Dienstag, 19. August 2008
We sail tonight for Singapore (2)
Dass Singapur angeblich die sauberste Stadt der Welt sein soll, höre ich schon im Vorfeld. Dann die ersten Restriktionen bei der Einreise: keine Kaugummis. Klar, denn Kaugummis hinterlassen scheußliche Flecken auf dem sauberen Asphalt der Gehwege. Also müssen die zwei Packerl Kaugummi der Kollegin noch an Bord gekaut werden. Ich schaffe eine Packung in durchschnittlich fünf bis sieben Minuten, weil ich die Dinger meistens ziemlich schnell schlucke. So kann ich wenigstens was für die Kollegin tun. Ich schmuggle ihre Kaugummis im Magen durch die Zollkontrolle.



Es soll aber noch schlimmer kommen. Nämlich als ich am nächsten Tag die saubere Orchard Road - eine Einkaufsstraße mit Luxusläden, die man nicht gesehen haben muß - hinunterschlendere, mir noch kurz vor der U-Bahnstation einen extra großen Becher Kaffee hole und dann nicht wie geplant vor dem Fahrkartenautomat, sondern obigem Hinweisschild stehe. Von rechts oben zoomt eine Kamera auf meinen Pappbecher, den ich aus lauter Verlegenheit unter meinem Shirt verstecke. Die Kamera zoomt auf meinen Ausschnitt, aus dem ein Strohhalm ragt. Ich erwäge kurz, einem Passanten den Becher einfach in die Hand zu drücken, entscheide mich dann aber, schnell an die Oberfläche zu flüchten, bevor der Kaffee zu einem der teuersten meines Lebens wird.



Teuer wird auch das Abendessen, wobei in besonders exquisitem Kolonialstilambiente nahe des Flußufers die Speisen nochmal so gut schmecken. Diesmal lasse ich mich von meinen indischen Freunden bedienen. Sie erledigen ihren Job flink, aufmerksam und zugegebenermaßen viel besser als ich es könnte.



Leider ist in meinem Magen neben den gebunkerten Kaugummis kein Platz mehr für drei Gänge. Ich verzichte zu Gunsten des Sorbets auf die Hälfte des Hauptganges. Der chinesische Kohl wartet jedoch nicht, bis das Sorbet eingetroffen ist, sondern breitet sich beständig aus. Die Besitzer werden sich wohl etwas dabei gedacht haben, das Restaurant unter freiem Himmel zu betreiben. Übrigens eine weitere top Arbeitsstelle im Freien ist in Singapur Lamborghinisitter:



Gerne auch auf 400 Euro Basis. Obwohl in Singapur kaum einer aus versehen mit dem Schlüssel seitlich vorbeischrappen würde. Auf nicht vom Besitzer initiierte Rallyestreifen steht dort mit Sicherheit die Todesstrafe, wenn man schon für einen läppischen Kaffee in der U-Bahn 500 SGD zahlt.



Der hier braucht keinen Aufpasser, der ist in Singapur nämlich Massenware. Vor jedem größeren Hotel stehen davon mindestens drei. Verwirrend ist nur das Steuer auf der rechten Seite. Man stelle sich das mal vor: ein Italiener erwirbt dieses Kolonialfabrikat als Schnäppchen. Auf heimatlichen Straßen könnte er damit glatt als Geisterfahrer durchgehen. Für die pedaggio - die Maut - muss er allerdings sowieso aussteigen, egal auf welcher Seite das Steuer ist.




Ich fahre lieber U-Bahn, denn die ist wohl in keiner anderen Stadt so durchorganisiert wie in Singapur. Nur sollte man nicht neben der gelben Linie stehen, immer in Pfeilrichtung laufen und dabei möglichst keinen Coffee to go in der Hand halten, sonst wird man unfreiwillig zum Hauptdarsteller sämtlicher Überwachungsvideos. Danach weiß ich den öffentlichen Nahverkehr in München zu schätzen. Wenn man nicht schnell genug zusteigt, tönt hier ein grantlerisches "auf geht's! Nei jetzad!" aus dem Lautsprecher. Aber wenigstens wird da noch mit einem gesprochen. Extra laut sogar.

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Dubai & Singapore sind zwei überdachte Shopping-Center ohne natürliche Stadtgerüche.
Kein Charme - kein Bock!

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wenn ich in amsterdam aus dem bahnhof laufe, wuensche ich mir manchmal die stadtgerueche (i.e. urin und erbrochenes) weg... ich nenne das den duft der freiheit. genauer gesagt ist es aber der duft von englischen bekifften wochenend-touristen, die, mit soviel freiheit konfrontiert, an ihre koerperlichen grenzen geraten...

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Morgens könnte ich mich bei dieser Duftkombination glatt danebenstellen und mein Innerstes nach außen kehren. Ganz ohne Schwangerschaftshormone. Heute beispielsweise bin ich auf dem Fahrrad hinter einem Müllwagen hergefahren. Das war 'ne echte Herausforderung diesbezüglich, weil der Wind beim Fahren ja immer von vorne kommt.

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