Freitag, 1. Februar 2008
Drop in the bucket
Und dann ist da noch die Sache mit dem Eimer im Badezimmer. Man erkennt reine Männerhaushalte nämlich am fehlenden. Sie wissen schon, diese kleinen Eimerchen mit Tretdeckelmechanismus oder die billigen, handbetriebenen. Diese beigen, braunen oder sonstwie hässlich tarngefärbten, die in Frauen-/ bzw. Gemischthaushalten unterhalb des Waschbeckens oder der Toilette stehen, damit man schwere Ohrenstäbchen und triefende Wattebäusche nicht bis in die Küche tragen muss.

Jetzt ist es aber so, dass ein fehlender Eimer im Hausstand nicht zwingend bedeutet, der Bewohner wäre dem gleichen Geschlecht zugeneigt, hätte keine Freunde oder gar eine Caligynephobie. Es kann durchaus sein, dass Sie in solchen Haushalten Besucherhandtücher, mehr als einen Stuhl und ein Weinglas finden, dass der weibliche Teil der Verwandtschaft noch lebt und gelegentlich auch vorbeikommt und sich der entsprechende Herr manchmal die Ohren reinigt. Mit Rückschlüssen sollte man generell vorsichtig sein.

Der Grund dafür ist schnell erklärt. Die meisten Männer wissen aus ihrer Erfahrung mit Autos, dass es mit der Anschaffung alleine ja nicht getan ist. So ein Ding will auch gewartet werden. Das bedeutet konkret regelmäßige Staubabtragung, Wartung der Tretmechanik und vor allem wöchentliche Leerungen. Bei wem der Satz "Liebling, bring doch mal den Müll runter" Fluchttendenzen auslöst, wird sich freiwillig kein zweites Müllreservoir anschaffen. Genau darin liegt großes Konfliktpotential zwischen den Geschlechtern. Wir Frauen stehen nun mal auf die Dinger.

Sollte sich weiblicher Besuch in Ihrer Junggesellenbude angekündigt haben, können Sie getrost diverse Hausarbeiten vernachlässigen. Sie brauchen weder aufzuräumen noch putzen, um sich als sozial angepasstes Wesen darzustellen. Wenn Sie aber das Herz einer Frau im Sturm erobern wollen, stellen Sie einen Eimer neben die Toilette und vertrauen Sie darauf, dass wir diese kleine Geste durchaus zu schätzen wissen. Falls Badezimmer und Toilette einer räumlichen Trennung unterliegen, reicht ein Eimer in letzterer Einrichtung. Unter uns gesagt haben Sie nämlich sicher schon geahnt, dass das Gewicht von Ohrenstäbchen nur eine dürftige Ausrede ist.

Es ist nämlich so: während Sie sich auf ein Tête-a-tête mittels Rasierwerkzeug, Ausstopfen von Geldbeutel und Blumenbeschaffung vorbereiten, verbringen wir viel Zeit mit der Auswahl der richtigen Kleidung, genauer gesagt dem richtigen Darunter. Falls die Blumen und die Füllung des Geldbeutels in der richtigen Dosierung geschah, sind wir durchaus bereit, dem Auge des gnädigen Betrachters das Darunter preiszugeben. Bis zu diesem Zeitpunkt können allerdings Stunden vergehen und die Frische lässt naturgemäß langsam nach. Verschiedene Faktoren wie etwa hormonelle oder erotisierende Einflüsse und die Stoffbeschaffenheit der Unterwäsche tragen maßgeblich dazu bei. Was wären wir Frauen in diesem Falle ohne unsere kleinen selbstklebenden bzw. gerollten Helferlein.

Da wir aber nicht wissen können, ob die Wahl der Entkleidungsstätte uns überlassen bleibt, vergeuden wir viel gedankliche Energie auf die Entsorgungsplanung von Frischehilfsmitteln. Im Restaurant oder der Bar ist die Gelegenheit zwar noch günstig, was wenn die Begleitung aber in der erbetenen Nasenpuderzeit noch einen Whiskey bestellt? Was wenn die Fahrt mit dem schnellen Wagen aus Vorführungszwecken länger dauert oder abrupt am Blech eines anderen Verkehrsteilnehmers endet? Und das letzte was wir wollen, ist komplette Dunkelheit im Schlafzimmer. Dafür war der kleine Fummel mit Spitzenbesatz zu teuer und der Erfahrungsschatz zu tränenreich erkämpft. Wer will schon beim ersten Date als prüde gelten.

