaner sonst so ein dezentes Völkchen sind. Das habe ich mir gleich abgeschaut und meine Gäste beim Einsteigen mit einem herzlichen 'Konichiwaaaa!' aus dem Hinterhalt beschallt, worauf diesmal vereinzelt 'servus', gelegentlich 'Grüß Gott' und ganz selten 'ciao' zurückkam. Schließlich war ich so verunsichert, dass ich meine japanische Kollegin um Rat bat, die sich am Ende mit einem sehr herzlichen 'Pfiad di nachad' verabschiedete. Die Japaner sind auch nicht mehr das, was sie mal waren.

Eine weitere Premiere war die Benutzung einer öffentlichen Toilette. Zwar wußte ich aus Berichten, dass dem Japaner alles Menschliche - insbesondere Körpergeräusche - fremd ist, doch auf die Beschallung aus der Schüssel war ich nicht gefaßt. Wenn nur der Schatten des Hinterns die Wasseroberfläche streift, wird dieser von einer weiblichen Stimme, gefolgt von Volièrenrevolte an den Niagarafällen begrüßt. Die Stimme selbst klingt ebenfalls, als hätte Sylvester endlich Tweety gekriegt. Andererseits klingt mein Echo aus einer Kloschüssel auch nicht viel besser. Diese japanische Variante der Klofrau nennt sich Geräuschprinzessin und ist soweit mir bekannt nur auf der Damentoilette vorzufinden. Mir persönlich hätte auch ein kleiner Gebirgsbach gereicht. Wo doch sonst in Japan alles so klein ist.

Je mehr ich über die Japaner weiß, umso weniger verstehe ich sie. Manchmal glaube ich fast, sie verstehen sich selbst nicht immer. Kein Wunder bei so einer Geräuschkulisse.

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