Freitag, 15. September 2006
Shake your money maker
Vorgestern habe ich darüber noch gehässig verständnisvoll geschmunzelt. Einen Tag später schon verging mir das Lachen gehörig. Wahrscheinlich ist der liebe Gott nur so schnell, weil sein Stellvertreter gerade in der Nähe war. Nein, der Papst ist nicht gemeint, vielmehr der aus der Sambahüftschwungabteilung.

Kennen Sie diese Bewegung, bei der man beide Schultern und alles, was sich dazwischen befindet, frenetisch hin und herschüttelt? Richtig, das tun vorwiegend leicht bekleidete und mit Federn verzierte brasilianische Schönheiten. Was bei denen mitschwingt, ist nicht größer als ein B-Körbchen, wobei ich mich auch in diesem Fall gelegentlich fragte, welche Superklebermasse die Straßsteinchen an Ort und Stelle hält. Möglicherweise besteht der Reiz der Shows gerade darin, da das Publikum gebannt auf den Augenblick wartet, in dem die Glitzerfassade bröckelt.

Nun trugen wir gestern weder Federn noch Glitzer zur Schau, sondern einzig unsere Körper zum Training. In der Umkleide hatte ich soeben noch meine üppigen 80D mittels Sportoberbekleidung auf 75B dezimiert, da wurde von uns eben jene oben beschriebene Bewegung auszuführen verlangt. Ich erstarrte im Kreise meiner drei Mitstreiter zur Säule. Yeah, shake it baby. Was bei einem Sambagott noch durchaus graziös anmutet, würde im Körper eines Walrosses zur noch billigeren Imitation als bierbäuchiges in rosa Tütüs bei Sportfesten zelebriertes Männerballett verkommen. Rechts von mir eine große mit A-Körbchen gesegnete Blonde, links von mir ein männlicher Mittänzer und eine, die ihre Schultern meist so weit nach vorne zieht, dass ich noch nie Gelegenheit hatte, ihre Oberweite auch nur ansatzweise zu schätzen. Und dann kommt der Spruch hey, this is fun!. Ja klar, Du mich auch. In meinem Kopf läuft eine Mischung an Bildern aus The Graduate (die Szene, in der die Gogotänzerin zwei auf ihren Brüsten befestigte Quasten gegenläufig rotieren lässt) und bei Stammestänzen gefilmter hängebusiger Afrikanerinnen. Nein, mir macht das keinen Spaß. Im Gegenteil, ich fühle mich kompromittiert. Halbherzig bewege ich meine Schultern zu vorgegebenen Schritten und hoffe, dass die Stunde bald zu Ende sein möge.


Nachts träume ich wirr von bunten Federn und schönen Körpern, die sich zu heissen Sambarhythmen bewegen. Als Zuschauer wirken die Bewegungen anregend. Um mitzumachen, muss ich vermutlich noch zehn Jahre älter werden, denn mit zunehmendem Alter verlieren sich Hemmungen - so jedenfalls meine bisherige Erfahrung. Und ich bin gespannt auf die nächste Aufführung von Espirito, die ich hoffentlich sehen darf. Da sind nämlich erblich belastete Profis beim Samba aus Leidenschaft zugange. [Für die Aufführung in der Allianzarena hatte ich keine Karte]


Bild: Lécio Leal mit Partnerin

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