Seien Sie ein Gentleman und erleichtern Sie die Dame ihrer Wahl mit einem kleinen Behältnis neben der Toilette. Sie werden sehen, es bleibt nicht bei einem Treffen. Vorausgesetzt Sie erwähnen mit keiner Silbe den etwaigen Fund und seine Entsorgung. In dieser Angelegenheit glauben wir nämlich gerne an schwarze Löcher oder Zauberkräfte, die dem Müllschlucker innewohnen. Und wenn Sie all das beachten, werden Sie möglicherweise nie wieder ihre Ohrenstäbchen selbst vom Bad bis zur Mülltonne im Hof tragen müssen. Strategie ist einfach alles im Leben.

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Mittwoch, 30. Januar 2008
Cinderella
Schuld sind ja bekanntlich immer die Hormone. Genau, die kleinen, schwer nachweisbaren Botenstoffe im Blut, die uns nicht essen, konzentrieren, zur Ruhe kommen oder gar schlafen lassen. Das ist aber erst der Anfang. Einmal im Körper ausgesetzt, unterwandern sie jegliche Vernunft, kontaminieren das Ratio und müssten eigentlich für durchschnittlich 35 Jahre heimlicher Despotie zur Verantwortung gezogen werden. Meine Geschlechtsgenossinnen kennen das Spielchen, das jeden Monat von vorne beginnt. Die Genossen übrigens sicher auch.

Ist ihre Zeit abgelaufen, verabschieden sie sich keineswegs sang- und klanglos oder gar auf 'man könne ja Freunde bleiben' Manier. Nein, sie hinterlassen Spuren in Form fieser Makel. Mit solchen Makeln beschäftigt sich dann beispielsweise meine Hautärztin. Als ich andeute, die Flecken wären vor ein paar Jahren da aber noch nicht gewesen, entfährt ihr nur ein leises "ja, die Hormone" und "willkommen im Club". Dann zückt sie das Skalpell. Als sie fertig ist, kann ich mit Fug und Recht behaupten, ich hätte meine erste Schönheits-OP hinter mich gebracht. So ganz ohne Verdacht auf Bösartigkeit - die Melanome jetzt, nicht die Hormone - ist das nämlich die billigste Form der kosmetischen Chirurgie, sozusagen Modellieren für Arme.

Die Silikonsalbe ist für hinterher und im Preis inbegriffen. Leider ist in der Tube zu wenig drin für heimische Selbstversuche zur Brustvergrößerung. Muss man ja nicht alles auf einmal machen. Da habe ich die kommenden Jahre noch was, worauf ich mich neben verstärkten hormonellen Grüßen auf der Oberlippe freuen kann. Your perfectly pampered menopause rät in diesem Falle just to "cope the way men cope with midlife - buy a red sportscar and find a lover half your age.".

Dieses Zitat brauche ich jetzt eigentlich nur zum Übergang. Fehlende Hormone bewirken nämlich neben Gedächtnislücken und Haarausfall an den falschen Stellen auch Sprunghaftigkeit. Ein bindendes mit dem Namen Oxytocin erwähnt Rosanna unter der Überschrift "warum Frauen länger kommen als wir". Es sei - so Rosanna - ein "Sozialbindungshormon, das Frauen ein Gefühl von Wärme und Verbundenheit gibt [...] Es wird übrigens behauptet, das Hormon hätte ungefähr dieselbe chemische Formel wie der Geruch eines neuen Autos". Lesenswert ist der ganze Artikel "wie Frauen denken" allemal.

Und dass nicht nur Hormone, sondern auch schnöde Muttermale seltsame wohlklingende Namen tragen, habe ich so ganz nebenbei gelernt. Was wie die neue Badezimmerkollektion eines schwedischen Möbelherstellers klingt oder die korrekte finnische Berufsbezeichnung für einen Chauffeur, ist in Wirklichkeit der Name dieser kleinen, fiesen Dinger, die ich mit hormoneller Hilfe auf meiner Haut züchte. Na wartet Nävuszellnävi, jetzt geht's euch an den Kragen!

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Samstag, 26. Januar 2008
But I can shake a chicken in the middle of the room
Let's have a party

Feste feiern. In meinem Fall in der Vergangenheit leider viel zu selten geschehen. Vielleicht ist es gerade deswegen so schön. Dabei mag ich es beispielsweise, wenn sich die Menschen, die ich mag, an einem Ort sammeln und sich gegenseitig mögen. Dann lehne ich mich für einen Moment zurück und lasse den Blick über die Runde schweifen. Meine Augen bleiben bei jeder einzelnen Person eine Weile hängen. Ich betrachte den Menschen, wie er spricht, lacht, trinkt, seine Mimik und Gestik. Dann erinnere ich mich, was diesen Menschen für mich einzigartig macht und besonders. Und ich bin stolz, dass genau dieser Mensch in meiner Runde sitzt.

Alle sind leider nicht gekommen. Immerhin haben einige fairerweise kurzfristig abgesagt. Die Plätze am Ende der Tafel halte ich dennoch frei. Man kann ja nie wissen. Stühle werden mit Körpereinsatz verteidigt. Wenn ich mal sitze, kriegt mich keiner weg. Die, die nicht erscheinen und auch nicht absagen, verderben mir nicht die Laune. Nicht mehr. Dazu freue ich mich zu sehr über jeden Einzelnen der da ist und jeden Verlässlichen, der kurz Meldung gemacht hat.

Immer wieder darf ich was auswickeln. Am Ende bin ich froh, dass ich mich selbst erst unter Ausschluß der Öffentlichkeit auswickle. Das weiß einer zu verhindern. Der erinnert mich auch an diverse meiner Aussagen, die mir morgens die Röte ins Gesicht treiben. Gut, das gehört wohl auch dazu. Sich unter Freunden daneben benehmen wird verziehen, ist allerdings noch peinlicher als unter Fremden. Liebe Anwesenden, falls ihr das hier lest, dann möchte ich nur anmerken, dass ich im Grunde nicht so bin, sondern ganz anders. Wie kann ich jetzt auf Anhieb aber auch nicht sagen.

Ausfallerscheinungen bitte erst wieder nächstes Jahr (und damit meine ich NICHT meine Haare). Allerdings werde ich den ein oder anderen hoffentlich vorher nochmal sehen. Ganz bestimmt sogar.
Ihr seid nämlich echt klasse! Auf euch! Auf uns! Aufs Feiern! Prost!

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Sonntag, 16. Dezember 2007
When the night has come
One beautiful December evening Huan Cho and his girlfriend Jung Lee were sitting by the side of the ocean. It was a romantic full moon, when Huan Cho said "Hey baby, let's play Weeweechu."

"Oh no, not now, lets look at the moon" said Jung Lee.

"Oh, c'mon baby, let's you and I play Weeweechu. I love you and it's the perfect time," Huan Cho begged.

"But I rather just hold your hand and watch the moon."

"Please Jung Lee, just once play Weeweechu with me."

Jung Lee looked at Huan Cho and said, "OK, we'll play Weeweechu."

Huan Cho grabbed his guitar and they both sang.....
"Weeweechu a Merry Christmas, Weeweechu a Merry Christmas, Weeweechu a Merry Christmas, and a Happy New Year."

In diesem Sinne wünsche ich allen Lesern - wo auch immer auf der Welt - einen schönen dritten Advent.

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Donnerstag, 13. Dezember 2007
Perhaps, perhaps, perhaps
Die Krankheit unserer Zeit heisst Unverbindlichkeit. Man gibt sich unverbindlich bei Verabredungen, ist unverbindlich freundlich und selbst Preisempfehlungen sind laut Anbieter unverbindlich. Geläufige Indikatoren sind Worte wie vielleicht oder eventuell, Aussagen wie mal sehen, ich bin nicht sicher und je nachdem, deren inflationärer Gebrauch uns in der täglichen Kommunikation kaum noch auffällt. Mal ehrlich, wie oft benutzen wir diese Phrasen, um uns Hintertürchen zum Rückzug offenzuhalten, um uns drohenden Vorwürfen schon im Vorfeld zu entziehen oder Verletzungen galant zu umschiffen?

Früher war ein Ehrenwort verbindlicher als jeder Kontrakt. Wer es brach, war gezwungen, in aller Herrgottsfrüh das Bett zu verlassen. Die Chancen standen gut, anschließend nie mehr früh oder auch spät aufstehen zu müssen. Dass der Begriff Ehre heute ebenfalls nichtig geworden ist, haben bereits führende Politiker wirksam demonstriert. Allein in der japanischen Kultur gilt die Ehre noch als verbindlich. Wer sie verliert, dem ist sein Leben nichts mehr wert. Eine völlig überholte Einstellung mag sich so mancher denken, der Unverbindlichkeit lieber als Diplomatie bezeichnet und sich damit durch allerlei Widrigkeiten schlängelt.

Streichen wir der Einfachheit halber die Ehre aus dem Begriff. Zurück bleibt das Wort. Man gibt sich ein Wort, das Ja-Wort beispielsweise. Kein Wunder, dass so viel geheiratet wird, wenn das Wort eines Menschen allein nichts mehr wert ist, wenn das gebräuchlichste Wort aus Kontaktanzeigen gleich nach Diskretion unverbindlich lautet und wenn der Partner den ganzen Tag so viel leere Worthülsen von sich gibt, dass man sich darauf nicht mehr verlassen mag. Wann haben Sie zum letzten Mal jemandem ihr Wort gegeben? Und haben Sie es gehalten? Wie oft tun Sie generell das, über was sie vielerlei Worte verlieren?

"Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort", so lauten bekannte Worte. Selbst Atheisten würden die Macht des Wortes nicht bestreiten, ganz gleich wie der Gottesbegriff interpretiert wird. Dort wo es heißt "Und Gott sprach: es werde Licht!" ergänzten wir jugendlich blasphemisch gerne mal: "...doch er fand den Schalter nicht!" Stellen wir uns einfach mal vor, Gott hätte gesagt: "Ich weiß noch nicht so recht wie ich mich nachher fühle, aber je nachdem, könnte ich vielleicht Licht schaffen." Wenn ich die breite Masse meiner Mitmenschen betrachte, wird es wohl so ähnlich gewesen sein.

Zu seinem Wort - in der Konsequenz auch zu seinen Aussagen - stehen, ist unter Umständen für den Wortgeber unangenehm, zumindest was die Folgen betrifft. Noch unangenehmer ist ein Zeitgenosse, der meint was er sagt - dies wiederum ist ein Teilaspekt der so viel gepriesenen Authentizität. Ein Mensch, der in klaren Worten spricht, wird misstrauisch beäugt. Steht er zu seinen Worten und handelt entsprechend, wird er für andere suspekt, wenn nicht gar bedrohlich. Zu sehr unterscheidet er sich von der breiten Masse und erinnert das Gegenüber gleichzeitig an das eigene Manko. Sowas macht unsicher. Wer gerne von allen geliebt werden möchte, sollte auf keinen Fall verbindliche Worte verlieren.

Das war die schlechte Nachricht. Ich fürchte, es gibt keine gute, es sei denn, Sie sind bereit, das Konzept auszuprobieren. Machen Sie doch mal ein Experiment, sagen wir mal für eine Woche. Die Grundvoraussetzung dafür ist absolute Ehrlichkeit mit sich und anderen (womit wir schon wieder bei der Ehre wären). Fragen Sie sich während dieser Zeit, was Sie wirklich denken, fühlen und wollen. Genau das äussern Sie dann auf Fragen. Eine ehrliche Antwort kann durchaus freundlich formuliert werden. Und fragen Sie sich selbst, wie Sie Menschen einschätzen, bei denen sich ständig angeblich ehrliche Aussagen mit unverbindlichem Geplänkel abwechseln.

Wenn Sie eine Woche durchgehalten haben, werden Sie feststellen, dass Sie sich viel lieber im Spiegel sehen, dass Sie auf einmal wissen was Sie wollen und plötzlich wieder den Zugang zu ihren Gefühlen haben. Sie werden selbstbewußter und zufriedener sein. Sie werden vermutlich diesen Zustand beibehalten wollen und aus einer Woche wird unter Umständen eine viel längere Zeitspanne. Wahrscheinlich werden Sie alte Bekanntschaften verlieren, dafür aber neue machen. Denn es gibt durchaus Menschen, die Ihre Verbindlichkeit zu schätzen wissen. Auf den Umgang mit Worthülsenverteilern werden Sie in Zukunft ohnehin gerne verzichten.

Zum Schluß ein Beispiel aus eigener Erfahrung: Ein Bekannter klagte oft und wortreich über seelisches Unwohlsein. Er war einer der Menschen, die sich nie festlegen wollen, aus Angst, etwas zu verpassen. Die Hintertürchen sperrangelweit auf, raste er von einer Gelegenheit zur nächsten, immer auf der Suche nach dem glücksbringenden Ereignis. Hatte er ein angestrebtes Ziel erreicht, wurde es unwichtig, denn nicht allein das Angestrebte macht glücklich, sondern wie wir damit umgehen. Nun ist Erwachsenwerden ja bekanntlich auch mit unwiderbringlichen Entscheidungen verbunden. Er aber wollte die pubertäre Entdecke-die-Möglichkeiten-Phase unendlich ausdehnen, nicht ahnend, dass damit gleichfalls das pubertäre Gefühlskarussell angekurbelt wird. Als ich ihn darauf aufmerksam machte, wie selten er meint, was er sagt und wie noch seltener er auch danach handelt, unterstellte er mir einen 'Rundumschlag' und wandte sich beleidigt ab. Ich kann es ihm nicht verübeln, gleichwohl ich hoffe, er möge eines Tages den wahren Grund für seine instabile Gemütsverfassung finden.

Es sind oft Kleinigkeiten, die entscheidende Veränderung bewirken. Will ich mein Leben ändern, muss ich mit dem nächsten Tag beginnen. Will ich authentisch werden, muss ich ehrlich sein. Will ich selbstbewußt und stark werden, muss ich meine Schwächen benennen und akzeptieren. Der kleinste Schritt auf einem langen Weg ist, auf seine Worte zu achten. Denn unser Denken - und folglich unser Handeln - beginnt mit Worten, und die sind immer nur so verbindlich, wie wir es sind. Auf dass wir in Zukunft die richtigen finden mögen. Oder einen Lichtschalter.

Perhaps, perhaps, perhaps

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Samstag, 27. Oktober 2007
Take the time out
Wenn ich auf einen Lichtschalter drücke, wird es normalerweise hell. Falls nicht, kann das nur zwei Gründe haben: entweder die Stromrechnung ist nicht bezahlt oder die Glühbirne ist hinüber. Warum kann ein Computer nicht genauso funktionieren? Ich hätte die letzten zwei Wochen gerne auf einen Schalter gedrückt und das Internet wird hell.

Man glaubt ja nicht, wieviel Zeit man damit verbringen kann, alle Birnchen durchzutesten. Wenn dann das letzte Haar gerauft und großes Chaos in Einstellungen und System herrscht, ziehe ich durchaus in Erwägung, einen zu fragen, der sich damit auskennt. Der probiert dann ein wenig herum, wundert sich über die merkwürdigen Einstellungen und das Chaos im System und sagt schließlich, dass dies und jenes hinüber sei. Weil er ein besorgtes Gesicht dabei macht und sehr viele Gerätschaften mitgebracht hat, glaube ich ihm. Haare hat er übrigens schon lange keine mehr.

Insgeheim hoffe ich aber jeden Morgen, dass die Verbindung wieder heil ist. Mir ist egal, ob Heinzelmännchen, Außerirdische oder eine besonders günstige kosmische Strahlung über Nacht am Werk waren, ich will einfach, dass alles wieder funktioniert. Sehr sogar. Im Akzeptieren war ich noch nie gut. Wenn mein Auto, meine Waschmaschine oder mein Computer nicht funktionieren, nehme ich das sehr persönlich. Erst bin ich beleidigt, dann werde ich grantig und schließlich depressiv. Leider kann mein Therapeut keine Autos reparieren. Aber reden können wir drüber. Stundenlang. Das ist der Grund, warum Automechaniker weniger verdienen als Therapeuten.

Vielleicht liegt es einfach an meinen Einstellungen. Persönliche Betroffenheit deaktivieren. Depression1.2 deinstallieren. Sind Sie sicher, dass Sie alle Komponenten von Depression1.2 entfernen wollen? So ein Jammermodus mit Außenbestätigung hat was für sich, im Bett bleiben spart Heizung und ist umweltschonend. Abbrechen. Irgendwas läuft in meinem Leben ganz falsch, wenn mich ein technisches Problem so aus der Bahn wirft. Während ich mich vorher mit Hilfe des Internets vom Alltag ablenke, lenke ich mich jetzt vom Internet durch Alltag ab.

Die zündende Idee hat der Mann vom Kundenservice. Ich kenne ihn nicht. Trotzdem telefonieren wir etwa eine halbe Stunde. Am Ende möchte ich ihn gerne heiraten. Er sagt, er sei schon liiert. Mir wird langsam klar, woher meine Verbindungsprobleme kommen. Meinem Therapeuten auch. Am nächsten Tag ist alles geregelt, alles funktioniert, alles paletti. Es geht mir gut, danke der Nachfrage. Ich hatte schlicht und ergreifend zu viel Alltag. Dagegen hilft am Besten ein (technisches) Problem.

Erstaunlich, dass trotz Funkstille so viele hier vorbeigesurft sind, wohl in der Hoffnung auf neue Beiträge. Ihr bekommt alle einen Treuebonus. Wer hundert Punkte gesammelt hat, kriegt von mir gratis die Software Getalife2.0. Und ich hab Euch trotzdem lieb.

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Donnerstag, 18. Oktober 2007
What you get is what you see
Ein déjà-vu jagt das nächste. Die (Wieder-)Entdeckung der Langsamkeit. Elsa hieß das Modem, das Kilobite für Kilobite durch die Drähte schaufelte, und war grün, das aber nur am Rande. Als vor Kurzem das viel schnellere Modem seinen Geist aushauchte, fanden sich noch Reminiszenzen von Elsa in irgendwelchen Systemdateien. Wir trennten uns vor etwa zwei Jahren. Danach verbrachte sie einsame Nächte in den Tiefen des Einbauschrankes. Kürzlich fiel sie mir wieder in die Hände und ich setzte sie am Straßenrand aus. Jemand muss sie noch in derselben Nacht adoptiert haben, denn am nächsten Morgen war sie verschwunden. Elsa war langsam, dafür umso zuverlässiger. Nicht so wie die jungen Dinger ohne Durchhaltevermögen. Mein Neuer heißt Fritz und hat sein Pulver schon nach wenigen Tagen verschossen. Jetzt weigert er sich, Bilder und Metaphern durch den Äther zu leiten. Ganze Seiten lädt er nur noch mit viel Zureden und Bestätigung. Ein Ende der Rekonvaleszenz ist nicht in Sicht. Fritz ist schuld, wenn hier in geraumer Zeit nichts Neues erscheint. Alte Schnarchnase!
CHRRRRRRRrrrrrrrzzzzzzzzz...

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Mittwoch, 26. September 2007
In a sentimental mood
Ich habe einen Ring. Nein, ich hatte einen Ring. Jetzt hat ihn Ping, die kleine Chinesin auf dem Flug nach Shanghai. Sie war so fasziniert von dem Stein, der seine Farbe wechselte, dass ich ihn ihr zum Schluß in die Hand drückte. Mood-Ringe waren in den Siebzigern populär, also vor ihrer Zeit, und sie hatte noch nie davon gehört. Während er an meinem Finger vorwiegend blau oder grün war, wechselte er an ihrer Hand schnell nach gelb und violett.

Im Grunde trage ich fast nie Ringe. Sie fühlen sich wie Fremdkörper an, man bleibt ständig mit dem Stein irgendwo hängen und muss daran denken, ihn nach dem Händewaschen nicht liegenzulassen. Warum ich ihn ausgerechnet zum Arbeiten trug, weiß ich nicht mehr genau. Manchmal ist ein Gegenstand für eine Person bestimmt. Frauen wissen das. Frauen kennen das Gefühl, ein bestimmtes Paar Schuhe oder ein Kleidungsstück trüge ihren Namen. Bei Männern bin ich mir nicht ganz sicher. Gibt es Bohrmaschinen, die so gut in der Hand liegen, dass man sie einfach haben MUSS? Ich kenne Männer, die so gut in der Hand liegen... aber ich weiche ab.

Der Ring war für Ping bestimmt. Ich war nur Überbringer. In meinem Besitz war er etwa drei Wochen, bevor er seiner Bestimmung zugeführt wurde. Wie er zu mir kam, ist eine andere Geschichte. Vielleicht ist auch Ping nur Überbringerin, wer weiß. Auf jeden Fall hat sie jetzt eine Weile Spaß damit. Jeder Farbwechsel löste Staunen und kindliche Freude bei ihr aus. Keine Sekunde ließ sie den Stein aus den Augen. Hoffentlich schläft sie trotzdem nachts.

Ich wußte, sie wäre viel zu bescheiden, um dieses Geschenk anzunehmen. Also habe ich ihr den Ring einfach für einige Stunden angesteckt. Als sie ihn zurückgeben wollte, schüttelte ich den Kopf. Vielleicht werde ich sie wieder treffen. Dann kann sie mir ihre Stadt zeigen. Oder eine andere Person schenkt mir etwas, das ich gerne hätte. Nicht dass hinterher noch einer meint, ich sei altruistisch.

Das Leben ist ein einziger großer Automat ohne Beschriftung. Man steckt oben was rein, drückt einen Knopf und irgendwas kommt unten raus. Vorausgesetzt, er klemmt nicht. Sonst tritt man einmal ordentlich dagegen, flucht ein bisschen und probiert's nochmal. Oder lässt es bleiben. So einfach ist das. Nur manchmal, da kommt was unten raus, was man nicht so gerne hätte. Dann sollte man schleunigst den Automaten wechseln. Vielleicht ändert sich dann auch die Farbe.

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Dienstag, 25. September 2007
Nothing's gonna change my world
Hallo liebes Universum,

wir müssen mal miteinander reden. Mir ist natürlich klar, dass Du mit all den anderen Tandlern ziemlich beschäftigt bist, die ihr Leben verpfuschen und Dich hinterher anwinseln. Aber so langsam wäre ich auch mal wieder an der Reihe, meinst Du nicht? Du erinnerst Dich? Das letzte Mal war acht Jahre her, als Du mir einen Job zugeschoben hast. Und wir hatten uns geeinigt, dass das eine Übergangslösung sein sollte, wie überhaupt mein ganzes Leben irgendwie aus Übergangslösungen besteht. Ich will ja nicht klagen, weil einiges haben wir auch ganz gut hinbekommen. Gelegenheitssex ist manchmal ja ganz nett aber so ein bisschen Vertrautheit hat auch was für sich. Wenn wir schon nicht jünger werden, Du und ich, dann sollten wir die restliche Zeit miteinander vielleicht einfach besser nutzen.

Und da wären wir schon bei unserem Hauptproblem. Sicher ist es für Dich schwer, das mit dem Zeitkontinuum zu kapieren, ich verstehe ja auch nicht so viel von der Ewigkeit. Lass' es Dir einfach von mir nochmals erklären. Wenn ich 'dringend' sage, meine ich ziemlich schnell und nicht in den nächsten Jahren. Am Besten, Du erledigst das dann immer sofort, dann kann nichts schief gehen. Alle anderen Wünsche kannst Du entweder gleich bearbeiten oder aber wenn Du gerade Leerlauf hast, spätestens jedoch, wenn in der wiederholten Anfrage irgendwo das Wörtchen 'dringend' auftaucht.

Das ist aber nicht das einzige Kommunikationsproblem, das wir haben. Wenn ich Äpfel bestelle, will ich Äpfel und keine Apfelsinen. Zugegeben, meine Bestellungen sind nicht immer so eindeutig aber wenn ich sage 'Typ clooneygrau', heißt das nicht, dass ich dafür auf den Pittbauch verzichte. Wenn Du mir einen gutaussehenden Kerl lieferst, der aber leider kein Interesse an mir zeigt oder einen unterhaltsamen Zeitgenossen, der problemlos als Hermann-Munster-Double durchgeht, dann ist was gewaltig schiefgelaufen. Könntest Du Dir nicht einfach eine Datei anlegen, damit ich mich nicht in allen Details ständig wiederholen muss? Dieser Prototyp - ergänzt durch aktuell wechselnde Abweichungen - wäre dann jederzeit abruf- und sofort lieferbar. Ich hab' keine Ahnung, ob das technisch umsetzbar ist aber frag' doch mal bei Neckermann, wie die das so machen.

Bitte gib mir Bescheid, sobald das System für einen Testlauf bereit ist. Bis dahin wäre auch ein Kleiner (aber bitte eher Cruise als DeVito) mit Renobauch in Ordnung, quasi als Übergangslösung, weil es draußen jetzt wieder kälter wird und die Nächte länger, und weil ich an Silvester nicht immer die Einzige sein will, die keinen zum Knutschen hat. Meinetwegen darf der auch krumme Beine haben, wenn er dafür nicht lauter dummes Zeug redet oder den Mund erst gar nicht aufkriegt. Nur bitte beeil' Dich ein bisserl, ja?

Bis dahin,
Deine Frau Klugscheisser

P.S.: und vielleicht könntest Du noch einen für die Bügelwäsche vorbeischicken?

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Mittwoch, 29. August 2007
The bright lights of Denver


Amerika ist - mit Ausnahme von New York, aber diese Stadt ist sowieso die Mutter aller amerikanischen Ausnahmen - nicht zum Laufen konzipiert. Die Wege sind lang und das Fleisch schwach. Wenn Amerika eines im Überfluß hat, dann ist es Fläche. Besonders flach scheint mir die Gegend um den flächenmäßig größten Flughafen der Welt, Denver Airport, zu sein. Wer aus Niedersachsen kommt, fühlt sich hier sicher schnell heimisch. Alle anderen starren in den Horizont, um irgendwo eine Erhebung zu entdecken.
Den Indianern scheint es hier ebenfalls gut gefallen zu haben. Entlang der Terminalwände hängen Portraits von Indianerhäuptlingen der unterschiedlichen Stämme und aus den Lautsprechern im Flughafengebäude klingt indianische Hintergrundmusik. Vermutlich fliegen Indianer aber nicht mehr so gerne seit man Tomahawks bei der Sicherheitskontrolle abgeben muss. Gesehen habe ich jedenfalls keinen.

Damit wären wir auch schon bei einem wesentlichen Punkt angelangt. Das Wichtigste an Denver ist der Flughafen. Kein Schwein wüsste etwas über die Stadt, wäre sie nicht in den Achzigern durch die Serie Denver-Clan zu zweifelhaftem Ruhm gelangt. Eine ganze Teeniegeneration spaltete sich damals in Denver- oder Dallasfans. Denver war für mich Krystle und Blake Carrington, Alexis, Steven und Fallon, war fulminante Fönfrisuren und Wangenimplantate, monströse Schulterpolster und schluchtenartige V-Ausschnitte. In Denver waren die Guten blond und die Bösen dunkelhaarig. Denver war die Erfindung von Catfights, machte Spätgebären populär und Intrigen salonfähig. Mit meiner damaligen Freundin spielte ich imaginäre Folgen oder auch gesendete nach. Sie war blond und trug ihr Pony nach außen geföhnt, weswegen sie automatisch die integere Krystle war. Ich war die labile Claudia Blaisdel, hatte dafür aber den jüngeren, attraktiveren Kerl an meiner Seite (über die Liaison mit Steven möchte ich an dieser Stelle lieber schweigen). Manchmal frage ich mich, wieviel von damals mein späteres Leben prägte.

In genau dieser Zeit war ich das erste Mal in Denver und damit der Star bei meinen Klassenkameradinnen. Dabei hatte ich nicht sonderlich viel zu erzählen. Und auch zwanzig Jahre später hat sich nicht viel geändert. Denver ist fad. Vielleicht war das der Grund, warum 'Denver-Clan' nicht in Denver gedreht wurde. Nächstes Mal fliege ich lieber nach Dallas.

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